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Kirchner , Boite :
Kreuzen , Cypressen und Trauerweiden . — Darunter steht ( auf dem hier nicht reproduzierten unteren Drittel des Blattes ) eine auf das folgende Bild zielende Doppelstrophe :
9 . O Mensch liier spiegle Dich , D'rum folge Jesu Christ Da braucht's nicht viel Beweise , Und mühe Dich auf Erden Hier siehst Du , was Du bist , Dieweil Du lebst und bist ,
Nichts , als der Würmer Speise . Wie Du kannst selig werden .
Das Bild lässt einen Toten im offenen Sarge mit gefalteten Händen sehen ; der Sargdeckel liegt daneben . Darunter steht in kleinem Druck :
10 . Nun ist die Pracht dahin , Was ich war , bist Du nun !
Die Herrlichkeit war Staub , Sieh' , was Du bald wirst werden1 ) ;
Jetzt siehe , was ich bin , Der Tod ereilt auch Dich ,
Bin der Verwesung Raub . Auch Du wirst Staub und Erden .
Zu Seiten des Mittelfeldes schließen sich links und rechts zwei den stellungen des schmalen und des breiten Weges entsprechende Bilder an , welche die Freuden und die Qualen des Jenseits offenbaren . Links wird eine fromme Seele zu den Scharen der Seligen emporgetragen . Dazu der Text :
11 . Sieh da den Lohn , den die Treue verspricht ,
Die Seele erhebt sich zum ewigen Licht Getragen von Engel zum Throne des Herrn ,
Verlassend die Erde in ewiger Fern . —
Sie hör't schon den Jubel im himmlischen Chor ,
Und höher und höher noch schwebt sie empor ,
Sie bebt vor Entzücken , es nahet die Zeit ,
Da sieht sie ihn , dem sie ihr Leben geweiht .
Das Bild rechts zeigt einen Sünder , der vom Teufel ins Höllenfeuer geschleppt wird . Darunter die Erläuterung :
12 . Hinab , hinab in grundlos tiefes Dunkel ,
Hinab , hinab zum Flammenpfuhl - Gefunkel .
Zu ewiger Qual , die keine Reue lindert
Die keine Bitte , keine Thräne mindert ;
Wird hier die Seele , die von Gott sich wandte ,
Zu ihrem Schrecken und zu ihrer Schande
Von Teufelsklaun trauend hingerissen
Zu den Verdammten in den Pfuhl geschmissen .
Benshausen . Victor Kirchner .
Das Kinglet sprang entzwei .
In Eichendorffs stimmungsvollem und vielgesungenem Liede 'In einem kühlen Grunde' ( 1810 ) klingen uns die Zeilen
Sie hat mir Treu versprochen , Gab mir ein'n Ring dabei ,
Sie hat die Treu gebrochen , Mein Ringlein sprang entzwei
so vertraut und volksmässig , als stammten sie oder wenigstens der darin drückte Parallelismus zwischen der Untreue der Geliebten und dem Zerspringen des
1 ) [ Vgl . zu diesem oft wiederholten Gedanken die Parallelensammlung bei R . Köhler , Kleinere Schriften 2 , 27 und die oben 19 , 466 erwähnte Schrift von Künstle , Die Legende der drei Lebenden und der drei Toten . ]