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Buchbesprechungen Ostasien
Läufer, Berthold:
Kleinere Schriften, Teil 3: Nachträge und
Briefwechsel. Herausgegeben von Hartmut
Walravens. Stuttgart: Franz Steiner Verlag
1985 (Sinologica Coloniensia. 500 Seiten.
Die Herausgabe der kleineren Schriften Berthold Läu
fers (1874-1934) durch Hartmut Walravens seit 1976
gehört gewiß zu den bedeutendsten »Nachdruckunter
nehmungen« auf dem Gebiet der Sinologie und benach
barter »asiatologischer« Fächer, handelt es sich doch bei
den bisher erschienenen fünf Bänden (1,1 und 2; 2,1 und
2 und 3) um weit mehr als nur den Nachdruck oft schwer
zugänglicher Arbeiten Läufers. H. Walravens hat dane
ben die vollständige Bibliographie von und über Läufer
zusammengestellt und hat durch die Veröffentlichung
biographischer Materialien und einer Bestandsaufnahme
des Laufernachlasses wichtige Informationen zur Ge
schichte einer Reihe von asiatischen Wissenschaften, zur
Entwicklung von Museumssammlungen und zur Wissen
schaftsgeschichte allgemein zugänglich gemacht. Den in
Band 2,1 aufgenommenen Briefwechsel zwischen Läufer
und Franz Boas möchte ich zu den wichtigsten Zeugnis
sen wissenschaftlicher Auseinandersetzung im ersten
Drittel unseres Jahrhunderts zählen.
Um so mehr muß die Vorbemerkung zum vorliegenden
Band betrüben, daß nämlich die Werkausgabe zumindest
in der bisherigen Form nicht weitergeführt werden kann,
sondern teilweise im Druck an anderer Stelle (wahr
scheinlich Sata Pitaka Séries) und als Mikroform-Ausga-
be (Hamburg, C. Bell Verlag) erscheinen wird. Lediglich
ein umfangreiches Register soll als Band 4 der vorliegen
den Ausgabe und den anderwärts zu suchenden Arbeiten
Läufers erscheinen.
Band 3 enthält wiederum weitere bibliographische Er
gänzungen, den Inhalt von Läufers Ausschnittbuch für
die Jahre 1898-1911, in dem Läufer Rezensionen seiner
eigenen Arbeiten und ihn interessierende Notizen ge
sammelt hatte - Die Nummern 2, 3, 29, 34, 35, 36
können zusätzlich für die Bibliographie Läufers berück
sichtigt werden -, Läufers phonographische Aufnahmen
aus China, Tibet und Bengalen auf der Grundlage der
Beschreibungen in den Archives of Traditional Music in
Bloomington, Indiana und der Liste im Field Museum of
Natural History, Chicago mit Annotationen des Heraus
gebers, Facsimilia von den Aufnahmen zu Grunde lie
genden chinesischen Texten, die Liste der von Grube,
Krebs und Läufer bearbeiteten Schattenspiele, ergänzt
durch zusätzliche Titel aus der Sammlung Sven Hedin,
Stockholm, und eine Bearbeitung der tibetischen und
bengalischen Lieder durch Christoph Cüppers und Rahul
Peter Das.
Den Rest des Bandes (S. 143-500) nimmt eine Auswahl
von Briefen ein, die nur einen Bruchteil des im Field
Museum liegenden Materials (s. Band 1,1 S. CVII-
CXLVI) ausmachen. Darüber hinaus stammen nicht ein
mal fünfzig von etwa 340 Nummern von Läufer selbst,
die meisten sind an ihn gerichtet, ohne daß wir seine
Reaktion kennenlernen. Dies ist verständlich, da nur der
Nachlaß im Field Museum selbst ausgewertet wurde.
Vollständig oder doch fast vollständig wurde nach der
erwähnten Inventarliste aus Band 1,1 die Korrespondenz
des Kunsthändlers A. W. Bahr, des Archäologen C. W.
Bishop, der Kunstsammler J. C. Ferguson und E. Fur-
man, der Mitarbeiter der Library of Congress A. W.
Hummel, Kiang Kang-hu und W. T. Swingle, des Ethno
logen F. S. Krauss, des Indologen E. Kuhn, des Kunsthi
storikers B. March, des Bibliotheksdirektors Yüan
T’ung-li, der Forschungsreisenden J. F. Rock und A.
Stein, des Botanikers W. Safford und des Direktors des
Museums für Völkerkunde in München L. Scherman
aufgenommen. Relativ gut vertreten sind Briefe Läufers
an Vertreter des Field Museums.
Bedauerlich ist, daß der Herausgeber auf eine kurze
Bemerkung zu seinen Auswahlkriterien verzichtet hat.
Alphabetisch angeordnet springt der Leser durch die
Jahrzehnte, von Expeditionsberichten zu Bittbriefen,
von Preisforderungen für Ostasiatica zu wissenschaftli
chen Einzelfragen, von kühlen Geschäftsbriefen über
Aggressionen zu recht vertraulichen Mitteilungen. Man
ches erscheint unnötig, vor allem, da auch das Argument
der Vollständigkeit fortfällt, manches ist enttäuschend,
so die Korresspondenz von (und mit) Swingle, Kiang,
Hummel oder mit dem Unternehmer G. M. Gest, man
ches schmerzt, wie die kurze Korrespondenz mit dem
Mongolisten W. Kotwicz.
Für den deutschen Leser, aber nicht nur für ihn, sind
dann aber wieder die Briefe aus den Jahren des 1.
Weltkriegs und danach aus Deutschland und Österreich
belustigend, aufschlußreich und erschütternd, von Otto
Franke - was mag in den Briefen vom 7. und 23. Septem
ber 1921 stehen, die in der Inventarliste aufgeführt sind?
- von F. S. Krauss (!), der kurze Briefwechsel (Nummern
239, 240) mit H. Mueller und die Briefe von L. Scher
man. Sie alle versöhnen mit Unnötigem.
Angesichts eines gewissen editorischen Aufwandes -
Kennzeichnung neuer Seiten und fehlerhafter Orthogra
phie - verwirren die etwas zu zahlreichen Druckfehler.
Insgesamt erscheint mir auch dieser Band trotz überflüs
sigen Ballastes noch sehr lesenswert. Angesichts der
schwierigen Veröffentlichungssituation wird wohl nicht
nur meine Neugier auf die Korrespondenz von E. C.
Carter, K. S. Latourette, G. Sarton, A. Waley und vielen
anderen kaum auf diesem bequemen Weg befriedigt
werden können. Glücklicherwiese hat uns H. Walravens
aber die Korrespondenz des lettischen Sinologen, Man-
juristen und Ethnographen Peter Schmidt an Läufer an
anderer Stelle (Peter Schmidt. Ostasienwissenschaftler,
Linguist und Folklorist - Eine vorläufige Bibliographie.
Hamburg 1982, S. 69-78) zugänglich gemacht. Das glei
che gilt für den Forschungsreisenden Lopatin und auch
für den Mongolisten Unkrig. Man vermißt lediglich die
Hinweise darauf im vorliegenden Band.
Erling von Mende
Veit, Willibald:
Siegel und Siegelinschrift der Chou, Ch‘in
und Han-Dynastie. Studien zur ostasiati
schen Schriftkunst, Band IV. Stuttgart:
Franz Steiner 1985 . 297 Seiten, 198 Tafeln.
Wenn von chinesischen Siegeln die Rede ist, so denkt
man zunächst an die schönen roten Siegelabdrücke, mit