Buchbesprechungen
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16. Jahrhundert - Teuerungskrisen und Absatzstockungen im 17./18. Jahrhun
dert - die Hungerjahre 1771/74 - Der Erntezyklus (eine Zwischenbilanz) -
die letzten Krisen vom alten Typ. In einem wohl allzu knapp bemessenen
Schlußkapitel werden die wesentlichen Ergebnisse nochmals zusammengefaßt.
Der Anhang bringt Berichte aus Krisenzeiten.
Auf einer reichen Materialbasis entsteht eine gelungene Zusammenschau von
Räumen und Zeiten mit höchst interessanten Ergebnissen. So wird z. B. klar,
daß bereits zu Beginn der Neuzeit eine enge Verflechtung der europäischen
Länder bestand und dies nicht zuletzt aufgrund natürlich-ökologischer Abhän
gigkeiten über klimatische Unterschiede hinweg. Ebenso bestanden vielfach
gleiche oder ähnliche Bedingtheiten aufgrund von Handel und territorialstaat-
lichen Zielsetzungen. Was die zeitliche Dimension betrifft, so ergibt sich ein
fast geradliniger Anstieg der Armut vom Spätmittelalter bis ins 19. Jahrhun
dert. Relativiert wird diese Aussage jedoch durch den Hinweis auf die Not
wendigkeit einzelepochaler Betrachtung. Dann läßt sich nämlich feststellen, daß
es zwei „Hochflächen“ (Abel) der Stagnation und Aufschwungsperioden für
diesen Zeitraum gibt: Anfang des 16. Jahrhunderts und bis ins 17. Jahrhun
dert ein sich entwickelnder und zunehmender Pauperismus, dann mit den durch
den Dreißigjährigen Krieg bedingten Bevölkerungsverlusten eine Entspannung
der Ernährungssituation und im beginnenden 19. Jahrhundert ein erneuter
Höhepunkt der Verarmung.
Abel ist bemüht, gewisse Regelmäßigkeiten - keine Gesetze! - der wirt
schaftlichen Gesamtentwicklung aufzuspüren. Er ist sich als Historiker jedoch
der Tatsache bewußt, daß Konstruktionen und Modellentwicklungen unter Um
ständen an der Realität vorbei führen können, so z. B. wenn für Lebensmittel
eine Durchschnittsrechnung mittlerer Preise angenommen wird, in Wahrheit
kurzfristige Schwankungen lebensnotwendiger Güter die Existenz breiter Be
völkerungsschichten aber bedrohten. So wechselte etwa der Brotpreis oft schon
von Monat zu Monat. Daneben brachten schwere wirtschaftliche Krisen das
Preisgefüge immer wieder durcheinander. Dies darzustellen und damit zu einer
Korrektur des Bildes von der „guten alten Zeit“ beizutragen, ist Abels beson
deres Anliegen.
Man kann sich fragen, ob ein einzelner Autor in der Lage ist, die wirtschaft
lichen Probleme so vieler Epochen und nationaler Gruppen zu überblicken.
Rez. kann das nicht beurteilen, sondern nur den Eindruck wiedergeben, den
die Gesamtdarstellung auf ihn macht: Abel hat eine Menge Spezialliteratur
verarbeitet und zeigt eine souveräne Stoffbeherrschung. So stellt sein Werk eine
großartige Informationsquelle gerade für den Kulturhistoriker dar, der bei der
Aufbereitung historischer Materialien niemals des wirtschafts- und sozialhisto
rischen Hintergrundes entraten kann.
Kiel Kai Detlev Sievers
Jean-Pierre Anderegg, Ferenbalm. Struktur und Entwicklung einer Land
gemeinde (Europäische Hochschulschriften, Reihe 19, Abt. A, Bd. 8). Herbert
Lang, Peter Lang, Bern, Frankfurt/M. 1973, 211 S., 1 Kte und 27 Tab. im
Text, 18 Abb.