Etta Becker-Donner
Die Wirkung der Zivilisation auf einige Indianerstämme
an den Zuflüssen des Guapore
Im südlichen Teil des Territorio Guapore (oder Rondonia) schiebt sich von Osten
her die Serra dos Parecis mit ihren Ausläufern, der Serra dos Pacaas Novos, bis hart
an den Mamoré-Madeira. Eine Reihe von Stromschnellen macht die Strecke Porto
Velho—Guayara Mirim unpassierbar und veranlaßte die Brasilianer, die kleine
Stromschnellenbahn Madeira—Mamoré zu bauen.
Die Bahn passiert die kleine Indianerschutzdienst-Station Ribeiräo mit kaum mehr
als einem Dutzend indianischer Bewohner (1956). In den zur Station gehörenden
Außensiedlungen lebte etwa noch ein weiteres Dutzend. Es waren Angehörige der
Macurape, Massaka (Huari), Koaratira, Salamay und Wayoro — alle von Zuflüssen
des mittleren Guapore, vom Rio Branco, Mequens und Corumbiara. — Von den
einstmals an den Stromschnellen des Madeira ansäßigen Caripuna war kein einziger
mehr zu finden. Aus eben dieser Gegend besitzt das Museum für Völkerkunde, Wien,
eine 40 Objekte umfassende Caripuna-Sammlung von J. Natterer, die etwa um das
Jahr 1825 dort gesammelt wurde. Natterer spricht von zwei Stämmen, den Schacáres
oder Jacáres (vielleicht von Jacaré = Kaiman) und den Sannávo, die „dieselbe
Sprache reden und von den Brasilianern als Caripuna bezeichnet werden“. Von den
„Arara“ vom Jacy Parana soll es noch geringe Reste geben. Eine mit einem Manne
aufgenommene kurze Wörterliste ergab einen reinen Tupi-Dialekt.
Übrig sind heute, etwas nördlich vom Ribeiräo an beginnend, die noch „wilden“,
einen Teil des Jahres umherschweifenden Pacaas-Novos-Indianer. Sie sind in den
Wäldern an den Quellbächen der Flüsse bis zum Rio Soterio oder Rio Negro zu finden
und gehören der Chapacura-Gruppe an. Nur eine einzige kleine Gruppe nahe der
Mündung des Ouro Preto in den Pacaas Novos war im Begriffe, mit den „Zivilisier
ten“ Frieden zu schließen, und kam zu einer kurz zuvor errichteten Hütte des India
nerschutzdienstes, um sich Geschenke abzuholen.
Die noch von Snethlage erwähnten Matauá und Kumaná (ebenfalls Chapacura)
im Gebiet des unteren Rio Cautario sind heute vollkommen verschwunden. Am boli
vianischen Ufer hat Señor Luis D. Leigue Castedo am Puerto Moré und Monte Azul
die Reste der Moré und Itoreauhip gesammelt (Snethlage, 1935, spricht von minde
stens 5000 Menschen). Heute sind es etwa 160, doch schienen sie nunmehr wieder im
Zunehmen begriffen.
Die auf brasilianischem Ufer gelegene Indianerschutzdienst-Station Ricardo Franco
ist auf einem unfruchtbaren, offenbar wenig glücklich gewählten Gebiet angelegt und
schien bei meinem zweiten Besuch 1956 (gegenüber dem Jahr 1954) sehr herunter
gekommen. Ich fand dazumal nur mehr einige Canoeé, wenige Massaka (Huari) und
Macurape sowie einen Capishana.