Herwig Zahorka: Das mysteriöse Doppelmasken-Motiv an Megalithen
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Mündungsdelta in 10 bis 14 Tagen zurücklegen, für den Handel mit wertvollen
Gegenständen eine ideale Verbindung. Das Verbringen von Bali nach Kalimantan
erscheint mir unwahrscheinlicher, kann aber nicht ganz ausgeschlossen werden. Es
ist auch nicht auszuschließen, dass das Bronze-Exportzentrum „Produktion Brunei“
(v.DEWALL 1999: 28) auch aus dem Inneren Borneos beliefert wurde. Entfernung
S. Bahau - Brunei ca. 200 km.
I. Die Popularisierung des Maskenmotivs in Kalimantan
Das Maskenmotiv hat sich in Kalimantan/Borneo in schematisierter oder simplifi
zierter Form als dayakisches Tataumuster bis ins 20. Jh. erhalten und findet noch
heute in symbolisierter Form in der Dayak-Architektur Verwendung. Zwei ältere
Autoren haben hierzu wichtige Bildbeiträge geliefert.
Abb.15: Vier Tataumuster von HOSE and McDOUGALL (1912: 258). Die Autoren
bezeichnen diese Muster von Kayan-Dayak als anthropomorph. Fig.69 wmrde in
Reihen am Oberschenkel der Frauen tatauiert und mit Namen wie tegulun, silong
oder kohong bezeichnet. Fig.70 ist ein Knie-Tatau mit der Bezeichnung nang klinge,
und Fig.71, ebenfalls ein Knie-Tatau. heißt tushun tuva. Beide Muster werden auch
kalong nang benannt. Bei Fig. 72 ist die Anthropomorphie verloren gegangen, aber
die Abkunft von den vorhergehenden Mustern ist augenscheinlich. Dieses auch als
tishin tuva bezeichnete Motiv trug eine Uma Semuka Kayan-Frau aus dem Sklaven
stand an der Vorderseite ihres Oberschenkels.
Abb.16: Eine Vollansicht von tatauierten weiblichen Oberschenkeln bietet uns
BOCK (1881: Plate 6). Die kolorierte Lithographie trägt die Unterschrift: Tattooed
Woman of Long Wai. Das könnte das heutige Muara Wai am S. Kedang Kepala sein.
Das in Reihen dargestehte Tataumuster erinnert stark an eine anthropomorphe
Maske, obwohl die Kinnlinien in Außenspiralen auslaufen. Die Augen sind auch als
Spiralen dargestellt.
Abb.17: Ebenfalls bei HOSE and McDOUGALL (1912:276) findet sich dieses „Sea
Dayak Tatu“, eine Kehlkopftatauierung für Männer. Die ursprüngliche Dreiecks
maske ist hier auf einige wesentliche Linien reduziert, die Augen sind nur noch
Halbspiralen und die Nase wird von zwei senkrechten Linien dargestellt. Zwei „be
deutungslose Bezeichnungen“ werden angegeben: katak (Frosch) und tali gasieng
(Spinnfaden). Dieses Tataumotiv soll auch bei den Bakatan verwandt worden sein,
die es gerowit nannten, wird berichtet.
Abb.18: Diese stark schematisierte Reihe von länglichen Dreiecksmasken stellt die
Brüstung der Terrasse vom katholischen Pfarrhof in Long Lunuk am oberen
Mahakam dar (Foto d.Verf. Mai 2000). Eine Namensbezeichnung des Musters konn
te nicht gegeben werden. Die Linienführung entspricht der Kehlkopftatauierung.
Hier im Siedlungsgebiet der Bahau- und Long Glat-Dayak sind auch gemalte und
geschnitzte Masken (u.a. Hudoq) immer mit großen, runden und meist hervortre
tenden Augen ausgestattet, und der Unterkiefer ist oft spitz nach vorne dargestellt.
J. Schlussfolgerung und Ausblick
Die Tiefreliefs mit den Zwillings-Dreiecksmasken an den beiden untersuchten
„Steinen mit Ornament“, die Stellung dieser Monolithen in der Urnendolmen-Reihe
von Long Pulung und der auf den Kopf gestellte Stützpfeiler lassen den Schluss zu,
dass es sich hier um eine Sekundärverwendung dieser Objekte als Ossuarium han
delt. Die Doppelmasken-Ornamente deuten darauf hin, dass die ursprüngliche
Funktion dieser ornamentierten Steine die von Wachsprägemasken für die Her
stellung von Gussbronzen in verlorener Form, vornehmlich von der Art der Pejeng-
Trommeln, gewesen sein könnte. Eine vergleichbare Wachsprägeform mit Maske ist
die in Bah gefundene „Manuaba mold“, mittels der die Technik des Bronzegusses in