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Full Text: Tribus, 44.1995,N.F.

Buchbesprechungen Amerika 
Gramly, Richard Michael: 
The Richey Clovis Cache: Earliest Ameri- 
cans Along the Columbia River. Buffalo, 
New York: Persimmon Press. 1993. 69 Sei 
ten, SW-Fotos, Zeichnungen 
Mit »Cache« wird in der amerikanischen Urgeschichts 
forschung ein Versteck- und Vorratsdepot bezeichnet. 
Sofern diese Caches Clovis-Artefakte enthalten, reichen 
sie bis in die (archäologisch gesicherte) früheste Besiede 
lung des amerikanischen Kontinents zurück, das heißt 
12-13 000 Jahre. Vieles spricht dafür, daß diese Phase 
nicht der Beginn der Ersten Amerikaner gewesen sein 
kann. Caches sind deshalb für die amerikanische Archäo 
logie so bedeutsam, weil sie - sofern ungestört - oft ver 
schiedenartiges Steinwerkzeug in intentionell geschütz 
ter Lage enthalten, das Aufschlüsse über kulturelle 
Zusammenhänge der paläoindianischen Gruppierungen 
und Einwanderungsrouten in den jungfräulichen Konti 
nent geben kann. 
Das Richey Clovis Cache (Depot) und damit die gesamte 
East Wenatchee Clovis-Station (Staat Washington) wurde 
1987 von Obstgartenarbeitern entdeckt. Seit 1988 wird 
auf dem Areal gegraben. Wie der Name des Fundplatzes 
bereits sagt, wird er der Clovis-Periode zugerechnet. Bis 
jetzt ist die gesamte Ausdehnung besagter Station noch 
nicht bekannt. Die Ausgrabungskampagne soll bis zum 
Jahr 2007 dauern. Gramly versteht denn auch seine Publi 
kation als Teil eines Vorberichtes über die Fundstelle. 
Zum Inhalt des Buches: Nach Danksagung und Vorwort 
folgt eine gut vierseitige Beschreibung des Richey Clovis 
Caches, in die der Autor die Entdeckungsgeschichte des 
Depots ebenso einschließt wie die mit neuesten wissen 
schaftlichen Methoden erarbeiteten archäologischen 
Funde und Befunde. Erstere werden auf 11200 v. h. 
datiert. Sie bestehen aus Knochen- und Steinartefakten. 
Insgesamt enthielt das Cache, das gleichbedeutend mit 
der erstentdeckten Fundstelle des Areals ist und von 
Archäologen auf einer Grundfläche von 1,1 x 1,5 m aus 
gegraben wurde, 57 großformatige Steinartefakte, viele 
davon in der Tradition gekehlter Clovis-Spitzen herge 
stellt. Neben diesen besteht das Ensemble aus Zweisei 
tern in Form von Messern, Klingen, kleinen Beilen sowie 
gekehlten Rohformen für Spitzen und Werkzeuge. Dar 
über hinaus lieferte das Cache mehrere hundert kleine 
Steinabschläge und Knochenfragmente. Eine weitere 
Grabung einige Meter östlich der ersten Fundstelle 
brachte einen großen Schaber und eine Klinge sowie etli 
che Abschläge ans Tageslicht. Menschliche Skelettreste 
wurden nicht gefunden. Die teilweise Größe der Steinob 
jekte hat rituellen Gebrauch vermuten lassen, was aller 
dings angezweifelt wird, denn Gebrauchsspuren und 
Blutreste weisen - laut Verfasser - auf rein profane 
Benutzung der Artefakte hin, wie Jagd und das an- 
chließende Schlachten der Beute. Die erwähnten Spuren 
von Blut an etlichen Objekten zeigen Bison, Karibu und 
andere Cerviden, Hase und Kaninchen als Jagdtiere an. 
Auch Menschenblut wurde entdeckt. 
Außer Steinartefakten enthielt das Richey Clovis Cache 
14 Schälte aus Mastodon- und Mammutknochen mit 
einer durchschnittlichen Länge von 25 cm. Zwei dieser 
Stücke weisen Ritzungen auf, die allerdings kaum als 
Kunst gedeutet werden können. Dennoch sind sie von 
einiger Bedeutung, denn Verzierungen auf Clovis-Objek- 
ten sind äußerst selten. 
Der fortlaufende Text endet mit Literaturangaben sowie 
einer Lagekarte des Fundplatzes. Es folgen mehrere 
Fotos zur Ausgrabungstätigkeit, dem topographischen 
Umfeld der Station, einigen Funden in situ sowie ausge 
zeichnete Zeichnungen der herausragendsten Stücke von 
Seite 27 bis 57. Ein Sach- und Namensregister beschließt 
den Band, der vor allem durch sein Bildmaterial einen 
guten Einblick in diese bedeutende Fundstelle aus der 
frühen Besiedelungsperiode Amerikas bietet. 
Axel Schulze-Thulin 
Hoffmann, Klaus / Wagner, Rene; 
Karl-May-Museum. Kurzführer durch die 
Ausstellungen - Indianer Nordamerikas, 
Karl May - Leben und Werk. Hg.: Karl-May- 
Stiftung Radebeul. München: Karl M. Lipp, 
1992. 60 Seiten, viele Färb- und SW-Fotos. 
Vor mir liegt eine Broschüre, wie sie sich der Museums 
besucher wünscht. Handlich, um sie in die Jackentasche 
zu stecken. Verständlich und flüssig geschrieben, um 
darin bereits während der Kaffeepause im Museum mit 
Interesse zu schmökern. Mit Färb- und Schwarzweiß- 
Fotos ausgestattet, um den Führer als Erinnerung an 
einen anregenden Museumsbesuch aufzubewahren. Zum 
gelungenen Äußeren kommt eine gelungene Gliederung 
des Inhalts: Neben das kurz erklärte Umfeld der Ausstel 
lungsstücke tritt viel Hintergrundwissen über den 
berühmten Autor spannender Abenteuerliteratur, die Mil 
lionen begeisterter Leser einst verschlungen haben und 
noch verschlingen. 
Nicht nur Karl-May-Fans werden, wenn sie nach Dresden 
oder überhaupt nach Sachsen kommen, gerne einen 
Abstecher nach Radebeul machen, um sich die über Jahr 
zehnte gesammelten Gegenstände einstiger Indianer 
pracht in der Villa Bärenfett anzusehen oder sich über 
Leben und Werk des großen Erzählers in der Villa Shat- 
terhand zu informieren. Der Museumsführer wird ihnen 
dann ein guter Begleiter und eine liebenswerte Erinne 
rung an den unsterblichen Sachsen sein. 
Axel Schulze-Thulin 
Müller-Wille, Ludger (Hrsg.): 
Franz Boas. Bei den Inuit in Baffinland 
1883-1884. Tagebücher und Briefe. Bearbei 
tung, Einleitung und Kommentare von Lud 
ger Müller-Wille. Berlin: Reinhold Schletzer 
Verlag, 1994. 294 Seiten, 32 Abbildungen, 3 
Karten, Listen, Glossar, Ortsregister. Preis: 
DM 128,- 
Der 50. Todestag von Franz Boas (1858-1942) war für 
mehrere Autoren Anlaß, sich um ein besseres Verständnis 
seiner Persönlichkeit und seines Werkes zu bemühen 
(z.B. Dürr, Kasten & Renner 1992; Rodekamp 1994). In 
der hier vorgestellten Publikation spricht dagegen der 
25jährige Boas selbst: es handelt sich um unpublizierte 
Manuskripte (bis auf kurze Auszüge, Müller-Wille 1992), 
295
	        
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