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Full Text: Globus, 17.1870

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Hermann Vambery : Ein Blick auf Centralasien . 
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ob Sarten , Nomaden oder gut berittene Oezbegen , immer sind sie von den Russen schaarenweise in die Flucht gejagt worden , und der Emir , der zur Zeit meines Besuches mit der Idee umging , die ganze Welt unter sich und den Sul - tan in Rum theilen zu wollen , ist heute dem weißen Czaren tributpflichtig und zittert , wenn ein Diener des Dieners die - ses Czaren sich behufs Mahnung wegen der versäumten Einzahlung der Kriegscoutribution einfindet . Sic transit gloria mundi . 
Genug an dem . Die Russen können heute mit ziemlicher Sicherheit als die südliche Grenze ihrer Besitzungen das linke Ufer des Oxus annehmen , und stehen ungefähr 440 englische Meilen , welche eine selbst sehr schwer beladene Karavaue in 18 Tagen zurücklegen kann , von der nördlichsten Spitze der englischen Besitzungen in Indien entfernt . Wie . lange die russische« Waffen noch diesen Standpunkt behaupten werden , ohne sich in die Angelegenheiten Afghanistans zn mengen , ist eine Frage , deren Lösung schon der nächsten Zukunft an - heim fällt . Momentan wird es unsere Leser wohl ani mei - sten interessiren , zu wissen , erstens ob Rußland die Beein - trächtignng britischer Interessen in Indien wirklich im Schilde führt , zweitens , welche Mittel ihm zur Verwirklichung der - artiger Pläne zu Gebote stehen , drittens , was England noch thun kann , um der Gefahr einer Niederlage am Indus , mit welcher seine Stellung als Großmacht zu Grunde gehen würde , vorzubeugen ? 
Erstens . Führt Rußland wirklich die Beeinträchtigung britischer Interessen in Indien im Schilde ? 
In Petersburg sowohl als iu Calcutta antwortet man auf diese Frage bis jetzt mit einem entschiedenen Nein ; am ersten Orte , um mit bekannten diplomatischen Kunstgriffen das Vorhaben zn vermänteln ; am zweiten Orte , um durch Beseitigung eines jeden Argwohnes den Feind im Vorhinein zu entwaffnen . Daß sich jedoch die britischen Staatsmän - ner in einem Jrrthume befinden , das haben wir schon vor - hin dargelegt , denn Rußland hat wirklich ernste Pläne auf Indien , Pläne , welche in engem Zusammenhange mit seiner bis jetzt befolgten Politik in Centralasien stehen , schließlich Pläne , zu deren Ausführung es von den Umständen gezwnn - gen werden wird . Daß Rußland die unmittelbare Erobe - rnng Judiens im Schilde führe , oder daß es mit derartigen , von Peter dem Großen testamentarisch übernommenen Plä - nen über die Kirgisensteppe gegen den Oxus zu vorgedruu - gen sei , das wäre zu kühn zu behaupten . Wenigstens ist die Ausführung solch' einer traditionellen Politik heutzutage fast unmöglich ; doch die Sache ist ganz anders und dennoch ein - fach . Rußland , als eine europäisch angestrichene asiatische Macht , hat schon längst den Ausdehuuugsproceß begonnen . Durch Ehrgeiz und günstige Umstände wurde es von einem Schritte zum andern getrieben ; seine Eroberungslust und seinen Landhunger zu stillen , war uuter d . em Schutze einer despotischen Regierungsform die beste Möglichkeit vorhanden , und da es von der einen Eroberung zur andern , wenn auch nicht gezwungen , so doch geladen wurde , so wäre es doch schwer , heute behaupten zn wollen , daß die russischen Waffen nun am Oxus unbeweglich stehen bleiben werden , oder daß die russische Diplomatie an den Grenzen des nördlichen Afghanistans aus einmal jenes gebieterische Nonplusultra entdeckt haben würde , das sie von ihrem künftigen Vordrin - gen zurückschrecken könnte . So wie die britische Macht , von den südöstlichen Punkten Ostindiens , namentlich von den festen Orten Trichiuopoly , Dewi Cottah und Madras über das gigantische Festland Hindostans sich allmälig ausbreitend , heute iu den Besitz eines von mehr als 140 Millionen Men - sehen innehabenden Reiches gelangt ist , ja bei mehr diploma - tischer und militärischer Geschicklichkeit vielleicht schon jetzt am 
linken Oxususer stände ; ebenso ist Rußland vordringend über die Ruinen alter Tatarenreiche , unabhängiger Nomaden - stämme u . s . w . bis zum Oxus angelangt . 
Keine der rivalisirenden Mächte wird , von Mäßigkeits - gefühlen befeelt , innehalten , und das weitere Vordringen ist auch nur jener Macht möglich , die in Folge einer größern Wucht ihren Gegner zurückzudrängen vermag . Daß daher Rußland mit Beeinträchtigung britischer Interessen seinen Weg südwärts fortsetzen wird , ist kaum in Zweifel zu ziehen , und es wird dies um so eher thun , da von dem Erfolge an diesem Punkte auch das Gelingen des Vorhabens an einem andern Orte abhängt . Mit dem besten' Willen geht es schwer zu verheimlichen , daß die Politik des Hofes von St . Petersburg auch in Peking sehr oft den Stein des Anstoßes im englischen Einflüsse entdeckt ; sie ist in ihrem Vorhaben in Persien durch den britischen Gesandten gestört , und zur Erlangung des heiß ersehnten Konstantinopels verrammelt ihr doch unstreitig John Bull am meisten den Weg . Wo sich der Kamps der Rivalität auf einer folch ausgedehnten Linie entwickelt , da darf es nicht befremden , wenn an einem Punkte , wie in Mittelasien , wo die beiden Gegner bald Hand - gemein werden , die Wichtigkeit des Ausganges von einer der beiden Parteien übersehen werden wird . Ist es daher nicht die unmittelbare Besitznahme des alten Hindostans , die das Cabinet von St . Petersburg anstrebt , so ist es jedenfalls die unmittelbare Nachbarschaft mit den Gestaden des Indus und Ganges , wohin der nordische Coloß abzieht . Er weiß es , daß er hiermit der Achillesferse der britischen Macht nahe gekommen ist , und daß das Vortheilhafte dieser Stel - lnng ihm an anderen Punkten bedeutend zu Gute kommen kann . 
Welche Mittel stehen nun aber Rußland zur Verwirk - lichnng seiner Pläne gegenüber England zu Gebote ? 
Ohne auf die moralischen Bortheile hinzudeuten , mit welchen Rußland , das den Asiaten zn jeder Zeit mehr ge - wachsen war als Großbritanien , den Engländern gegenüber manövriren kann , will ich in erster Linie nur das allmälige Schwinden der Entfernung , dieses größten Feindes Ruß - lands , wie sich Kaiser Nikolaus auszudrücken pflegte , ansüh - ren . Der vor zwanzig Jahren und gewissermaßen auch noch heute phantastisch scheinende Plan auf eine russische Macht - ausdehnung bis zum Indus wird bald in den Bereich der sactischen Thatsachen gehören . Das erst in der Neuzeit projectirte und doch schon mit Riesenschritten seiner Vollen - dung entgegen nahende Eisenbahnnetz Rußlands scheint eben im südöstlichen Punkte des europäischen Czarenreiches die größte Lebenskraft zu entwickeln , dort , wo die Hauptcomnin - nicationsstraßen mit Mittelasien anzutreffen sind . Nicht zufrieden mit der natürlichen Wasserstraße auf der Wolga bis zum Kaspischen Meere , scheint die Bahn von Moskau nach Woronesch über Riasan und Koslov und von Woronesch bis Kamischni , welcher letztere Ort nur noch 450 Werst vom Kaspischen Meere entfernt ist , selbst die langwierigen Krümmungen dieses Flusses umgehen zu wollen , um desto leichter an fcne Ostküste des kaspischen Meeres zu gelangen , von wo aus in nächster Zeit , wie schon bemerkt worden , ent - weder eine Eisenbahn , oder , wenn dies nicht thunlich sein sollte , eine durch Vedetten und Forts geschützte Straße bis ins Herz Mittelasiens hinein geführt werden soll . Die größte Wahrscheinlichkeit hat die Durchschneidung des Pla - teaus Uestjort auf einer höchstens vierzig deutsche geogra - phische Meilen langen Strecke für sich . Vom Aralsee aus wird wahrscheinlich der Jaxartes die Hauptwasserstraße bil - den , und es wird gar nicht lange dauern , daß die russische Armee , die bis jetzt zu einem Marsche von Moskau nach Turkestan eine Zeit von 3 bis 4 Monaten nöthig hat , die - 
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