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Anton Quack
Anthropos 89.1994
fluß in dieser Gegend groß war; das große und
berühmte Kloster Kumbum war nur 17 km von
Heitsuitzu entfernt. Als er am Latemenfest zu
Chinesisch Neujahr 1949 in Kumbum teilnahm,
wurde er vom Panchen Lama, dem höchsten gei
stigen Würdenträger des tibetischen Buddhismus,
zur Audienz empfangen. Diese Ehre erhöhte das
Ansehen P. Fricks bei den Leuten der Gegend
natürlich sehr, es gab ihm “Gesicht”.
Die Lage im Land war ruhig, denn der Gouver
neur der Provinz, dem auch das Militär unterstand,
sorgte mit starker (und harter) Hand für Ruhe und
Ordnung.
Mitte 1949 aber erreichte die Rote Armee auf
ihrem Zug nach Westen Kansu und bald darauf
Tsinghai, am 5. 9. 1949 rückte sie in Sining ein
und die Kommunisten übernahmen die Verwal
tung. Damit änderte sich auch für die Katholische
Mission die Lage grundlegend, ihr Ende war ab
zusehen. Der Bewegungsspielraum der Missionare
wurde empfindlich eingeengt, sie waren de facto
in ihren Missionsstationen interniert. Die kommu
nistische Ideologie bekämpfte jede Form von Re
ligion. Doch die Christen konnten weiter zu den
Gottesdiensten kommen. P. Frick wurde erlaubt, ja
befohlen, die Ambulanz in seiner Station weiter
zuführen. Die Krankenbehandlung in seiner Am
bulanz gab ihm die Möglichkeit, mit den Christen
seiner Pfarrei Kontakt zu halten und über die Vor
gänge draußen im Bilde zu bleiben. Die mißliche
Lage hatte für P. Frick auch eine gute Seite: Er hat
te nun viel Zeit, früher begonnene ethnologische
Arbeiten weiterzuführen, neues ethnographisches
Material zu sammeln, und es gelang ihm, den
größten Teil seiner wissenschaftlichen Unterlagen
mit der Post nach Europa zu senden.
Der Druck der Kommunisten auf die Christen
und die Mission nahm ständig zu, und späte
stens Ende 1951 war allen klar, daß die Tage der
Mission gezählt waren. Es gab vereinzelte Versu
che, P. Frick in der Öffentlichkeit zu verleumden,
doch der größte Teil der Bevölkerung von Heitsui
tzu, Christen wie Nichtchristen, standen loyal zu
P. Frick. Der Versuch, ihn vor ein Volksgericht zu
stellen, scheiterte am Widerstand der Leute im Ort.
Schließlich wurden einige der führenden Christen
von Heitsuitzu verhaftet; in der Hauptstadt Sining
wurden der Bischof und seine Missionare vor ein
Völksgericht gestellt und anschließend in der Am
bulanz der einheimischen Schwestern interniert.
Auch P. Frick war nun ständigen Verhören ausge
setzt und im eigenen Haus bewacht. So gut es ging,
bereitete er sich auf die Abschiebung nach Europa
vor. Am 1. September 1952 mußte er seine Sachen
packen, und er wurde nach Sining gebracht, wo
die Formalitäten für seine “freiwillige Ausreise”
erledigt wurden. Acht Tage später ging es mit
dem Lastwagen nach Lanchow, von dort mit dem
Bus nach Sian, von Sian mit der Eisenbahn nach
Kanton, von dort nach Hongkong. Ende September
1952 kam P. Frick in Europa an - müde, erschöpft,
ausgelaugt, unglücklich.
Abb. 5: 1952, nach der Rückkehr von China
Nach einer kurzen Zeit der Erholung kam
P. Frick zum Anthropos Institut nach Froidevil-
le/Posieux bei Fribourg, wo er an einem Artikel
arbeiten wollte. Von den Obern erhielt er die Er
laubnis und den Auftrag, Ethnologie zu studieren
und seine ethnographischen Materialien zu bear
beiten und zu publizieren. 1955 promovierte er
an der Philosophischen Fakultät der Universität
Wien mit dem Thema: “Die sozial-religiöse Stel
lung der Frau in Tsinghai (China)”. Von 1955 bis
1962 arbeitete er wieder im Anthropos Institut in
Froideville, die letzten drei Jahre als Rektor der
Kommunität. Von 1962 bis 1968 hatte er dann
das Amt des Rektors im Gymnasium Marienburg,
Rheineck, inne; die Jahre bis 1980 verbrachte er
wieder in Froideville, zunächst (bis 1976) als Prä
ses der kleiner gewordenen Kommunität. Seit 1980