sü^Länder -
Band XVI .
%
%
fr 16 .
Mit besonäerer ZerürlisicktiSung lter Anthropologie und Gt^noloqie .
yn
Verbindung mit Fachmännern und Künstlern herausgegeben von
Karl A n d r e e .
^tttlnötr Wöchentlich 2 Bogen . Halbjährlich 3 Thlr . Einzelne Nummern , soweit der Vorrath reicht , n 4 Sqr . 1869 *
Römische Bilder .
Von Franz Koppel .
II .
„ Auf Schritt und Tritt Ruine« , bei Tag und Nacht die Phantasie in den Katakoinben der Vergangenheit umherschwei - feit lassen , alle Tage Apollo von Belvedere , eapitolinische Venns oder Juno Ludovisi , — das geht nicht . Ich will auch das Treibe« der Gegenwart beobachten , Bauern , Tröd - ler , Inden sehen , ich will auf den Markt , wo lebende Leute sich tummeln , wo die menschliche «Stimme ertönt . Ich will jetzt auch einmal Volksscenen haben ! " So oder ähnlich äußert es sich manchmal im normalen Menschen , der längere Zeit in Rom zubringt ; uud in solcher Stimmung bin ich zu - weilen früh ani Wintertage , wenn an den Brunnen noch die Eiszapfen glänzten , über den Spanischen Platz gegangen , die Via bei Condotti hinunter und jenem Stadttheile zu , von wo so viele Küchen Roms ihren täglichen Bedarf erhalten . Es ist dies die jetzt am dichtesten bewohnte Region , die Mitte des alten Marsseldes , die Stadt zwischen Capi - tol uud Engelsburg . Dort vorzugsweise lebt und webt das heutige römische Volk .
Im Alterthume war dies kein eigentlich bewohntes tier , hier standen selbst zur Zeit der späteren Kaiser noch keine Jnsulae , — Miethcasernen im heutigen Sinne . Der ganze Campus Martius war eine ununterbrochene Reihe von öffentlichen Pracht - und Wunderbauten . Da stieß Tem - pel an Tempel ; von Thermen führteu Säulengänge zu Ther - meu , Theatern und großartigen Eircusräumen hinüber ; zwi - schen ihnen ragten riesige Grabmäler , wie das des Augustus oder des Hadrian ( heute Engelsburg ) , still und feierlich empor .
Globus XVI . Nr . 16 . ( December 1869 . )
Wie ganz das Gegentheil heute !
Hans an Haus , eine geschlossene Kettenreihe von Woh - nuttgcn , und so recht in der Mitte der größte und schönste Volksplatz Roms , die Piazza Navona , wo es am lautesten hergeht . Vou der alten Zeit ist nichts geblieben , als die ovale Form des Platzes . - — er bildete das Stadium des Domitian .
Wann es zerfallen , davon erzählen weder das „ Cnrio - sum " , noch die „ Mirabilien " der Stadt ; doch geht aus ihnen hervor , daß der Raum schon im zehnten Jahrhundert „ in Agonci " genannt wurde ( von Circus agonalis ) , schlechtweg , , 'n Agona " , und zuletzt Navona .
Ehe St . Aguese und der stattliche Häuserring sich erhob , lag der Platz irt idyllischer Stille und Vergessenheit und war , wie damals noch so mancher andere Bezirk innerhalb der Aurelianischen Mauer , ganz mit Kohl und Wein bepflanzt . Im später» Mittelalter führte man hier wie auf dem Monte Testaecio beliebte Volksspiele auf , die kostspieligsten zur Zeit des Carucvals . Alle Regionen der Stadt waren vertreten , jede führte einen bekränzten Stier herbei , den die Ritter vom Pferde herab bekämpften ; mit Lanzenspielen wechselten kämpfe und das in ganz Italien gebräuchliche „ correr il palio " , Rennen um den Preis eines Tuches . Pomp - hafte Maskenzüge mit mythologischen Darstellungen , aus denen nach und nach die dramatischen christlichen Rappre - sentazioni sich entwickelten , bildeten den Schluß .
Das Alles hat aufgehört , aber die Piazza Navona ist
31