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Firla/Forkl: Afrikaner und Africana am württembergischen Herzogshof
Abb. 13 Blashorn, Länge 69 cm, Elfenbein, Sapi-portugiesisch (Sierra Leone), spätestens
seit 1692 in Stuttgart. Württembergisches Landesmuseum, Inv.-Nr. KK 124. Photo: Württem-
bergisches Landesmuseum
Anschließend sehen wir den Abtransport der Beute: Der Jäger mit Spieß geht hinter
einem mit dem Hirsch beladenen Pferd her, darunter trottet sein Hund. Doch vor die
sem Hund hat gerade ein Löwe mit Krönchen einen Mann in europäischer Tracht zu
Boden geworfen.
Auf der rechten Seite folgt nach den drei genannten umlaufenden Bändern ein Jäger
in europäischer Tracht mit Spieß und Jagdhorn im Angriff auf zwei Wildschweine
(nicht Keiler, wie Bassani/Fagg 1988: 115 meinen), deren Hinterteile durch das dop
pelte umlaufende Spiralband vom übrigen Rumpf getrennt sind. Mit Pfeil und Bogen
greift ein Jäger in europäischer Tracht zusammen mit seinem Hund die beiden Wild
schweine von der anderen Seite aus an.
Auf das breite Band mit dem mehrfachen geschlossenen Umlauf folgt ein von zwei
Männern in europäischer Tracht gehaltenes Wappen mit der Spitze nach oben, das
von Federn (Helmzier) gekrönt ist. Durch Perlbänder in sechs Felder aufgeteilt, fin
det sich in deren jedem das gleiche Motiv: ein Kreuz im Kreis (Schild?), umgeben
von einem Strahlenkranz (Verfremdung des portugiesischen Wappens?).
Auf der konvexen Seite erkennen wir in Höhe der Hirsch- bzw. Wildschwein-Jagd
eine Maria mit dem Kinde. Den Abschluß bilden umlaufende Bänder in Form einer
Perlenreihe, von Weinranken, einer weiteren Perlenreihe und der schräg gezackte
Rand.
Bassani und Fagg (1988: 57, 60-61, 97) kommt das Verdienst zu, auf Grund portu
giesischer Berichte vom Beginn des 16. Jahrhunderts und stilistischer Vergleiche als
Schnitzer dieser, wohl als Jagdhörner bestellten, Auftragsarbeiten für portugiesische
Kunden die alten Sapi im heutigen Sierra Leone auszumachen, die Vorfahren der
rezenten Sherbro, Temne und Kissi (ibid.: 44). Die dargestellten Jagdszenen erinnern
an entsprechende Themen auf spätgotischen Miniaturen und Teppichen der franzö
sisch-flämischen Schule des späten 15. und des frühen 16. Jahrhunderts (ibid.: 97),
die Spiral- und Perlbänder an die manuelinische Architektur Portugals der gleichen
Zeit (ibid.: 109), das Mundstück in Form eines Tierkopfes und die zoomorphen Ösen
(»Delphine«) an europäische Feuerwaffen des frühen 16. Jahrhunderts, und auch das
Blasloch ganz am Anfang weist auf Anfertigung für die Ausfuhr nach Europa hin
(ibid.: 95). Als Vorlagen dürften den Sapi in ihren Werkstätten nach Sierra Leone
gebrachte Abzeichnungen europäischer Drucke gedient haben (ibid.: 111). Die Szene
der Wildschwein-Jagd auf dem Stuttgarter Stück ist mit der Illustration eines 1505 in
Parma von Francesco Marzalis gedruckten Buches zu vergleichen (ibid.; 115). Afri
kanisch mutet auf unserem Elfenbein-Horn eigentlich nur die uns ungewohnte