M . I . Meißner : Volksaberglaube und syi
Gegen Flechten und Grind . — Der Kranke muß früh vor Sonnenaufgang bei abnehmendem Moude an ein fließendes Gewässer gehen , die kranke Stelle mit der Hand streichen und indem er sodann drei Kreuze Uber derselben schlägt , sprechen :
Guten Morgen , Wasserfluth ,
Hier bring' ich Dir meinen Schmerz und meine Nuth ( Noth ) , Schwemm sie in ein Ungerland ,
Schwemm sie in ein Körnchen Sand .
Im Namen Gottes n . s . w . f f f Auch wird von Manchem ein nasser Lappen auf die Flech - teu gelegt und solcher sodann einem Todten mit in das Grab gegeben .
Gegen Krämpfe ( Fräßeln ) der Kinder . — Man spricht :
Frau Fräße ! ging über den Mist ,
Da begegnet ihr der Herr Jesus Christ ;
„ Frau Fräßel , wo willst Du hin ? "
„ Ich will zu einem Kinde gehn ,
Ich will es stoßen und drücken ,
Ich will es kneipen und zwicken . "
„ Frau Fräßel , das sollst Du nicht thun ,
Du sollst das Kind lassen ruhn . "
Im Namen Gottes n . s . w . f f f Wenn Kinder beschrien sind . — Man stellt sich mit dem Kinde gegen die Morgensonne und spricht :
„ Es waren zwei böse Augen , die Dich übersahen , drei waren , die Dir das Gute widersprachen , sie haben Dir ge - nommen Deinen Schweiß , sie müssen Dir wiedergeben Dein Gewächse , Deinen Schlaf und Deine Ruh' , daß Du wieder nehmest zu . "
Im Namen Gottes u . s . w . f f Jst ein Kind „ aus den Tod beschrien " , so kann nur eine kluge Frau helfen . Man geht am Abend zu ihr , sie stellt verschiedene Fragen , holt dann einen Asch mit Wasser , in welches sie verschiedene Stückchen Holzkohle wirft . Endlich , nachdem sie das Schwimmen der letztern und ihr Untertau - chen beobachtet hat , sagt sie , das Kiud ist von einem Manne oder von einer Frau beschrien , es ist an der und der Stelle , und auf die und die Weife beschrien , und bestimmt die Stunde , in welcher das Kind zu ihr gebracht werden soll , oder sie zum Kinde kommt .
Sie nimmt das Kind in den Arm oder streicht es und spricht :
„ Zwei böse Augen haben Dich übersehen , drei böse Zun - gen haben Dich übersprochen , drei will ich Dir gewähren ; die sollen Dir wiedergeben Dein Essen und Trinken , Deinen Schlaf und Deine Ruh' , Deinen Saft und Deine Kraft und Deine _ ganze Eigenschaft . Hat es gethan ein Mann , so komm's ihm selber an ; hat es gethan ein Weib , so sall's in ihren Leib ; hat es gethan ein Knecht , so wird ihm ge - schehen recht ; hat es beschrien eine Magd oder Dirn' , so segne Dich Gott und das Himmelsgestirn . Bist Du be - schrien hinterwärts oder vorwärts , so helfe Dir der liebe Herr Jesus Christus , hinterwärts oder vorwärts , das zähl' ich Dir zu gut . "
Im Namen Gottes n . s . w . f
B . Für Thiere .
Gegen das Blutgeben der Kühe . — Mau holt drei weiße Kieselsteine aus einer Leicheupsorte , macht sie heiß , thut sie in ein Gefäß und gießt die Milch darauf , dann für 1 Pfennig Schwefel , 1 Pf . fchwarzen Küm - mel , 3 Pf . Teufelsdreck und Eberwurzel , läßt dieses drei Tage stehen in dem Stalle , und thut dann die drei Steine Globus XVII . Nr . 7 . ( März 1870 . )
»athetische Euren im Herzogthum Altenburg . 105
wieder in derselben Stunde dahin , wo man sie geholt hat . Alles im Namen : c . f f f Oder :
Am Pfingsttage vor Sonnenaufgang nimmt man ein weißes Töpfchen , das man gekauft hat , wie es geboten wurde , schöpft aus dem Milchseiher Milch damit , und thut ein hal - bes Loth Pfeffer hinein , bindet es mit dem Seihetuch zu und hängt es in die Feueresse . Alles im Namen : c . f f f Gegen geschwollene Euter . — Man spricht : Es gingen drei Frauen über den Berg Sinai , die erste sprach : „ Meine Kuh hat's heisch , " die andere : „ Es kann sein . " Die dritte : „ Es kann sein oder es ist , so hels' Dir der Name Jesus Christ . " f f f
Gegen Beinbrüche . — Beinbruch , ich segne Dich auf diesen heutigen Tag , daß Du wieder werdest gerad' , bis aus den neunten Tag , wie nun der liebe Gott , der Vater , wie nun der liebe Gott , der Sohn , wie nun Gott , der liebe heilige Geist , es haben mag , heilsam ist diese broch'ne Wuud' , sam ist diese Stund' , heilsam ist dieser Tag , da unser lieber Herr Jesus Christus geboren war ; jetzo nehm' ich diese Stnnd' , steh' über diese broch'ne Wund' , daß diese broch'ne Wund' nicht geschwell' , und nicht geschwär' , bis die Mutter Gottes ein andern Sohn gebähr . f f f
Wenn das Vieh bezaubert ist . — Mau spricht : „ Abt und Aebtin , Drach' und Drachin , Zauberer und Zau - berin , Du sollst stille stehu , Du sollst zu Gott , Deines Herrn Geboten gehn , Du sollst mir mein Vieh weiden im Stall , und auf dem Felde , auf der Heid' und Weid' , bis der heilige Ritter St . Georg vorüberreit' , das verbiete ich Dir bei dem lebendigen Gott , dazu helfe mir Gott ! " f f f
II . Verwandte abergläubische Gebräuche .
Die den sympathetischen Heilmitteln verwandten aber - glänbischen Gebräuche kommen znr Anwendung , um einen Nachtheil an Gesundheit oder Vermögen im Voraus abzu - wenden ( prophylaktische Sympathien ) .
Hierher gehört die ganz allgemeine Gewohnheit , Frei - tags keine Reise , kein neues Geschäft zu uuterneh - meu , nach einer Krankheit nicht an diesem Tage zuerst auszugehen .
Werden Kinder gelobt , so setzen die Eltern häufig hinzu „ unberufen " , damit die Kinder nicht beschrien werden . Da - mit letztere aber überhaupt nicht beschrien werden , wird ihnen manchmal , wenn gerade Gefahr vor dem Befchreien vorhau - den ist , dasHemd auf die verkehrte Seite angezogen .
Vieh wird vor dem Befchreien dnrch drei eingeschnittene , oder mit Kreide an die Stallthür gezeichnete Kreuze gesichert , welche regelmäßig vor der Walpurgisnacht erneuert werden .
Wenn im Frühling das erste Mal das Vieh nusge - trieben wird , kommt der Spruch vor :
„ Das liebe Vieh geht diesen Tag , und so manchen Tag , und das ganze Jahr über manchen Graben , ich hoff' und trau' , da begegneten ihm drei Knaben . Der erste ist Gott der Vater , der andere ist Gott der Sohn , der dritte ist Gott der heilige Geist , die behüten mir mein Vieh , sein Fleisch und Blut , und macht ein Ring um sein Vieh , und den Ring hat gemacht Mariane , ihr liebes Kind , und der Ring ist be - schlössen mit 77 Schlössern , daß behüt' mir Gott mein Vieh sein Blut , Milch und Fleisch , daß mir kein böser Mensch anschaue , keine böse Hand nicht angreis' , kein böser Wind anweh' , kein Thier beiß' , wie auch kein wildes Thier zerreiß' , kein Baum fällt , keine Wurzel stecke und kein Dieb nimmt , und wegführt im Anfange , das erste Mal fei geschlossen und das ganze Jahr mit f - j - - j - also fest beschlossen . "
14