Die Malerei in Abessinien .
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figur wie ein kleines Kind , das seinen Schmutz sammengeballt in der Hand trägt“ ( quauitl tlaxintli yuhquin piltontli tlatzatlauilli yinacca ytlamatzoval ) . Und das ist auch in der Abbildung zu sehen38 ) . Das Kind entspricht wiederum der jungen Sonne . Alter aber als die Auffassung der jungen Sonne als Kind ist die Idee des Kotes , der , vom Menschen oder Tiere kommend , die Sonnenwärme hervorbringt . Denn es ist von
38 ) Sahagun - Manuskript , Zeitschr . f . Ethnol . XXIII , 1891 , S . 132 und Abbild . 59 , S . 128 .
herein ausgeschlossen , daß man Göttern derartige ästhetische Zaubermittel andichten wollte , wenn sie nicht vorher — und zwar mit demselben Ziel — im Besitz der Menschen gewesen wären . Höchst auffallend ist auch , daß der Blitz , den der Regengott Tlaloc schleudert , nicht anders als der Kotstrom aussieht , der aus dem After des Sünders kommt 39 ) . Der Blitz ist also wohl auch das Ergebnis von Tlalocs Defäkation .
39 ) Codex Yaticanus Nr . 3773 , ed . Herzog von Loubat , S . 23 , 44 bis 46 , 48 . Ygl . Feuergötter S . 220 f .
Die Malerei in Abessinien .
Im Jahresbericht der Geographisch - Ethnographischen Gesellschaft in Zürich für 1903 / 04 hat Prof . Dr . C . Keller einen interessanten Aufsatz „ Uber Maler und Malerei in Abessinien“ veröffentlicht , der durch die beigegebenen Reproduktionen abessinischer Gemälde an Wert noch winnt . Es sei aus den Ausführungen des Herrn fassers hier einiges mitgeteilt und durch sechs seiner Abbildungen illustriert , deren Wiedergabe dem „ Globus“ freundlichst gestattet worden ist .
Die abessinische Malerei ist weder autochthon , noch selbst afrikanisch , sondern byzantinischer , christlicher Herkunft . Um die Mitte des 4 . Jahrhunderts hielt das griechische Christentum in Abessinien seinen Einzug , und mit ihm oder bald nach ihm wird auch die Kunst von Byzanz übernommen den sein . Und wie das abessinische Christentum , bald vom schen ten , in seiner wickelung stehen geblieben ist , so hat auch die nach Abessinien pflanzte Malerei im großen und ganzen ihren lichen Charakter , der ein chen christlicher ist , bewahrt , schon abessinische Eigenart — eine etwas elementare Phantasie — sich nicht ganz leugnet und eine profane Malerei von gewisser ginalität sich aus entwickelt hat .
Die schönsten Malereien ten die Kirchen .
Die beliebtesten Motive sind die
Madonna mit dem Kinde , ihre Überlegenheit über die Kunst des Teufels , ihre Wundertaten , die Erlebnisse von Heiligen ( Abb . 1 ) , Darstellungen des Paradieses und der Hölle . Eine große Rolle spielt der Teufel . Er wird schwarz , häßlich , mit Hörnern , Hufen und Schwanz , nicht selten die rote Zunge herausstreckend ( Abb . 6 ) , abgebildet . Bald fährt er mit einer armen Seele ah , bald quält er die Lebenden . Auf älteren Bildern ist , wenigstens bei Heiligenfiguren , die Gewandung und Gesichtsfarbe nicht äthiopisch . Die Jungfrau Maria erscheint stets im Kleide einer Könne ( Abb . 2 u . 6 ) , Christus im wand eines byzantinischen Großen . Die dargestellten
Kirchen sind zantinisch , nicht äthiopisch , in der nur sehr dürftig behandelten schaft sieht man ab und zu einige Zypressen . wöhnlich malt der Abessinier runde , lebenskräftige guren , aus denen blühende heit spricht . Bei Toten erscheint das Gesicht weilen auffallend lang und schmal .
Ein ger Zug ist , daß bei Heiligenfiguren und Abessiniern das Gesicht en face gemalt wird , ohne Rücksicht auf ihre Körperstellung . Im Profil stellt werden alle anderen Leute , so der Europäer , der Ägypter , der Jude und der Neger . Auch der Teufel ( Abb . 6 ) , der der und der Dieb . Gleichzeitig sind Kinn und Nase um so spitzer , je schlechter man sich den Charakter
Abb . i . Martyrium des heiligen Sebastian .
( Älteres abessinisches Kirchengemälde im Besitz des Ministers Hg . )
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