Amborn: Von der Stadt zur sakralen Landschaft
Abbildung 5: Errichtung eines esa-Zeichens
Ideal im Bewußtsein festhalten? Die Burji werden nie mehr zu ihren überlieferten
Lebensformen zurückkehren, allein schon deshalb nicht, weil es bei ihnen - anders
als bei manchen Nachbarvölkern - keine auch nur halbwegs einheitliche Entwick
lung gegeben hat. Die verschiedenen, räumlich weit voneinander entfernten Burji-
Gemeinden zwischen Addis Ababa und Mombasa haben verschiedenartige Wege
eingeschlagen oder waren von außen her unterschiedlichen Einflüssen ausgesetzt. Es
könnten sogar Zweifel aufkommen, ob man die Burji überhaupt noch als eine zusam
mengehörige Gruppe im Sinne einer Ethnie ansehen kann (cf. Amborn 1994). Die
einzelnen Gemeinden sind auch im Innern keineswegs homogen. Und dennoch
schwingt nicht nur Nostalgie mit, wenn unter Burji die Rede auf böohee Burji
kommt. Dieser heute so unscheinbare Ort ist für die jetzt lebenden Burji unter ver
änderten Gesichtspunkten von zentraler Bedeutung. Wenn auch das alltägliche
geschäftige Leben verschwunden ist, so haben doch die Zeremonialplätze, die Grab
stätten der Ahnen, die Bäume, unter denen sich die ersten Siedler ausruhten und all
die vielen Orte der Landschaft, die mit der Geschichte des Volkes und ihrem Welt
bild verbunden sind, nichts an ihrer Bedeutsamkeit verloren. Von einigen Plätzen
mag der ursprüngliche Sinngehalt in Vergessenheit geraten sein oder sich mit der
Vorstellung um andere Orte vermischt haben, doch kommt dies keiner Profanisie-
rung gleich, sondern bewirkt im Gegenteil, daß die einstige und die noch vorhandene
Kulturlandschaft um Burji-Stadt als Ganzes einen sakralen Charakter erhält. Das
karge Bergland ist von einem Wirtschaftsraum zur sakralen Landschaft geworden,
die sich markant von ihrer Umgebung abhebt. Dies wird u. a. daran deutlich, daß