Nach Einsetzung der Bedeutung des Wortes „Gesetz“ wird
der Begriff „Gesetzestechnik“ die nötige Bestimmtheit erlangen.
Nun gehört aber das Wort Gesetz „zu den vieldeutigsten in der
Sprache der Wissenschaft und des täglichen Lebens“.1) Es ist
eine längere Erörterung über das unter dem Ausdruck „Gesetz“
Gedachte notwendig. Diese führt in die Zentralprobleme der
allgemeinen Rechtslehre und wird gleichzeitig rechtfertigen müssen,
warum der Begriff „Gesetzestechnik“ von anderen ihm gleich
gestellten Begriffen unterschieden wurde.2) Unter Hinweis auf
diese späteren Untersuchungen erscheint es praktisch, den Begriff
„Gesetzestechnik“ hier einleitungsweise wenigstens zu einem vor
läufigen Ausbau zu bringen.
Beim Worte „Gesetz“ wird hier an dasjenige gedacht, was
gemeinsam in den Zusammensetzungen: Strafgesetzbuch, bürger
liches Gesetzbuch, Handelsgesetzbuch, Lebensmittelgesetz u. s. w.
liegt. Dabei wird der konkrete Rechtszustand (die Summe aller
Rechtsanwendung) als gegeben angesehen, die gedanklich sprach
liche Fixierung des Rechtszustandes durch das Gesetz aber als
variabel. Die Gesetzestechnik kümmert sich nur uni diese Fixierung,
sie befaßt sich nicht mit dem Kraftinhalt der Gesetze. Um ihre
Lehren rein zu erhalten, um durch keine außerhalb ihres Gebietes
liegende Schwierigkeit behindert zu werden, geht sie von der
Fiktion aus, daß ein und dieselbe Person einen völlig bestimmten
Rechtszustand denke, wolle und gesetzlich fixiere. Sie stellt sich
erst vor der gesetzlichen Fixierung in den Dienst dieser Person.
So hütet sie sich vor jeder Einmischung in die Rechtspolitik und
in die Gesetzgebungspolitik, welch letztere es mit dem Umstande
zu tun hat, daß an dem Zustandekommen von Gesetzen eine
Mehrheit von Menschen beteiligt ist. In der Wirklichkeit freilich
treffen und verbinden sich immer die Lehren verschiedener Ge
biete, die Wissenschaft aber muß ihre Stärke in der Besonderung
suchen und bewahren.3) Die Gesetzestechnik hat also nur jene
ß Jellinek, Gesetz und Verordnung, Freiburg i. B. 1887, S. 226. Aehn-
lich: Bergbohm, Jurisprudenz und Rechtsphilosophie, Bd. I, Leipzig 1892, S. 40.
2) Sigwart, Logik, 8. Aufl., Tübingen 1904, Bd. I, S. 326: „Von dem Ge
sichtspunkte der logischen Vollendung ist endlich der der Zweckmäßigkeit der
Begriffsbildung zu trennen . . . .“
3) Tön nies, Sinn und Wert einer Wirtschaftsphilosophie, im Archiv für
Rechts- und Wirtschaftsphilosophie, Bd. I, 1907, S. 40.