Mnst für Jättöer .
Band XXXVII .
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Js 15 .
Iii besonderer Herücksiclüigung Äer AntKroyologie unü Gtknologie . Begründet von Karl Andree .
In Verbindung mit Fachmännern herausgegeben von Dr . Richard Kiepert .
Braunschweig
Jährlich 2 Bände ä 24 Nummern . Durch alle Buchhandlungen und Postanstalten zum Preise von 12 Mark pro Band zu beziehen .
1880 .
Edouard Andres Reisen im
Die Aussicht vom Alto de la Cruz auf die Laguna Cocha * ) ist wahrhaft großartig . Ringsum lösten sich die Dünste , die sich fortgesetzt auf den Paramos ( so heißen die rauhen , unbewohnten Gebirgseiuödeu in 3000 bis 3500 in Höhe ) kondensireu , in seinen Regen auf , der im Glänze der Sonnenstrahlen in allen Farben schillerte und der krautartigen Vegetation eine unvergleichliche Frische verlieh . Zur Linken ragt der Kegel des Vulkans Bordoucillo oder Patascoi' in die Lüste , an dessen Abhängen der mächtige Zufluß des Ama - zonenstromes , der Putumayo oder Jga , seine Quellen hat . Gegen Süden aber zog sich zu den Füßen der Reisenden in seiner ganzen Länge der See hin , dessen Oberfläche durch die vereinte Wirkung von Licht und Schatten wie polirtes Stahl erglänzte ; dahinter erhoben sich höhere Berge , deren Faltungen die Schluchten verriethen , welche der Cocha Was - ser zuführen . Zur Linken erhebt sich die ganz bewaldete Insel Corot» aus den Fluthen , und fern im Westen ver - schwindet die Wasserfläche jenseit des vierten Landvorsprungs iin silbernen Dnnste .
Während die Gesellschaft in den schönen Ausblick sich versenkend ruhte , kamen auf dem steinigen Wege vom See her zwei Mocoas - ( oder Mocoanas - ) Indianerinnen herauf - gestiegen und machten Halt , erstaunt , daß sich Weiße in ihr Gebiet gewagt hatten . Sie waren nothdürftig mit einem Schurze um den Leib und einem hochkrämpigen Strohhute ,
i ) Laguna Cocha ist ein Pleonasmus , da Cocha in der Sprache aller Indianer dieser Gegend dasselbe bedeutet , wie Laguna im Spanischen . Andre schlägt statt des obigen , freilich eingewurzelten Namen vor , den See nach seiner größten Insel Laguna Corota zu nennen .
Globus XXXVII . Nr . 15 .
Südamerika 1875 bis 1876 .
wie sie in Pasto sabricirt werden , bekleidet . Der Pater Lazo fragte die jüngere von beiden in der Mocoa - Sprache aus und erfuhr , daß sie , wie ihre Mutter , das Geschäft einer carguadera betreibe , d . h . auf den früher beschriebenen ent - schlichen Wegen Lack , Sassaparille , Farbstoffe , Hängematten und andere Dinge nach Pasto trage , welche von ihren Lands - leuten der heißen Region gesammelt oder verfertigt werden . Auf alle Fragen des Padre , der sich anscheinend wenig schick - lich dabei benahm , antwortete sie mit weicher Stimme und hohem Respekt und vergaß nicht , ihm , ehe sie weiter ging , die Hand zu küssen . Andre hatte sie während dessen beob - achtet und von ihr folgende Beschreibung aufgezeichnet : ruß - braune , glänzende Farbe , abgestutzte , krumme Nase mit feiner Spitze , großer wohlgestalteter Mund , schräge Augen , halb - lange , dicke , straffe , schwarze glänzende Haare , die in zwei vollen Büscheln auf Ohren und Schultern herabfallen , volle fleischige Arme und Beine , zarte Extremitäten und sehr breite Schultern .
Auf zwei langen Stufenreihen , den escaleras grandes und chiquitas , steigt man vom Alto de la Cruz zum See hinunter ; kletternd , kriechend , gleitend legte die Gesellschaft die schlimme Strecke zurück und erreichte kurz vor Anbruch der Nacht vollständig ermattet das Nachtquartier , den Rancho de Casapamba , der ans einem Hügel etwa 100 in über dem Spiegel des Sees liegt . Es war kalt , die Reisenden waren bis auf die Haut durchnäßt und sehnten sich mehr nach dem wärmenden Feuer , als dem Abendessen . Als man sich aber ein wenig geruht hatte und Musterung hielt , fehlten nicht weniger als sechs ; vier davon waren nach An - gäbe der Peone verzweifelnd nach Pasto zurückgekehrt — aber
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