Lorenz G. Löffler
Bodenbedarf und Ertragsfaktor im Brandrodungsbau
Den Ausgangspunkt meiner Untersuchungen, von denen hier einige Ergebnisse
dargelegt seien, bildet das Material meiner Feldstudien bei den Mru der Chittagong
Hill Tracts, Ostpakistan; Herrn Dr. Kauffmann, dem Leiter der Expedition, gebührt
das Verdienst, mich auf diese Probleme hingewiesen zu haben. Von besonderer Hilfe
war mir beim Zusammenstellen der entsprechenden Daten die Arbeit von J. D. Free
man: Iban Agriculture (London 1955). Inzwischen sind eine ganze Reihe neuer
Publikationen zum Thema des Schwendbaus erschienen, die sich bemühen, wie einer
der Autoren, Harold C. Conklin, sagt, ”to ascertain what are real facts about shif
ting cultivation“. Conklin veröffentlichte 1957 eine Arbeit über Hanunoo Agricul
ture; doch obwohl er mit gründlicher Kenntnis der einschlägigen Literatur zu Werke
ging, so bleiben seine Daten wiederum lückenhaft und halten in einigen Punkten
einer exakten Überprüfung nicht stand. Ich habe mich deshalb bemüht, Formeln zu
abstrahieren, die uns eine mathematische Kontrolle der Ergebnisse erlauben, Ver
gleiche und Ausblicke erleichtern. Der Versuch, mit Hilfe mathematischer Formeln die
Probleme des Schwendbaus anzugehen, ist nicht neu; ich erinnere dabei an den inter
nationalen Ethnologenkongreß in Philadelphia, auf dem Robert Carneiro in seinem
Vortrag über Slash-and-Burn-Agriculture Formeln entwickelte, mit denen er an
Hand südamerikanischer Daten die mögliche Siedlungspermanenz feststellte. Mein
Anliegen nun ist es, die gegenseitige Abhängigkeit von Bodenbedarf und Ertrags
faktor zu untersuchen. Außer den genannten Werken von Freeman und Conklin habe
ich dabei zu Vergleichszwecken herangezogen das Buch von Karl G. Izikowitz: Lamet
(Göteborg 1951), mit dem u. a. der Terminus ’’swidden farming“ für den Schwendbau
in die englischsprachige Literatur eingeführt wurde. Damit ist der Rahmen Umrissen,
in den ich meine Untersuchungen gestellt habe: Trockenreisanbau in Südostasien bei
den Mru (Chittagong Hill Tracts), den Lamet (Oberlaos), den Iban (Sarawak) und
den Hanunöo (Südost-Mindoro).
Stellen wir zunächst die ganz simple Frage: Wieviel Land muß ein Mann schwen
den, um seinen Lebensunterhalt zu sichern? Die wenigsten älteren Werke über Brand
rodungsbau geben darauf eine Antwort, und so stehen wir schon vor der nächsten
Frage: Welche Daten hat der Feldforscher, um den Bodenbedarf festzustellen? Nach
dem ich mir für die Mru dieses Problem vorgelegt hatte, begann ich damit, Reis
körner zu zählen. Folgende Überlegung wird das verständlich machen: Jedermann
bestellt eine solche Feldfläche, von der er annehmen kann, daß sie ihm einen genügen
den Ertrag liefert, um seinen Nahrungsbedarf für das kommende Jahr zu decken.
Die Größe dieser Feldfläche weiß er in Hektar oder ähnlichen Flächenmaßen freilich
nicht anzugeben, wohl aber weiß er, wieviel Saatgut er säen muß, um mit der nötigen
Ernte rechnen zu können. Da die Saat in einer bestimmten Dichte ausgesät wird, muß
sich feststellen lassen, welche Feldfläche einer bestimmten Quantität Saatgut entspricht.