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Full Text: Globus, 27.1875

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Band xxvii . 

M . 
Jo 14 . 
lit besonäerer Herücksirktigung äer Antkroxologie unä GttlnologLe . 
In 
Verbindung mit Fachmännern und Künstlern herausgegeben von 
Karl Andree . 
Braunschweig 
Jährlich 2 Bände . Jeder Band enthält 24 Nummern . Monatlich 4 Nummern . Preis pro Band 12 Mark . Einzelne Nummern 50 Pf . 
1875 . 
Von Trapezunt nach Erzerum . 
i . 
Gerade ein Vierteljahrhundert ist verflossen , seitdem Jakob Philipp Fallmerayer diese Hauptstadt der formte - nischen Kaiser besuchte und durch seine herrlichen Schil - deruugen der pontischen Regionen uns entzückte . Wir erinnern uns heute noch mit inniger Freude und Dankbar - keit des großen Gelehrten , der einen so anmuthigen und kernigen Stil schrieb , von Wärme und Pathos durchdrungen war , und meisterhaft warme Gemälde zu entwerfen verstand , die geradezu classisch sind . Wer sonst vermöchte es mit solchem Zauber den „ immergrünen Buschwald von Kolchis " uns anschaulich zu machen , die saftige Fülle eines üppigen Pflanzenwuchses , die beseligende Ruhe in dieser Hyläa , in welcher pontische Lüfte die Wohlgerüche der Blumen weithin verbreiten ? 
Fallmerayer erblickte , wir können sagen , sein Trapezunt vom Dampfer aus in Morgengrau verhüllt , weit über Felsenriffe , Schluchten , Berg und Thal hingebreitet , halb in Ephen - , Baum - und Weinlaubwald versteckt . Vor ihm er - hob sich die Stadt der Komnenen , ein anscheinend verworren und planlos über Klippen und Schluchten ausgegossenes Häusermeer mit seinen aus Baumdickicht hier und da heraus - blickenden grauen Zinnen , lieber diesem Trab isonda — es ist Schmelz und Melodie in diesem Namen — lag beim ersten Anblick etwas Geisterhaftes und melancholisch liches . Der Anblick der ärmlichen Hütten des von der Stadt durch steile Ufer und einen steinigen Höhenzug gesonderten Hafenviertels erzeugte eine gewisse Niedergeschlagenheit in 
Globus XXVII . Nr . 14 . ' 
der Stimmung ; von der Rhede aus waren die Ueberreste des alten Kaiserschlosses sichtbar , und ein Anstrich von Wild - heit und Ruin schien dieser Gegend des kolchischen Strandes anzuhaften . 
Vom Strand aus ersteigt man einen Höhenzug und ge - langt dann auf den Meid an , den Platz welcher diese per - sische Bezeichnung schon zur Zeit der Komnenen führte und wo damals wie noch heute die Karawanen ihre Waaren ab - oder aufluden . Die Straßen sind in der Regel eng , wenige Schritte breit , aber gut gepflastert und mit schmalen Seitenpfaden , Hochpfaden versehen ( — das alberne Wort Trotto ir d . h . Trottweg sollte man doch in Deutsch - land endlich wieder abschaffen — ) ; die Häuser haben zumeist nur ein Stockwerk und viele bestehen aus nur einem Erd - geschosse . In mancher Straße ragen über das Gemäuer nichts als braune Ziegeldächer und Schornsteine aus Schiefer - platten empor , hier und da auch ein byzantinisches Thürm - chen ohne Glocken , überall jedoch Baumwipfel , schlanke Cypressen , Feigenlaub , Epheu und Weinranken . Aber die Lage der Stadt selbst und das Wechselvolle ihrer Steil - abhänge , ihrer felsigen Borsprünge , ihrer Thaleinrisse und terrassenförmig ansteigenden Ebenen , ihre Schatten und die erquickend vom Pontus heraufwehenden Lüfte lassen den Ge - danken an die melancholische Einförmigkeit der trapezuu - tischen Architektur nicht lebendig werden . — 
Trapezunt war , trotz seiner vortheilhaften Handelslage in der Südostecke des Schwarzen Meeres , unter türkischer 
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