197
Buchbesprechungen Süd-/Südostasien
te, kleine Schwarzweiß-Photographien vorangestellt
sind. Bei diesen Photographien handelt es sich meist um
alte Photodokumente, welche vergleichbare Objekte in
situ zeigen, oder um Photographien anderer Ethnogra-
phica aus Beständen des Barbier-Müller Museums, die
jedoch nicht ausgestellt sind.
Hinter dieser Konzeption des Layouts und der Bearbei
tung der Objekte steht offensichtlich ein sehr eingeeng
ter, selektiver Kunstbegriff, der auf westlich-moderner
Ästhetik basiert, der jedoch den ethnologisch relevan
ten, alt-indonesischen Ethnien völlig fremd ist.
Die Skulpturen werden mehr oder weniger aus ihrem
kulturellen Bezugsfeld herausgelöst, sie sind nicht mehr
Repräsentanten ihrer Kultur, sondern gewinnen in ihrer
Vereinzelung und dank ausgefeilter Beleuchtungstechnik
eine Eigendynamik, die zwar bestimmt dem Auge des
westlichen Betrachters entspricht, nicht jedoch der kul
turgeschichtlichen Bedeutung der Objekte.
Daß der Umfang für die einführenden Texte zudem allzu
knapp bemessen ist, wird deutlich am Kapitel über die
Batak, um nur ein Beispiel zu nennen. Hier werden
nämlich nur die Steinskulpturen nicht jedoch auch die
Holzskulpturen angesprochen. Es hätte bereits hier deut
lich hervorgehoben werden müssen, daß die Batak keine
Ahnenfiguren im eigentlichen Sinne hergestellt haben,
abgesehen von den debata idup, dem Gründerpaar eines
neuen Sub-Klans.
Und bei einer intensiveren Darstellung der traditionel
len, religiösen Vorstellungen wäre vielleicht die nicht
korrekte Trennung von Ahnen und Ahnengeistern
(S. 46) aufgefallen. Von den Batak wurde zwischen bei
den kein Unterschied gemacht, denn im Moment des
Todes wurde jeder Batak zum Ahnengeist (begu).
Die äußere Form der zweisaitigen Laute hasapi (S. 58)
ist übrigens keineswegs bei allen Batak-Stämmen diesel
be gewesen; sie differieren sowohl in Größe als auch in
der Gestaltung des Resonanzkörpers.
Wie schwierig es ist, Batak-Objekte auf Grund von Stile
lementen einem bestimmten Batak-Stamm oder sogar
noch enger einer Untergruppe zuzuschreiben, belegen
einige Objektbeschreibungen recht eindringlich. Denn
während bei der Karo-Batak-Maske (S. 51) das vorge
wölbte Kinn und die gerundete Schädelform als »specifi-
cally Karo« bezeichnet wird, gilt dies bei der Zuschrei
bung der stehenden, weiblichen Figur (S. 69) nicht; sie
wird einer Toba- oder Pakpak-Untergruppe zugeschrie
ben. Bei dem Zauberstab der Karo (S. 65) sind diese
Stilelemente erst gar nicht vertreten, im Gegenteil: gera
dezu widersprüchliche Gesichtszüge werden hier als »pu-
rely Karo style« bezeichnet. Vergleicht man nun diesen
Gesichtstyp mit dem der Figur an der Toba-Laute
(S. 59), so wird das ganze nur noch unübersichtlicher.
Auf Seite 66 wird das Fehlen dekorativer Elemente als
untypisch für die Toba-Kunst bezeichnet; die debata idup
(s.o.) auf S. 68, die keinerlei Dekor aufweisen, werden
dagegen als Beispiele von »purest Toba style« angeführt.
Spätestens hier rächt sich m.E. der Verzicht auf eine
detaillierte Einleitung, in der die verschiedenen hier
verwendeten Begriffe wie »regional style«, »local style«,
»specifically, purely Karo style«, »purest Toba style«,
»archaic style«, »Hindu-Javanese influenced style« und
»spare Karo style« klar definiert gehört hätten.
Vermißt hat in diesem Zusammenhang der Rezensent
auch einen Hinweis auf die so typischen Körperpropor
tionen, die die Skulpturen der Batak von denen der
anderen Alt-Indonesier unterscheiden.
Die Schwierigkeit, anhand von Quellen und Sekündärli-
teratur die Herkunft indonesischer Ethnographica exakt
zu lokalisieren, liegt selbstverständlich auf der Hand.
Selbst der Autor erwähnt diese Probleme an zwei Stellen
(S. 22, 79). Aber gerade weil hier ein so großes Defizit
an gesicherten Informationen existiert, ist es m. E. unum
gänglich, die stilistischen Zuschreibungskriterien deut
lich zu charakterisieren, so daß sie nachvollziehbar, kon
trollierbar werden. Die Chance hierzu wurde leider nicht
genutzt.
Dem an altindonesischem Kunstschaffen interessierten
Leser bzw. Betrachter bietet jedoch diese Publikation
mit ihren hervorragenden Bildtafeln einen echten, opti
schen Genuß, denn neben der Abbildungsqualität ist es
vor allem die künstlerische und ethnographische Qualität
der Objekte im Besitz des Barbier-Müller Museums, die
uneingeschränkte Anerkennung verdient. Da zudem un
gefähr ein Drittel der Objekte hier erstmalig publiziert
wird, erfährt der Katalog von 1981/1982 eine gute Ergän
zung.
Achim Sibeth
Casey, Jane Anne (ed):
Medieval Sculpture from Eastern India. Se-
lections from the Nalin Collection. Living-
ston, New Jersey: Nalini International Publi-
cations, 1985. 110 p., 29 Farbtafeln, 41
Schwarzweiß-Ulustrationen, 2 Karten, Figu
ren im Text, Bibliography, Index. Mit einem
Vorwort von John M. Rosenfield. 4°.
Wir begrüßen die Veröffentlichung dieses Kataloges, der
sicherlich vom kleinen Kreis der Wissenschaftler, bzw.
vom größeren der Kunstliebhaber, dankbar aufgenom
men werden wird. Es werden bisher unpublizierte Kunst
werke, Skulpturen und Bronzen, vorgestellt, die teils von
hohem künstlerischem Niveau sind und teils ikonogra-
phische Besonderheiten darstellen. Darüber hinaus ist
der Katalog hervorragend aufgemacht. Leider gibt es in
ihm so viele Fehler, daß er letzten Endes nur in bezug auf
seine Abbildungen verwertbar wird. Und man muß sich
darüber wundern, wie dies geschehen konnte, besonders
wenn man bedenkt, daß eine Vielzahl von Spezialisten an
seiner Fertigung beteiligt war (vergl. das Vorwort, S. 7).
Wir werden uns kurz nur mit der Skizzierung einiger
Fehler beschäftigen, die sich in den Text eingeschlichen
haben. Zunächst gibt es da die »technischen Fehler«: 1.
Schon in der Inhaltsangabe, S. 5, geriet die Reihenfolge
der Überschriften durcheinander. So muß die »Dynastie
Chronology (S. 12)« unter die »Maps (S. 10-11)« gesetzt
werden. 2. »Dhaka«, ist auf der Karte, S. 10, falsch
lokalisiert und widerspricht der Lage derselben Stadt auf
der nächstfolgenden Karte auf S. 11. 3. »Deogahr« auf
der Karte von S. 11, ist in Wirklichkeit Deoghar, »Ma-
hästhän« liegt nicht östlich von Bogra, sondern nördlich
und ist nicht so weit von Bogra entfernt, wie von der
Karte angedeutet (vergl. S.L. Huntington: The »Pala-
Sena« Schools of Sculpture, Leiden, 1984, Faltkarte im