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Full Text: Tribus, 44.1995,N.F.

Buchbesprechungen Amerika 
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gen durch. Müller-Wille hat dieses Buch mit größter Sorg 
falt vorbereitet, ein Projekt, das mehr als zehn Jahre in 
Anspruch nahm. Er fügte nicht nur Daten aus verschiede 
nen Archiven zusammen, sondern besuchte selbst die von 
Boas bereisten Orte und sammelte tradierte Informatio 
nen und die Toponymie (S. xv) aus dieser Zeit, die er - wo 
es nötig ist - in klärenden Kommentaren einfügt. 
Literatur: 
Boas, Franz 
1888. The Central Eskimo. Sixth Annual Report of the 
Bureau of American Ethnography, 1884-85: 399-669 & 
2 Karten. Washington: Bureau of American Ethnology, 
U. S. Government Printing Office. 
Dürr, Michael, Erich Kasten & Egon Renner (Hrsg.) 
1992 Franz Boas, Ethnologe, Anthropologe, Sprach 
wissenschaftler. Wiesbaden: Dr. Ludwig Reichert Verlag. 
Müller-Wille, Ludger 
1984 Document: Two Papers by Franz Boas. Etu- 
des/Inuit/Studies 8 (1): 117-144. 
Müller-Wille, Ludger 
1992 Franz Boas: Auszüge aus seinem Baffin-Tage- 
buch, 1883-1884 (19. September bis 15. Oktober 1883). 
In: Dürr et al., 39-56. 
Rodekamp, Volker (Hrsg.) 
1994 Franz Boas, 1858-1942. Bielefeld: Verlag für 
Regionalgeschichte. 
Jean-Loup Rousselot 
Stuart, David & Stephen Houston: 
Classic Maya Place Names. Studies in Pre- 
Columbian Art & Archaeology, Nr. 33. Wa 
shington: Dumbarton Oaks, 1994. 102 Seiten 
mit 107 Abbildungen (überwiegend Zeich 
nungen sowie einige Photos). 
H. Berlin (1958) hat durch die Entdeckung der Emblem- 
Hieroglyphe, einem Titel mit lokaler Referenz, entschei 
dend dazu beigetragen, den historisch-biographischen 
Charakter von klassischen Inschriftentexten der Maya zu 
erkennen. Die Emblem-Hieroglyphen könnten sich, so 
der aktuelle Forschungsstand, auf politische Einheiten 
beziehen, die mehrere einzelne Orte umfassen können. 
Dann allerdings wären in den Texten diese geographi 
schen Orte zu identifizieren, die man in historisch-bio 
graphischen Berichten ebenso erwarten würde wie etwa 
den Zeitpunkt eines Geschehens. 
Wo in den Texten aber haben die höfischen Berichterstat 
ter diese Ortsnamen eingebaut? In sieben Kapiteln versu 
chen die Autoren, die syntaktische Position und individu 
elle Struktur dieser speziellen Glyphenkategorie zu 
ermitteln und phonetische und semantische Lesungen zu 
rekonstruieren. 
Das Subjekt eines hieroglyphischen Basissatzes (Verb - 
Subjekt) besteht meist aus dem persönlichen Namen 
eines Individuums und oft mehreren Titeln. Manchmal 
schließt sich ein weiterer Satz an, in dem, so die Hypo 
these der Autoren, der Ort des vorher beschriebenen 
Ereignisses präzisiert wird. Diese Zu-Sätze haben meist 
drei Teile gemeinsam, die hier als »Ortsnamen«-Formel 
bezeichnet werden. Die Formel besteht aus dem dreisil 
brigen u-ti-ya für das Verb ut-i »it happened«. Das zweite 
Element der Formel, spezifiziert den Ort und variiert ent 
sprechend. Gelegentlich folgt dem Ortsnamen eine dritte 
Komponente, die sog. »sky-bone«-Glyphe. Die Para 
phrase der Formel lautet sodann: »It happened ((at)) (the 
location)«. 
Das häufige Fehlen von Lokativpräpositionen (z. B. »ti«, 
»ta«), die man zumindest in den Maya-Sprachen vor dem 
Toponym erwarten würde, wird in der geschriebenen Ver 
sion als optional eingeschätzt, vergleichbar den numeri 
schen Klassifiers oder dem kompletten Wegfall der Plu 
ralendung »ob« in Glyphentexten. 
Im derzeitigen Forschungsstadium bleiben noch viele 
syntaktische und semantische Datails offen, die die Auto 
ren mit plausiblen Argumenten einkreisen und an vielen 
hieroglyphischen Textstellen diskutieren. Die strukturelle 
und wenn möglich phonetische und semantische Identifi 
zierung zahlreicher Orts-Hieroglyphen erbrachte als vor 
läufiges Ergebnis bereits eine Reihe phonetisch transpa 
renter, wenngleich semantisch noch unklarer Toponyme 
(z. B. Naranjo, Copän). Zum Teil aber entspricht die 
Lesung der Orts-Hieroglyphen sogar den tatsächlichen 
geographischen Gegebenheiten (z. B. Aguateca: ut-i 
K’inich Wits »sun-faced split hill«). Das Untersuchungs 
feld »Toponym« wird von vielen verschiedenen, denkba 
ren Seiten beleuchtet, so daß das Bild nach und nach an 
Kontur gewinnt. 
So stellt sich heraus, daß in Verbindung mit dem masku 
linen Präfix ah- die Ortszeichen einen »Title of origin«, 
»er von...« repräsentieren. Entsprechende Hieroglyphen 
mit dem ah-Präfix scheinen sich nicht nur syntaktisch zu 
»verhalten« wie Orts-Hieroglyphen, obwohl man sie nie 
mit dem ut-i Verb, dem bis jetzt einzigen Kriterium für 
Orts-Hieroglyphen, zusammen findet. 
Manchmal ist der Ort eines bestimmten Ereignisses in 
dem Satz selbst enthalten und nicht in einer separaten 
Phrase, die durch ut-i eingeleitel wird. Das »Shell-star- 
verb«, das über kriegerische Aktionen zwischen zwei 
Orten berichtet oder »muk-ah«, »was buried«, sind beste 
Beispiele dafür, weitere sind bekannt. 
Darüber hinaus scheint zwischen den angenommenen 
Ortsnamen und der Ikonographie unter Szenen oder ste 
henden Figuren eine enge Beziehung zu bestehen. Nicht 
nur in den Chaak-Seiten des Dresdner Codex fungieren 
ikonographischc Komponenten als Toponym. die den Ort 
von Geschehnissen wiedergeben. 
Neben den geographisch bestimmbaren Ortszeichen gibt 
es auch Stätten mythischer Begebenheiten, die uns Ein 
sicht in die Geographie des religiösen Glaubenssystems 
der Maya gewähren. Durchgehend sind in Palenque, 
Copän, Piedras Negras und Quiriguä beispielsweise 
Ereignisse, die am Beginn des laufenden Baktun-Zyklus 
13.0.0.0.0 4 Ahau 8 Cumku stattfanden, mit einem 
bestimmten Ort verknüpft. Es gab offenbar die Praxis, 
etwa in Texten, die von der Geburt von Göttern berichten, 
Toponyme an Verben anzugliedem. um den Geburtsort 
genau zu benennen (Matawil-compound). Weitere Bei 
spiele mythischer Toponyme werden erläutert. 
Konsequenterweise suchte man nun auch nach noch spe 
zielleren Ortsbezeichnungen wie einzelnen (rituellen)
	        
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