Firla/Forkl: Afrikaner und Africana am württembergischen Herzogshof
Abb. 5 Wie Abb. 3. Detail; Trompeter
ten, nach dem Essen »noch ein mäßel mit einander aus zu trincken«, und gingen
gegen 19.00 Uhr abermals in die Besenwirtschaft von Lengeier sen. Um 19.30 Uhr
kam noch ein Pfalzgräflich-Sulzbachischer »Edelman«, der mit beiden trank »und
von Kriegs-sachen, wie es mit trompetern und paukern gehalten werde, discurrirte«
(ibid.). Das Thema der Unterhaltung entsprach also Reals beruflicher Tätigkeit und
auch der seines Pauker-Kollegen Johannes Lengeier jun., der möglicherweise eben
falls anwesend war 40 . Und da ein Trompeter wie Real in Kriegszeiten einem Offizier
in gewisser Hinsicht gleichgestellt war, ist es auch nicht verwunderlich, daß ein
>Edelmann< mit ihm zusammen am Tisch trank und diskutierte. Gegen 24.00 Uhr
machten sich Real und Brandshagen auf den Heimweg. Und Reals entsprechende
Aussage enthält ein besonders schönes Beispiel für seine Integration in die Stuttgar
ter Gesellschaft, denn er berichtet, »der Lengeier habe ihnen wollen heim zünden
fheimleuchten; M. F] lassen, er (Real; M. F.) habe es abgewendet mit vermelden, er
seye nun über 12 iahr in Stutgart, iederman kenne ihn, und begehre er niemand nichts
zu thun, sie wollen den weg schon finden. Lengler habe ihnen biß an das eck nach
gezündet« (ibid.; Qu. 1). Dies bedeutet, Real war als Trompeter und zweifellos auch
als Afrikaner stadtbekannt (1648 hatte Stuttgart - bedingt durch die hohen Kriegs
verluste -4500 Einwohner; Hartmann 1886:100) und fühlte sich gerade deshalb voll
kommen sicher, obwohl die Stuttgarter Straßen nachts damals nachweislich als unsi
cher galten (Sauer 1993 II: 280). Lengeier sen., eine Generation älter als Real, und
angesichts der nächtlichen Unsicherheit vorsichtiger, ließ es sich nicht nehmen, sei
nen beiden Gästen persönlich ein Stück Weges zu beleuchten, was seine Besorgtheit
um Real und Brandshagen verdeutlicht.
Das »eck«, bis zu dem Lengeier sen. mitging, ist nicht exakt zu lokalisieren. Doch
befand es sich ohne Zweifel innerhalb des Areals südlich der heutigen Büchsen
straße, begrenzt von der südlichen Hälfte der heutigen Kronprinzstraße, da der fol
gende Weg der beiden, wie auch der der Täter, die Real überfielen, und der Ort des
Überfalls auf Grund topographischer Angaben in den Gerichtsakten unter Zuhilfe
nahme von Wais (1951) zu verifizieren sind (s. Abb. 6 u. 7) 41 .
Real und Brandshagen waren nicht mehr nüchtern, Brandshagen »etwas beraüscht«
(HStAS A 210 III Bü 43: Qu. 2), Real gar »zimlich beraüschert« (ibid.: Qu. 1). In der
Kronprinzstraße, kurz vor der Kreuzung zur Büchsenstraße (von Süden her), mußte
Brandshagen austreten und blieb deshalb ein wenig zurück, während Real (wohl aus