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Full Text: Zeitschrift des Vereins für Volkskunde, 1.1891

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Bolle: 
die erste Stätte und der Ausgangspunkt der Westgermanen und zugleich 
für die Slaven das älteste bekannte Hervortreten ihrer volkstümlichen Sitten. 
Beide Nationalitäten stehen sich also an der Saale auf engem Raum 
von früher Zeit gegenüber und sind beide hier noch bis zur Gegenwart 
in ihren Nachkommen lebendig erhalten. Den Zwischenraum, der das 
Altertum von unserer heutigen Beobachtung trennt, sieht die Volkskunde 
nicht als eine völlig dunkle Kluft an. Wenn wir von den zerfallenen 
Dächern der Burgen an der Saale Strand singen, ist uns froh bewusst, dass 
die Zeit ihrer Blüte wie ein aufgeschlagenes Buch vor uns liegt, wenn 
wir darin nur lesen wollen. Und wenn der Pfad weiter zurück auch un¬ 
sicherer wird, er lockt uns immer höher hinauf. Gewisse Züge des Volks¬ 
charakters, der Sitte und der Lebensanschauung sind ebenso bleibend, wie 
die der Sprache und der Körpergestalt. 
Von diesen Spuren uns nichts entgehen zu lassen, ist unser Wunsch 
und unser Zweck. Wenden wir deshalb alle, darum bitten wir hier, unser 
Auge den Einzelheiten der thatsächlichen Erscheinungen zu, in denen der 
aufmerksame, liebevolle Beobachter glückliche Funde machen kann. Als 
Verein aber wollen wir ernstlich bemüht sein, für dieses mannichfaltige 
Sonderstreben lokaler Forschung das Verständnis des inneren Zusammen¬ 
hanges aufrecht zu erhalten. 
Die Eichenfrucht als menschliches Nahrungsmittel. 
Von Dr. Carl Bolle. 
Bei der grossen Neigung zum Paradoxen, welche unter den Gelehrten 
vorwaltet, erscheint als bemerkenswert, dass es in der Gegenwart unter 
ihnen nur einen gegeben hat, der die Angaben über das Eichelessen 
der Urvölker für fabelhaft zu erklären wagte. Gegenüber den so 
zahlreichen Zeugnissen, allein schon des Altertums, war dies ein etwas 
starkes Stück. Wer indes den Vorzug hatte, den vortrefflichen Botaniker 
und Dendrologen K. Koch, von dem obige Meinungsäusserung ausgegangen 
war, näher zu kennen und sich mit seinem Gedankengange vertraut zu 
machen, den wird das Gebahren desselben auch in diesem Falle nicht be¬ 
sonders wunder nehmen. 
Hat Professor Koch nicht etwa unter anderem unserem Erdteil die
	        
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