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Band xvii .
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Mit besonckerer HerürksiclltiZung iler Antkroyologie unÄ Gilinologie .
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Verbindung mit Fachmännern und Künstlern herausgegeben von Karl A n d r e e .
Äpl't ! Monatlich t Nummern . Halbjährlich 3 Thaler . Einzelne Nummern , soweit der Vorrath reicht , a 4 ©jjv . 1870 *
Aus Alfred Graildidier's Reisen im südlichen Indien .
ii .
Ein bestrafter Götze . — Madras und dessen Rhede . — Gaukler und Schlangenbeschwörer . — Zur Kennzeichnung der Bewohner des Dekhan . — Kleidertrachten . — Allerlei Sitten und Gebräuche . — Indische Sprachen . — Kaste und Kastengeist . — Eine Fahrt nach Kondscheweram . — Bayaderen als Sklavinnen der Gottheit . — Höfliche Brahminen .
Von Haiderabad und überhaupt aus dem Staate des Nizam führen verschiedene Straßen nach Madras an der Koromandelküste . Grandidier nahm den Weg über Karnul und Kaddapah , um die einst mit Recht hochberühmten Dia - mantengrnben am Flusse Pennar oder Pennair zu besuchen .
Bei Karnul sah der Reisende einen Tempel , der noch neu zu sein schien , aber das Standbild des Gottes , welchem er geweihet war , hatte man hinausgeworfen , und es lag nun unter freiem Himmel . Wie kamen die gewöhnlich so an - dächtigen Inder dazu , den armen Götzen auf eine so schnöde Weise zu behandeln ? Das Dorf , welches sich unter seinen Schutz gestellt halte , war nach eineni kurzen Zwischenräume zweimal abgebrannt , und daraus folgerte man , daß der Gott seine Schuldigkeit nicht gethan habe . Die Bauern verach - teten ihn deshalb und hatten ein Exempel statnirt , zu Nutz und Frommen anderer Götter . Aehnlich verfahren die Chri - sten in Neapel , die ja auch ihren Fetisch , welchen sie den heiligen Januarius nennen , dann und wann recht übel tractiren .
Bei Gatti und Kaddapah findet man einen Schlamm , welcher mit jenem , den der Kistnastrom während der Ueber - schwemmungen absetzt , große Ähnlichkeit hat . Diese lagerungen sind aus einem etwas lehmhaltigen Sande gebil - det ; in diesem findet man kleine Quarzstücke und edle Steine , nach denen aber jetzt Niemand mehr sucht . Die sogenannten
Globus XVII . Nr . Ii . ( April 1870 . )
Golkonda - Diamanten kommen aus verschiedenen anderen Gruben , deren nächste von Golkonda 25 deutsche Meilen entfernt liegt .
In der Umgegend von Kaddapah feierten die Bauern eine religiöse Ceremonie , um deu Rost zu entfernen , welcher ihre Aecker befallen hatte . Dieselbe bestand darin , daß sie eine Ziege opferten ; sie rissen aus dem Thiere die Eingeweide heraus , zerstückelten dieselben , thaten Asche und Blätter hin - zu und warfen dieses blutige Gemisch aus die Felder ; dabei riefen sie iu einem fort : Poli ! Poli !
Auf schlechtem Wege gelangte Grandidier nach Tri - petti und fuhr auf der Eisenbahn nach Madras . Diese große und wichtige Stadt ist an und für sich nicht besonders bemerkenswerth und hat keinen ausgeprägten eigenthümlichen Charakter - Sie hat keinen Hafen und die höchst gefährliche Rhede ist nie ohne gewaltige Brandung . Die Schiffe müssen weit vom Lande entfernt ankern / und man unterhält die Ber - biuduug mit der Stadt vermittelst der sogenannten Tsche - lingen , einer eigenthümlichen Art von Booten , deren Plan - ken nicht zusammengenagelt , sondern man kann sagen zu - sammengenäht sind , damit sie vermöge ihrer Elasticität bessere Dienste thnn , und wenn sie ans User geschleudert werden , nicht aus einander brechen . Solch eine Barke wird von zehn oder zwöls Mann gerudert , die durch lautes Schreien oder vielmehr Heulen einander ausmuntern ; der Mann am Steuer
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