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Universitätsbibliothek
Sechzig Jahre Anthropos
Von Arnold Burgmann
Sechzig Jahre Bestehen einer Zeitschrift rechtfertigen an sich nicht einen
eigenen Gedenkartikel, zumal zehn Jahre vorher bereits an gleicher Stelle 1
eine Rückschau auf „Fünfzig Jahre Anthropos“ dargeboten wurde. Doch geht
es diesmal nicht so sehr um einen Rückblick und eine ergänzende Leistungs
schau, sondern eher um die Zukunft der Zeitschrift.
Kritische Stimmen fordern nämlich eine Neuorientierung unter Hinweis
auf die Erfordernisse der Zeit und die Aufgaben, die sie einer missionierenden
Gemeinschaft stelle, der das Anthropos-Institut mit seiner Zeitschrift an
gehört. Für eine solche Gemeinschaft müsse Ethnologie eine Art Missiologie
sein, eine „angewandte“ Völkerkunde im Dienste missionarischer Interessen,
wobei sich als Schwerpunkte der Anthropos-Arbeit Religionswissenschaft und
Soziologie ergäben. Andere fügen hinzu, daß W. Schmidt bei der Gründung
des Anthropos nichts anderes gewollt habe. Die Gründungsidee und auch die
Geschichte des Anthropos zeige in aller Deutlichkeit, daß die (theologische)
Korrelation von Verbum (Societas Verbi Divini) und Homo (avOpfOTro?) bei der
Gründung des Anthropos ursprünglich maßgebend gewesen sei 2 .
Diese letzte Feststellung muß jeden überraschen, der den Anthropos und
seinen Gründer auch nur oberflächlich kennt. Gerade die Rückbesinnung auf
die Anfänge und auf die Entwicklung des Anthropos während seiner sechzig
jährigen Lebenszeit wird dazu verhelfen, die rechte Antwort auf die oben
genannten Bedenken zu geben und die zeitgemäße Ausrichtung der Zeitschrift
festzulegen. Ein Blick auf den Inhalt der letzten zehn Jahre wird zeigen, daß
sie der Idee ihres Gründers treu geblieben ist und gerade dadurch der Lösung
der Gegenwartsfragen dient.
I.
Als W. Schmidt im Jahre 1906 den Anthropos ins Leben rief, wollte er
kein theologisches Organ, sondern - wie das Titelblatt es in sechs Sprachen
1 R. Rahmann, Fünfzig Jahre „Anthropos . Anthropos 51. 1956, pp. 1-18.
2 Die Gedanken zu einer Neuorientierung des Anthropos wurden in einem internen
Publikationsorgan der SVD vorgelegt, das den Charakter eines Manuskriptes trägt.
Anthropos 61. 1966
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