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Ethnologie und Soziologie
Grundsätzliches zu drei Veröffentlichungen W. E. Mühlmanns
Von Werner Müller
Inhalt
1. Der kategoriale Irrtum
2. Die historische Flachheit
3. Der methodische Nonsens
Im Oktober 1961 hat Wilhelm Emil Mühlmann, Professor für Ethno
logie und Soziologie in Heidelberg, auf der Tagung der Deutschen Gesellschaft
für Völkerkunde in Freiburg/Breisgau einen Vortrag gehalten, der später unter
dem Titel „Bewegung, Kulturwandel, Geschichte“ gedruckt erschien h Im
selben Jahre veröffentlichte er ein Buch „Chiliasmus und Nativismus. Stu
dien zur Psychologie, Soziologie und historischen Kasuistik der Umsturzbe
wegungen“ 1 2 , und ein Jahr darauf ließ er eine Sammlung seiner Aufsätze hinaus
gehen, durchgreifend bearbeitet, unter der Aufschrift „Homo Creator. Abhand
lungen zur Soziologie, Anthropologie und Ethnologie“ 3 .
In diesen drei Veröffentlichungen tritt die wissenschaftliche Richtung
Mühlmanns deutlicher hervor als jemals. Sie dürfen darüber hinaus als Modell
arbeiten gelten, denen die augenblicklich laufende Bewunderungsphase für
Soziologisches Auftrieb sichert. Die Lebensnähe seiner Forschungen wird her
vorgehoben, seine aktuellen Einsichten, sein wirkliches Verständnis der Afro-
Asiaten, die Unersetzbarkeit seiner Schule, die von ihm geleistete kategoriale
Erschließung völkerkundlicher Stoffe 4 . Demgegenüber bescheinigt man der
herkömmlichen Ethnologie eine gewisse Antiquiertheit 5 6 . Hinreichende Gründe,
1 Zeitschrift für Ethnologie 87 (1962), 163-190.
2 Mit Beiträgen von Alfons M. Dauer, Willi J. Knoob, Wolfgang H. Findig
u. a. Berlin 1961, 472 pp. (Studien zur Soziologie der Revolution, Bd. 1.)
3 Wiesbaden 1962, 481 pp.
4 So Hans Paul Bahrdt mit etwas abgewandelten Formulierungen in einer
Zuschrift an „Die Zeit“ Nr. 50 vom 13. Dezember 1963.
6 Andreas Lommel : Ist die Völkerkunde antiquiert ? Süddeutsche Zeitung
Nr. 262 vom 2/3. November 1963. Unter dem gleichen Titel antwortete Hermann Bau-
Mann ebendort am 22. November 1963.
Anthropos 59.1964
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