Jürgen Heck Ein Mythos aus Krankheit und Fruchtbarkeit
'57
Abstract
A myth of disease and fertility
Considerations on a motif in the art of the Moche
A strange motif in figurative ceramics of the Moche (North Coast of Peru, ca. 0-800
AD) is analyzed including medical aspects. The motif represents a sick man com
bining him with insignia of a deity who was held responsible for fertility in nature.
The disease is interpreted as Verruga peruana, an infection limited to oases. Based
on occurrence in the same space, magical understanding evidently associated Verru
ga peruana with fertility of the earth. The paper argues that the motif presents
visional expressions of a mythical concept that considered persons suffering from
Verruga peruana as personifications of a fertility god.
Unter den Bildnereien, die sich auf Tongefäßen der Moche-Kultur (Nordküste Perus,
ca. 0-800 n. Chr.) als Grabbeigaben erhalten haben, finden sich figürliche Gestaltungen
in weitgehender Naturtreue. Dennoch bleiben manche Motive schwer verständlich.
Erläuterungen durch authentische Texte fehlen. Die Moche-Kultur war schriftlos. Eines
jener Motive, die trotz realitätsnaher Darstellungsweise Rätsel aufgeben, wird hier
betrachtet. Der Eigenart des Motivs entsprechend werden ärztliche Aspekte einbezogen.
Beschreibung des Motivs
Bisher hat sich für das Motiv, das wir analysieren wollen, kein spezieller Name eingeführt.
Das mag nicht nur daran liegen, dass ihm Rätsel anhaften, sondern auch daran, dass
es in der Moche-Kunst nicht sehr häufig auftaucht. Das Motiv wiederholt sich nicht
stereotyp, sondern variierend. Was ist zu sehen? Ein Mensch (immer männlich) liegt
auf dem Rücken oder auf einer Seite oder kniet oder steht gebückt. Die Körperhaltung
wechselt, doch stets drückt sie Leiden aus. Der Körper ist mit Hautveränderungen
übersät. Sie sind entweder als halbkugelförmige Vorwölbungen plastisch dargestellt
oder als kreisrunde Flecken aufgemalt. Vereinzelt fehlt die Andeutung krankhafter
Hautveränderungen. Der Mensch (nennen wir ihn, um eine Bezeichnung zu haben, den
„kranken Mann“) ist abgesehen von einer Kopfbedeckung entweder völlig oder teilweise
unbekleidet. Der Mann legt sich eine Scheibe oder auch nur eine Hand ohne Scheibe