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Barbara Frank
ausgeprägteren der Handwerkerkasten in Nordostafrika, da deren Angehörige auch
Vertreter einer älteren, unterdrückten Bevölkerung sind 48 ). Am deutlichsten ist die
Parallele im Verhältnis zwischen Ron und Kulere, denen die ersteren fast wie
jenen Kasten ein Odium der „Unreinheit“ angeheftet haben. Ein großer Unter
schied besteht jedoch darin, daß sich in unserem Raum solche Wertungen im zwischen-
stammlichen Verhältnis äußern, während die geringere Einschätzung der Daress nicht
zu Heiratsbeschränkungen und einer kastenmäßigen Absonderung geführt hat.
Vielleicht hängt es mit der gemischten Abkunft der Ron und den Wanderungen
eines Teils ihrer Vorfahren zusammen, daß sie nicht nur hinsichtlich des Handels
viele Beziehungen zu anderen Völkern pflegten. Im Gegensatz zur Stammesendo-
gamie z. B. der Mama und Kulere, waren bei den Ron Zwischenheiraten mit den
meisten Nachbarstämmen erlaubt und darüber hinaus mit anderen Gruppen, denen
sie sich durch ihre östliche Herkunft verbunden fühlen, wie den Angas, Fyam
und selbst Leuten aus Bornu, seit die moderne Zeit Kontakte mit diesen gebracht
hat. Allerdings war man sich der Gefahr solcher Heiratsbeziehungen in der Zeit der
Stammesfehden wohl bewußt, da selbst eine Frau aus einer anderen Ron-Gemeinde
eine potentielle Spionin war. Eine ebenso offene Einstellung haben die Ron zu den
seit Beginn der Kolonialzeit eingewanderten Hausa und Fulani; auch sie heiraten
nicht selten Ron-Frauen. Anders als zu den Völkern des Ostens und Nordens stellten
die Mapun sich zu denen, die sie bei ihrer Wanderung im Westen und Süden antrafen.
Daß sie diesen Raum als fremd empfanden, zeigt sich in ihrer Bezeichnung für den
Süden, gpan, „das Unbekannte“. Dennoch verankerte sich das kulturelle Erbe seiner
Bevölkerung fest bei ihnen.
Summary
The Ron or Challa inhabit the southwestern part of the High Plateau of central Nigeria
(Pankshin Division). Their main occupation is farming and the surplus from their agricultural
production used to be their source of getting goods in exchange and nowadays of earning
money. The introduction of money, foundation of markets and settling of strangers, mainly
Hausa and Fulani, have led to many changes in their economic life and social and religious
institutions. Modern trade, although bringing wealth to a few, has an unfavourable effect on
the nutrition of the population, as the need for money leads to the sale of valuable food,
which was before consumed by the people themselves. In precolonial times the exchange of
goods took place between members of the tribe or neighbouring tribes, whereas now the Ron
are provided with many goods produced in other parts of Nigeria or imported by immigrants
to the Plateau, mainly Hausa, of whom a considerable number has settled in some central
places of the Ron Districts. Such goods have reduced the importance of local crafts. Never
theless many products of local craftsmanship have retained their importance because nothing
or nothing of equal quality and equally low price Is offered in the markets to displace it.
The Ron were traditionally divided in several politically independent units each numbering
a few thousand which in precolonial times were now and then engaged in feuds against one
another as well as against other tribes. There was intermarriage between the different units of
the tribe and with most of the neighbouring tribes.
In small independent communities surrounded by potentially hostile neighbours one would
expect autonomy in food production as well as in the production of tools and house-hold
48 ) s. z. B. Jensen 1959, 16.