TRIBUS 44, 1995
Orient-Abteilung
Rein zahlenmäßig fiel der Zuwachs für die Orientabteilung mit insgesamt 187 Objek
ten im Berichtsjahr relativ bescheiden aus. Für den systematischen Ausbau der
Sammlungen aber war das Jahr 1994 eines der wichtigsten seit Bestehen der Orient-
Abteilung.
Von größter Bedeutung ist dabei die Erwerbung einer Gruppe von 70 Architekturtei
len des 14,- 19. Jahrhunderts (Stein, Keramik, Holz) aus dem Punjab und Pakistan.
Diese Materialgruppen dokumentieren lückenlos die Entwicklung des Architektur
dekors dieser Regionen. Sie sind geeignet, die Verschmelzung iranischer und zen
tralasiatischer Stilelemente mit indischen zu belegen, die der islamischen Kunst
ihren unverwechselbaren Charakter verleiht. Unter den Steinobjekten sind besonders
zwei filigran durchbrochen gearbeitete Gitter von Gartenterrassen (Sandstein und
Marmor) hervorzuheben sowie zwei Schriftpaneele mit in schwungvollem Thuluth-
Duktus herausgemeißelten Koran-Inschriften aus dem 17./18. Jahrhundert. Beson
dere Beachtung unter den Fliesen verdienen die komplette Fassadendekoration einer
dörflichen Moschee (18. Jh.) und ein Kuppelsegment von der Audienzhalle eines Pirs
(18. Jh.) sowie Beispiele des Fliesendekors mit floralen, geometrischen und epigra
fischen Motiven vom Ende des 14. bis zum 19. Jahrhundert.
Inschriftenpaneel
Sandstein. B: 1,12 m, H: 0,39 m, Moghulindien, 17. Jh., L/4076
Die dekorativsten Teile unter den Holzobjekten sind zwei Fassaden von Häusern von
Großgrundbesitzern aus dem Nordwest-Punjab, 17./18. Jahrhundert. Eine davon
zeigt floralen Dekor, der sich sehr stark höfischen Motiven der Zeit des großen
Moghul-Herrschers Akbar anlehnt, eine andere das Weiterleben des streng geome
trischen Dekors aus klassisch islamischer Zeit. Von höchstem wissenschaftlichen
Wert sind drei Säulenfragmente und eine Türumrahmung des 14./15. Jahrhundert,
deren Dekor bisher nur von seltenen Metallarbeiten aus dieser Zeit bekannt war.
Weitere wichtige Ergänzungen des islamkundlichen Teils der Sammlungen bilden
ein Fenstergitter aus Marmor von einem Heiligengrab aus Ghasni, Afghanistan,
12. Jh. und fünf ostiranische Keramiken des 9.-14. Jahrhundert, darunter ein durch
brochen gearbeitetes monochromes Räuchergefäß aus Afrasiab aus dem 9. Jahrhun
dert in einer Form, die sonst nur von Metallarbeiten bekannt ist, ferner eine weiß
grundige Schale mit manganbrauner Inschrift aus derZeit der ostiranischen Dynastie
der Samaniden und eine türkis glasierte Schale, schwarz bemalt mit sehr lebendigen
Fischdarstellungen aus timuridischer Zeit.
Die restlichen Zugänge verteilen sich auf die ethnografischen Sammlungen. Es han
delt sich unter anderem um 43 kleinasiatische Stickereien des späten 18. und 19. Jahr-