Der Tod in Sitte, Brauch und Glauben der Südslaven.
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Frauenzimmer. Darauf Koren: „Weisst du was, ioli hab's mir zugesagt,
class ich mit dem Erstbesten, der mir in den Weg kommt, diese drei
Mass Wein, die ich im Fässchen trage, gemeinschaftlich austrinken werde.
Ich besitze dir, Tschaperl (nebore), einen Weingarten, der wirft mir Jahr
aus Jahr ein hundert Eimer Wein ab, heuer aber bekomme ich dir, schau
her! bloss drei Mass. Gut, dass ich wenigstens noch die bekommen habe."
Das Weib entgegnete: „Mein lieber Koren, dich suche ich gerade. Mache
dich fertig, ich bin die Smrt. Bog hat mich auf dich losgeschickt; weil
ich dich aber nicht daheim angetroffen, bin ich dir entgegengegangen." —
5,Mache keine Dummheiten, Smrt! zuvor muss ich mein Versprechen ein¬
lösen, dann bin ich bereit; kannst machen mit mir, was dir beliebt".
Sagte es und reichte der Smrt das Fässchen hin. Die Smrt nahm das
Fässchen und that einen langen Schluck daraus, den Rest trank Koren aus.
Nun waren sie Beide ziemlich guter Dinge, und Koren sagte:
„Merkwürdig, das Spundloch ist so klein, und doch haben wir den Wein
so bald herausgekriegt. Horch mal Smrt! als Kind noch, es ist schon
freilich längere Zeit her, habe ich erzä~hlen gehört, du könntest dich so
dünn machen, dass du mit Leichtigkeit durch dieses Spundloch ins Fässchen
hineinschlüpfest. Alles glaub' ich gerne, doch so etwas ist doch nicht
möglich. Hab1 ich recht oder nicht?" — Entgegnete die Smrt: „Mein
lieber Koren, du hast wirklich nicht recht; denn ich kann mich wie ein
Strohhalm dünn machen und überall hineinschlüpfen". — „Na, sei so gut!
Probiert einmal, damit ich auch dieses Wunder vor meinem Hinscheiden
noch sehen könne".
Die Smrt verdünnte sich wie ein Strohhalm und schlüpfte durch das
Spundloch ins Fässchen hinein; im selben Augenblick aber spundete Koren
das Loch mit dem Stöpsel so fest als möglich zu und trat den Heimweg
an. Die Smrt begann ihn zu bitten und zu beschwören, er soll sie frei¬
lassen; sie werde ihm ja nichts tliun, sie wolle ihn sein Lebtag in Frieden
lassen, doch es half ihr nichts. Daheim stieg Koren auf den Boden und
hino- das Fässchen in den Rauch. Seiner Frau aber teilte er die Ge-
O
schichte mit und sagte ihr, sie möge reinen Mund halten.
So verstrichen volle sieben Jahre, dass sich die Smrt im Rauchfang
selchte. Bei Koren starb inzwischen keine Seele, so dass sich darob alle
AVeit bass verwunderte. Endlich wurde Koren bange, Gott (Bog) könnte
ihm den Streich übel nehmen und darum stieg Koren auf den Boden
hinauf und spundete das Fässchen auf. Die Smrt war schon ausgedörrt
wie ein Heuhalm. Flugs entwich sie aus ihrem Kerker und rannte
schleunigst davon.
Alsdann begann ein allgemeines Sterben, nur Koren und die Seinigen
blieben verschont. Da sagte Gott der Herr schliesslich zur Smrt, sie
solle auch Koren vom Leben scheiden; doch die Smrt mochte um keinen
Preis den Auftrag ausführen, weil sie sich vor Korens Listen fürchtete.