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Band XXXIY .
Mit besonckerer Derücksicktigung lter AntKropologie tnut Gtknologie .
Begründet von Karl Andree .
In Verbindung mit Fachmännern herausgegeben von Dr . Richard Kiepert .
Braunschweig
Jährlich 2 Bände ä 24 Nummern . Durch alle Buchhandlungen und Postanstalten 1 Q ^ Q zum Preise von 12 Mark pro Band zu beziehen . ^ ( *
Von Sir Forsytl / s Gesandtschaftsreise nach Kaschgar .
V .
4 . December . Auf der Strecke von Jarkand bisKasch - gar haben wir genau dieselbe Straße verfolgt wie Mr . Shaw im Jahre 1868 ; er hat dieselbe so gut beschrieben , daß wir nichts Besseres thun können als seinen Bericht hier zusammen - zufassen . Zuerst kreuzt man in westlicher Richtung das Thal von Jarkand in einem großen Theile seiner Gesammtaus - dehnung . Um die Richtung genau innezuhalten , folgt man den zahlreichen kleinen Moscheen unterwegs , welche in Tur - kestan stets nach Südwesten orientirt sind . Das Land in der Umgebung Jarkands ist außerordentlich bevölkert , stärker als die " fruchtbaren Districte im Pendschab . Nach drei Mei - len überschreitet man einen 12 bis 15 Meter breiten Fluß auf einer Brücke . Wieder drei Meilen weiter zeigen sich Sandhügel , welche von jetzt ausgetrockneten Wassern gebildet worden zu sein scheinen ; ihr einziger Rest ist ein Büchlein , das sich zwischen den Hügeln hindurchwindet . Dann folgt eine Salzebene , an deren Horizont sich die in nordsüdlicher Richtung verlaufende Wand des Pamir erhebt . Von hier aus gesehen verdient diese Erhebung ihren Beinamen „ Dach " oder besser „ Obere Terrasse der Welt " ( Bkm - i - duuja ) , den man ihr häufig giebt , nicht ; denn sie zeigt sich nur als eine lange , niedrige Linie , während die gewaltigen Berge weiter zurück liegen . Die Eingeborenen nennen das Gebirge ganz einfach den „ rothen Berg " . Orientalen sind , wie man weiß , zum Generalisiren nicht geneigt ; sie haben für jeden Gegen - stand im Besondern Namen , aber einer Gesammtheit eine Benennung zu geben scheint ihnen unnöthig und unnatürlich .
Etwa vier Meilen von dort erreicht man das große Dorf Kok - Robat , welches einen ziemlich wichtigen Markt und Bazar besitzt und außerdem ein sehr bequem zu bewohnendes
Globus XXXIV . Nr . 8 .
Haus , welches Mohammed - Jaknb sich als Raststation auf seinen Reisen erbaut hat . Aehnliche Wohnungen , Urda genannt , finden sich auf der ganzen Straße bis Kaschgar ; dieselben standen den Mitgliedern der Gesandtschaft als „ Gästen des Herrschers " zur Verfügung . Hinter Kok - Robat wird die Gegend öde und steinig ; zur Rechten zieht sich eine Art Dschengeln hin , welche bis Aksn reichen und voller wil - den Thiere , wie Tiger , Eber it . s . w . , stecken sollen . Unter - wegs stößt man auf eiu eiuzelues Serai' , neben welchem sich zwei Brunnen von etwa 100 Fuß Tiefe und eine Moschee befinden . Das alles hat der Emir errichten lassen , ein Be - weis , wie verständig er sein Land verwaltet . Etwas weiter - hin erhebt sich in der Wüste eine zerstörte Moschee neben einem ausgetrockneten Teiche . Dschingis - Chan soll dieselbe nach den Überlieferungen der Eingeborenen erbaut haben , als er zur Eroberung Turkestans auszog , und der Teich soll einer von jenen sein , welche er überall graben ließ , wenn er in der Wüste Halt machte . Das für fein Heer nöthige Wasser soll er auf Kamelen mitgeführt und wenn ein Lager aufgeschlagen wurde , sogleich einen Teich haben graben und mit jenem Wasser füllen lassen , um daraus Meuscheu und Thiere zu tränken . Sein Zelt , erzählen die Leute , war so groß , daß zehntausend Menschen darin Platz hatten ; dort empfing er auch ganze Heere von Gästen und ließ ihnen den Thee in Tassen aus Edelstein reichen .
Dann passirt man Kizil , ein ansehnliches Dorf ; es führt seinen Namen , welcher „ roth " bedeutet , von dem eisen - haltigen Boden und besitzt mehrere Schmelzöfen . Es folgt Toblok , in dessen Nähe zwischen den Eingeborenen und den Chinesen gekämpft wurde , als das Laud seine Unabhängigkeit
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