Bücheranzeigen. 229
Philo vom Walde: Die Dorf h exe. Bauernkomödie mit Gesang in drei
Akten. Mit einem Nachworte. Grossenliain und Leipzig, Baumert
und Ronge. (1891). 119 S. 8o.
Philo vom Walde, d. i. Johann Reinelt, ist als schlesischer Dichter (Aus der
Heemte. 1883. — A Schläsches Bilderbüchel. 1884. — A Singvägerle. 1886.
— Vagantenlieder. Hochdeutsche Lieder und Gedichte) so wie als Sammler und
Herausgeber Schlesischer Volksüberlieferungen (Schlesien in Sage und Brauch.
1884) vorteilhaft bekannt. Mit der vorliegenden Bauernkomödie hat er den Über¬
gang zur Bühne versucht. Wir haben hier keine ästhetische Kritik zu üben und
weisen daher nur darauf hin, dass die Dorfhexe für Gebräuche und Aberglauben,
eine gute Fundgrube ist und dass Denk- und Sprechweise des sChlesischen Land¬
volkes im nördlichen Vorlande des mährisch-schlesischen Grenzgebirges treu wieder¬
gegeben sind. Denn dass kleinere lautliche Eigenheiten zu Gunsten besserer Ver¬
ständlichkeit geopfert wurden, verschlägt nichts, indem hier keine Vorlage für die
jetzt auftauchenden Grammatiker einzelner Dörfer gegeben werden sollte. Ein
Dichter wird immer gut thun, das Allgemeine seines Dialekts geschickt zu be¬
nutzen, wenn er in demselben dichten will. So hatte K. v. Holtei mit Bewusst-
sein sich ein Schriftschlesisch gebildet, das echt-schlesisch ist und doch zugleich
in weiteren Kreisen verstanden ward. K. Weinhold.
A. de Cock. Volksgeneeskunde in Vlanderen. Gent, J. Vuylsteke.
1891. VII, 368 S. 8 o. (3 Mk.)
Für donjenigen, der sich mit der Entwicklung der wissenschaftlichen Begriffe
in den unteren Schichten der Gesellschaft beschäftigt, ist die Volksmedizin eins
der wichtigsten Fächer der Volkskunde. An ihn richtet sich die kürzlich er¬
schienene Volksgeneeskunde in Vlanderen von De Cock. Die Ausländer werden
bedauern, dass das Buch in einer wenig gelesenen Sprache verfasst ist, und wirk¬
lich ist diesmal der des Niederländischen Unkundige im Nachteil, denn dieses Buch
ist das wichtigste, welches bis jetzt über jenen Gegenstand vorhanden ist. Im
ganzen folgt es dem Plan von Fossels bekannter Arbeit, und da sich erwarten
lässt, dass der für Volksmedizin sich Interessierende dieses Buch zur Hand habe,
kann ich auf eine Inhaltsgabe hier verzichten. De Cock leistet aber mehr, er er¬
gründet den Gegenstand tiefer als seine Vorgänger, namentlich als Fossel und
Lamín e rt. Er versucht die Grundvorstellungen in der Volksmedizin zu erforschen,
und thut das vorzüglich auf historischem Wege. Einerseits vergleicht er die Volks¬
medizin in Flandern mit der der Nachbarvölker, namentlich der Wallonen und
Deutschen; andererseits sucht er nach der gemeinsamen Quelle; darum forscht er
in dem Animismus der sogenannten wilden Völker der Gegenwart. Er untersucht
ferner die Verbindung der Volksheilkunde mit dem Heiligenkultus, wobei manche
Verschiedenheiten je nach der Gegend hervortreten, sich aber im allgemeinen wichtige
Beobachtungen für die Volkslogik ergeben. Vielfach stammen die Heilmittel aus
der Pflanzenwelt, und hier hat De Cock nicht unterlassen, auch die alten Botaniker
auszubeuten.
Dieser Teil der Volkmedizin ist gewöhnlich nicht auf ein Volk beschränkt,