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Full Text: Tribus, 35.1986,N.F.

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Buchbesprechungen Afrika 
Eigenheiten zu erfassen und ihren Stellenwert im Sozial 
system der Ethnien, bei denen die Institution anzutreffen 
ist, herauszuarbeiten. 
Ein interethnischer Vergleich am Ende der Arbeit, in 
dem die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Gynae- 
gamie bei den verschiedenen Ethnien zusammenfassend 
aufgezeigt werden, läßt zudem eine Einteilung der 
Gynaegamie in eine levirale Form (die Frau heiratet und 
zahlt den Brautpreis im Namen eines männlichen Ver 
wandten) und eine autonome Form (die Frau heiratet 
und zahlt den Brautpreis im eigenen Namen) gerechtfer 
tigt erscheinen. 
Das letzte Wort über die Gynaegamie ist damit noch 
nicht gesprochen. Vielmehr fordert die vorliegende Ar 
beit weitere Untersuchungen zum Thema geradezu her 
aus. Dem Forscher vor Ort, der in diesem Fall gefragt ist, 
wird Tietmeyers Abhandlung sicherlich von Nutzen sein, 
nicht zuletzt durch die Liste offener Fragen, die in jedem 
Kapitel angeführt sind, und die im Anhang wiedergege 
bene Übersicht über die Primär- (mit Aufenthaltsanga 
ben) und Sekundärliteratur, die zur Gynaegamie bei den 
einzelnen Ethnien bisher zur Verfügung steht. 
Iris Hahner-Herzog 
Thiel, F. J., Agthe, Johanna, 
Strauss, Karin,; Wembah-Raschid, 
J. und Olouch, Joseph H.: 
Ehe die Gewehre kamen. Traditionelle Waf 
fen in Afrika. Frankfurt a.M.: Museum für 
Völkerkunde, 1985 (Roter Faden zur Aus 
stellung, Nr. 8), 312 Seiten und zahlreiche 
Abbildungen und Zeichnungen. 
Agthe, Johanna und Strauss, Karin: 
Waffen aus Zentral-Afrika. Frankfurt a.M.: 
Museum für Völkerkunde, 1985 (Afrika 
Sammlung, Nr. 2), 388 Seiten mit zahlrei 
chen Schwarzweiß-Abbildungen und Zeich 
nungen. 
In den letzten Jahren scheint das Interesse an traditionel 
len afrikanischen Eisengegenständen (wie Werkzeuge, 
Musikinstrumente und zumal Waffen) ständig zu wach 
sen. In den USA und Europa wurden zu diesem Thema 
schon mehrere Ausstellungen organisiert. Ohne Zweifel 
verdienen diese Eisenprodukte, sehr oft erstaunliche Lei 
stungen der »primitiven« afrikanischen Schmiede, diese 
erneute Aufmerksamkeit völlig. 
Die zwei neuen Veröffentlichungen des Frankfurter Mu 
seums für Völkerkunde unterstreichen das nochmals in 
überzeugender Weise. 1985 wurde eine Ausstellung über 
die zentralafrikanischen Waffen des Museums eingerich 
tet. Der erste Band, Ehe die Gewehre kamen, mit einem 
Vorwort von Dr. J. F. Thiel, ist ein sehr lesenswertes 
Buch mit drei Kapiteln über die traditionelle Rolle der 
Waffen (bei der Jagd, im Kampf und im Sozialleben) bei 
einigen Völkern: den Kanem-Bornu und Baghirmi in der 
Nähe des Tschad-Sees, den Azande und den Maasai. 
(Ein kurzes viertes Kapitel, von Joseph H. Oluoch, Arzt 
in Nairobi, beschreibt die Behandlung von Kampfwun 
den bei den Samburu in Kenia. Er zeigt hier unter 
anderem, wie wichtig die Kenntnisse über Kräuter und 
Pflanzen sind.) Ohne daß es sich in den drei ersten 
Kapiteln um primär wissenschaftliche Beiträge handelt, 
die unsere Kenntnisse über oder unseren Begriff von der 
Rolle der Waffen bedeutend vermehren, kann man diese 
Essays lesen als sehr interessante und einleuchtende Ver 
suche, um die Waffen nicht nur als ästhetisch oft sehr 
befriedigende Artefakte, sondern auch als wichtige, im 
sozial-kulturellen Leben der Völker unentbehrliche 
Hilfsmittel zur Existenzsicherung (kriegerisch und wirt 
schaftlich) zu sehen. Das wird zumal deutlich in Johanna 
Agthes Kapitel über die Waffen der Azande (»Für Jagd 
und Heirat: die Waffen der Azande«, pp. 133-237). Bei 
den Azande z. B. wurde der Brautpreis jeweils in Spee- 
ren bezahlt, und man konnte sie auch als Kompensation 
für Vergehen benutzen. Karin Strauß, in ihrem Beitrag 
über »Waffen in Kanem-Bornu und Baghirmi« (pp. 
39-131), hat sich mehr darauf beschränkt, gegen den 
historischen Hintergrund, die Anwendung der Waffen in 
Krieg, bei Verteidigung und bei der Sklavenjagd zu 
beschreiben. Beide Kapitel sind ausgezeichnet in der 
Beschreibung der Waffen, und außerdem sind beide 
reichlich mit Fotos und Illustrationen versehen. Allein 
schon auf Grund dieser hervorragenden Auswahl des 
Bildmaterials wäre dieses Werk sehr wertvoll. Beide 
Autoren zeigen aber auch auf gute Weise, wenn auch 
ziemlich fragmentarisch, wie die Waffen in Kanem-Bor 
nu und Baghirmi (beide entwickelte, vom Sklavenjagd 
und -verkauf abhängige Reiche) und bei den Azande (ein 
Königreich, das viele Randvölker eroberte und teilweise 
aufnahm) innerhalb der Gesellschaft gebraucht wurden. 
Agthe beschreibt dabei auch noch die Waffen der Mang- 
betu, Mamvu, Boa und Aka, im Regenwalde lebende 
Völker in der Nähe der Azande. 
Nützlich und teilweise sich stützend auf neue Daten ist 
das Kapitel von J. Wembah-Rashid vom Nationalen Mu 
seum Tansania über die Maasai. Der Autor gibt (nach 
einer Einleitung über Identität, Gesellschaft und natürli 
che Umgebung) eine der ersten, wenn auch ziemlich 
kurzen, mehr systematischen Übersichte der Maasai- 
Waffen (Speere, Schilder, Keule, Pfeile und Bogen, 
Messer). 
Das zweite Buch, Waffen aus Zentral-Afrika, ist der 
begleitende Katalog der Ausstellung und zeigt haupt 
sächlich die mehr als 300 Objekte in guten Schwarzweiß- 
Fotos und Zeichnungen (insgesamt besitzt das Museum 
etwa 1000 dieser Objekte). Dabei werden auch der Name 
der Ethnie und die Abmessung der Waffen angegeben, 
während später (p. 274f.) eine mehr ausführliche Be 
schreibung, Herkunftsangabe und Literaturhinweise zu 
finden sind. 
Als Übersichtskatalog und daher als Quelle ist es ohne 
Zweifel ein ausgezeichnetes Werk. Am Beginn dieses 
Teils wird eine Typologie der Jagd- und Kriegswaffen 
und der Verteidigungsmittel gegeben, welche dann nach 
her in der Einführung von Johanna Agthe und Karin 
Strauß (pp. 15-38) ausgearbeitet wird. Hier wird eine 
elementare aber detaillierte Beschreibung der verschie 
denen Waffentypen und der technischen Aspekte von 
Anfertigung und Gebrauch präsentiert. 
Veröffentlichungen wie diese bringen natürlich immer 
auf peinliche Weise in Erinnerung, daß es keine Möglich-
	        
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