Walter Hirschberg
Die Künstlerstraße in Foumban (Kamerun)
Die unter König Njoya (1895—1923) in den Palastwerkstätten arbeitenden
Kunsthandwerker wurden nach dem Bruch zwischen König Njoya und der französi
schen Verwaltung im Jahre 1922 zum Großteil auf einen benachbarten Hügel (Quar
tier FoYouom) übersiedelt, wo dann von den Franzosen in der sogenannten Künstler
straße ein eigener Werkstätten- und Ausstellungsbetrieb ins Leben gerufen wurde.
Bei diesem Unternehmen spielte Mose Jejab, der Dolmetscher der französischen Regie
rung bei König Njoya, eine große Rolle. Einige der Handwerker blieben jedoch wei
terhin im Palast, wo auch heute noch ein Stab von Palasthandwerkern im Dienste
des Sultans steht. Der Sultan erweist sich als Mäzen und Protektor der Künstler. Sie
werden aber nicht vom Sultan bezahlt und haben das Recht — im Gegensatz zu frü
her —, ihre Erzeugnisse frei zu verkaufen. Trotzdem aber arbeiten sie in erster Linie
für den Sultan. Es besteht ein gewisser Wettstreit zwischen den Kunsthandwerkern
in der Künstlerstraße und denen im Sultanspalast. Der Sultan achtet sehr darauf, daß
in seinen Werkstätten nur gute Arbeit geleistet wird, während man in der Künstler
straße, wie mir Prinz Mama gelegentlich meiner Studienreise im Sommer 1959 ver
sicherte, alles mache, was eben — hauptsächlich von den Touristen — verlangt werde.
Heute nehmen die Künstler oder besser noch die Kunsthandwerker keine beson
dere Stellung im Sozialgefüge ein. Früher wurden sie vom König in den Palast
berufen und arbeiteten dort im Sinne einer ausgesprochenen „Hofkunst“, wie sie
unter König Njoya noch lebendig war. Aber schon damals machten sich in den letzten
Regierungsjahren Njoyas Verfallserscheinungen bemerkbar, die sich in zunehmendem
Maße im Sinne einer Andenken- und Fremdenindustrie auszuweiten begannen. Daß
aber das Kunstgewerbe des Bamumlandes vor dem gänzlichen Verfall bewahrt wurde,
ja, daß sich im Gegenteil da und dort Ansätze einer neuen Entwicklung zeigen, ist
ohne Zweifel ein Verdienst des I. F. A. N. (Institut Français d’Afrique Noire).
Abgesehen von der „Künstlerstraßc“ ist dieser wissenschaftlichen Institution u. a.
auch die Gründung eines „Bamum-Museums“ zu verdanken, dessen Grundstock die
wertvolle Sammlung des verstorbenen Dolmetschers Mose Jejab bildet, der sich auch
mit Fragen der Eingeborenenkunst beschäftigt hatte. Seine jetzige Form erhielt das
Museum im Jahre 1955. In dem dem Andenken Mose Jejabs gewidmeten großen
Ausstellungsraum des Museums finden wir sehr bemerkenswerte Masken, Flachreliefs
aus Holz mit Darstellungen aus der Bamumgeschichte sowie hervorragend geschnitzte
alte Häuptlingsstühle, eine schöne Sammlung von tönernen Häuptlingspfeifen und
Tonfiguren sowie von eisernen Glocken und Doppelglocken, Zeremonialmusikinstru-
menten, die von Notabein geschlagen werden. Hinzu kommen noch prächtig ge
schnitzte Türpfosten mit Kupfereinlagen. Kurzum, man sieht in diesem Saal die
schönsten Stücke alter Bamum-Kunst versammelt. Weitere Säle sind dem Kriegerstand,
der Welt der Notabein, dem Tanz und der Küche gewidmet.