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Band XXXVII .
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Mit besonÄerer Berücksichtigung äer Anthropologie unÄ Gtlrnologie .
Begründet von Karl Andree .
In Verbindung mit Fachinännern herausgegeben von
vi - . Richard Kiepert .
SU ? 4 <t ' Jährlich 2 Bände ä 24 Nummern . Durch alle Buchhandlungen und Postanstalten 1 Q Q A
^rautt ] a ) tt ) etg zum Preise von 12 Mark pro Band zu beziehen . ^ ® öU»
Edouard Andres Reisen im nordwestlicheil Südamerika 1875 bis 1876 .
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Kurz vor Popayan nehmen gewöhnliche Pallisaden die Stelle der prächtigen lebendigen Hecken ein , und die Ans - ficht auf den Gebirgskranz ringsum wird frei . Auf einem Hügel zur Linken liegt vereinzelt zwischen Bäumen die kleine Belcn - Kirche ; den Hintergrund nach Osten zu bilden Hügel und Berge mit Weiden , und darüber die Kette der Anden , beherrscht von den Gipfeln der beiden Vulkane Purace und Sotara . In einem Bogen umfließt der Rio del Molino die Stadt , ehe er in das fruchtbare , angebaute Thal tritt , in welchem er sich mit dem Cauca vereinigt . Unmittelbar am Fuße der Stadt überschreitet man ihn auf einer neuen mehrbogigeu 1863 erbauten Brücke ; etwas weiter unterhalb steht noch die alte schmale zerfallene Brücke , dicht bedeckt von den rankenden Zweigen und violetten Blüthen einer Bigno - uiacee ( Tourretia lappacea ) . Von dieser Brücke steigt der Weg in die Stadt ziemlich steil au zwischen hohen stattlichen Häusern , deren oberes Stockwerk von Arkaden durchbrochen ist , und führt auf einen großen , mit Gras bewachsenen Platz , in dessen Mitte ein Brunnen steht , der , anstatt die Einwoh - ner zu erquicken , von allen Gassenjungen besudelt wird . Die eine Seite des großen Vierecks nehmen die großen Wand - flächen einer alten Kirche aus Backstein ein , was keineswegs das trübe Aussehen des Platzes mildert .
Popayan ( 2» 26'nördl . Br . , 79» 9' westl . L . Paris ) hat ein köstliches Klima ; die Temperatur schwankt zwischen 18» und 24» und hielt sich während Andres Anwesenheit gleichmäßig auf 18° . Mit Ausnahme der Regenzeiten , d . h . von März bis Mai und von Oktober bis December , ist der Himmel fast stets klar ; der Regen stellt sich meist in Gestalt von Ungewittern von sehr großer Heftigkeit , aber kurzer Dauer ein .
Globus XXXVII . Nr . 12 .
Die Stadt wurde im December 1538 von Belalcazar gegründet , als derselbe von Quito aus mit 200 Soldaten , 80 Pferden und 4000 Mann indianischer Hülfstruppen einen Zug uach Norden unternommen hatte . Er machte sie zum Stützpunkte seiner Eroberungen ; und in Folge ihrer Lage wurde sie der Schauplatz wichtiger Ereignisse in der Geschichte Neu - Granadas . Zwanzig Jahre nach ihrer Grün - dnng verlieh ihr der König von Spanien den damals viel beneideten Titel „ muy noble y muy lcal " und ein schild . 1547 machte sie Papst Paul III . zum Bischofssitz , und damals wurden ansehnliche Kirchen gebaut , so von den Jesuiten die Kathedrale mit ionischen Säulen und von den Fratres der Propaganda die Kirche San Francisco und an - dere . Durch die Fruchtbarkeit ihrer Umgebung und durch den Handel , den ihre Lage in der Mitte zwischen Qnito und dem untern Cauca begünstigte , blühte Popayan auf ; berühmt wurde sie durch ihre Universität , ihre Schulen und einzelne hervorragende Männer , welche dort geboren wurden , wie der Astronom ( Saidas , Humboldt's Zeitgenosse , und Mosquera , der Geograph , Geueral , Diktator und Präsident von Colom - bia . Aber unaufhörliche politische Unruhen haben die „ sehr edle und sehr loyale " Stadt tief heruntergebracht , so daß sie vor einigen Jahren nur uoch 7000 Einwohner zählte . Auch ist ihr der Vulkan Purace ein gefährlicher Nachbar . 1827 wurde sie durch ein Erdbeben zumTheil zerstört , und im Laufe des letzten Jahrhunderts hat man nicht weniger als 120 schreckliche Erdstöße gezählt .
Nachdem Andro am Tage nach seiner Ankunft , dem Ostersonntage , die wohlbekannten und oft beschriebenen Pro - cessionen und sonstigen Festlichkeiten angeschaut , that er sich näher in der Stadt um . Bon Interesse waren zwei Semi -
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