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Band XXIV .
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J ? 19 .
lit besonderer Berücksichtigung der Antkroxologie und Gtknologie .
In
Verbindung mit Fachmännern und Künstlern herausgegeben von Karl Andree .
Braunschweig
Jährlich 2 Bände . Jeder Band enthält 24 Nummern . Monatlich 4 Nummern . Preis pro Band 3 Thlr . Einzelne Nummern 4 Sgr .
1873 .
In den Urwäldern des östlichen Peru .
in .
Eine gefährliche Nacht im Urwalde . — Zur Geschichte der Fieberrinde . — Unverständige Ausbeutung der Wälder .
Cascarilleros und ihre Arbeiten .
Die
Man war darüber einverstanden , daß Alles geschehen müsse um ein abermaliges Zusammentreffen mit den Wilden zu vermeiden , und die Bolivianer schlugen deshalb vor , am rechten Ufer des Cconi weiter zu ziehen , obwohl auf dem linken alle Anzeichen darauf hindeuteten , daß sie dort Werth - volle Cinchonas finden würden . Aber der Cconi war an je - ner Stelle sehr breit und schien auch tief zu sein ; wie sollte man hinüberkommen ? Die Rindenjäger erklärten sofort , daß sie ein Calla peo herstellen und damit alle Schwierigkeiten beseitigen würdest . Sie nahmen Beil und Haumesser zur Haud , einige Träger folgten ihnen und nach wenigen Stun - den kamen sie zurück , beladen mit Stämmen der Toroh ( Cecropia ) , die sehr leicht und schwammig sind , und mit ganzen Trachten von Schlingpflanzen . Rasch verfertigten sie ein Floß , das etwa 12 Fuß lang und halb so breit war und die Probe bestand . Zwei Bolivianer setzten sich in die Mitte , ihr Majordomo nahm seinen Platz an dem einen Ende und steuerte dieses Fahrzeug mit einer langen Stange . Das Callapeo machte die Fahrt hinüber , und auch Marcoy hatte sich demselben anvertraut . Er kam glücklich ans andere Ufer . Das Floß kehrte zurück und nahm dann acht Mann auf , aber diesmal war die Ueberfahrt nicht glücklich : die Stange , mit welcher das Fahrzeug gelenkt werden sollte , brach mitten im Strome ab und nun wurde dasselbe von dem reißenden Wasser weit abwärts getrieben . Die Zurück - gebliebenen erhoben ein lautes Geschrei , ebenso jene anf dem Flosse , und diese letzteren waren bald nicht mehr in Gesichts - Globus XXIV . Nr . 19 .
weite , sondern verschwanden hinter eiuem Vorsprunge . Mar - coy war in einer höchst bedenklichen Lage ; er befand sich ver - lassen und allein am Ufer , ohne Lebensmittel und Waffen , und der Abend brach herein . Pepe Garcia , der Dolmetscher , machte ihm vor Einbruch der Dunkelheit Zeichen , die er nicht verstand , aber erhörte noch die Worte : „ Geh den Strom ent - lang ! " In der Dunkelheit war das jedoch nicht möglich , und dem Verlassenen blieb nichts übrig , als ringsum Steine aufzuhäufen und inmitten derselben den Schlaf zu suchen , der vielfach Unterbrechungen erfuhr . In der Stille der lUacht waren die Stimmen der Lente am andern Ufer hörbar ; sie hatten ein Feuer angezündet uud sich ein Abendessen berei - tet ; sie konnten sich sättigen , Marcoy wurde vom Hunger ge - peinigt und ward mehrmals von Vampyren umschwirrt . Mor - gens , als eben die Sonne aufging , vernahmerein lang anhal - tendes Geschrei , das nach kurzer Unterbrechung wiederholt wnrde . Es klang menschlich , kam aus dem Walde und erst als es noch einige Male gehört wurde , überzeugte sich der Verlassene , daß es der Carpintero , dieser südamerikanische Spottvogel war , der ihn äffte .
Die Sonne stand noch nicht am Himmel , als wirk - liche Menschenstimmen hörbar wurden , spanische Laute . Die Ueberrafchuug war groß , als die Schiffbrüchigen aus dem Walde hervorkamen , und erzählten , daß sie wider Erwarten sich hatten retten können . Als die Stange abgebrochen war , empfahlen sich Alle ihren Schutzheiligen , die denn auch gnä - big waren und das Floß vor dem Zerschellen und dem Un -
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