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Kepplinger, Von den neuen Kunstkammem
Abb. 9 Sammlung „Einsatzfahrzeuge“. Eine frühe Sammlung von Thomas Olbricht. Foto: K. K. 2011. Abb. 10
Doch auch abseits der ehrwürdigen Institutionen, deren Objekte historisch auf die
großen Namen der Kunstkammern wie jener in Ambras bzw. Berlin zurückgehen, ent
wickeln sich neue Kunstkammern.
Private Sammler sammeln wozu sie Lust haben. Manche haben dabei das Konzept
von Kunstkammem direkt vor Augen wie beispielsweise Thomas Olbricht, der in Ber
lin-Mitte seine mit Kunstkammerobjekten gefüllte „Wunderkammer“ präsentiert. Bei
anderen Sammlern ist die Nähe zur Kunstkammer durch die unterschiedlichen Interes-
Eingang zur Wun
derkammer im me
Collectors Room.
Durch die Glastür ist
bereits ein Narwalzahn
zu sehen - eines der
beliebtesten Objekte
in Kunst- und
Wunderkammem
der Spätrenaissance.
Foto: K. K. 2011.
sen und Sammlungsobjekte gegeben.
Zeitgenössische Kunstsammler finden Geschmack an ethnologischen Objekten.
Sammler ethnologischer Objekte setzen sich zunehmend mit Kunst außerhalb Europas
auseinander, die aber oft der kunsthistorischen Tradition Europas entspricht.
Der „me Collectors Room Berlin - Die Wunderkammer Olbricht“ ist öffentlich zu
gänglich. Ein Ausstellungshaus, in dem der Sammler temporäre Ausstellungen wie auch
seine Dauerausstellung, die „Wunderkammer“ zeigt. Die Kunstkammerobjekte gliedern
sich dabei immer wieder in seine temporären Ausstellungen ein, bzw. der Kunstkam
mergedanke spielt auch bei Ausstellungen mit zeitgenössischen Künstlern eine Rolle.
So wurde beispielsweise in der Ausstellung „Alles Kannibalen“ das Thema Kannibalis
mus aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet und Objekte unterschiedlichster Art -
von ethnologischen Objekten über historische Berichte bis hin zur Auseinandersetzung
zeitgenössischer Künstler mit diesem Thema - präsentiert.
Die Idee zur Wunderkammersammlung kam Thomas Olbricht, als er bei der TEFAF
in Maastricht 22 einen Stand sah, der wie eine Wunderkammer gestaltet war.
„Von da an ließ mich der Gedanke nicht mehr los, diese wunderbaren Arbeiten aus
der Vergangenheit zu sammeln und mit der Kunst von heute zu verknüpfen. [...] Man
könnte jetzt darüber philosophieren, warum das so ist, für mich auf jeden Fall ist es
wunderbar zu sehen, wie so ein altes ausgestopftes Tier auf ein Bild von heute schaut.
Es erstaunt mich, dass - egal ob es ein abstraktes oder ein figuratives Bild ist - dieses
Szenarium immer wieder zusammenpasst. Und diese Spannung treibt mich immer
wieder von Neuem zum Sammeln an.“ (Pernegger 2010; 14)
Kuratiert wurde die Wunderkammer im me Collectors Room von Georg Laue. Auch er
ist fasziniert vom Thema „Kunst- und Wunderkammer“. Seit 1997 betreibt er in Mün
chen seine Wunderkammergalerie. 23
22 Die TEFAF ist eine inter
nationale Kunst- und
Antiquitätenmesse, die
seit 1975 jährlich in den
Niederlanden veranstaltet
wird (vgl. Macaux 2012
od. Striramer 2012).
23 Kunstkammer von
Georg Laue: http://www.
kunstkammer.com/de_
seiten/framestart.html
[6. September 2011].