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Band xxxviii .
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Mit besonÄerer Berücksichtigung ller AntKroVologie ultt ? GtKnologie .
Begründet von Karl Andree .
In Verbindung mit Fachinännern herausgegeben von Dr . Richard Kiepert .
Jährlich 2 Bände 5 24 Nummern . Durch alle Buchhandlungen und Postanstalten iooa OraUnftfytDeig zum Preise von 12 Mark xro Band zu beziehen . loo ♦
Lucca u n d sei
( Nach dem Französischen des M . Henri ( Sämmtliche Abbildung
Fährt man auf der Eisenbahn von Florenz über Prato nach Lucca , so erblickt man unfern seines Zieles und bald hinter der Station Altopascio zur Linken , im Süden , den Wasserspiegel des Sees von B ientina , welcher den letzten Nest der Sümpfe darstellt , welche einst Arno und Serchio durch ihre Vereinigung bei Hochwasser gebildet haben . Noch um die Mitte des vorigen Jahrhunderts wurde dieses ganze schöne Thal von Sümpfen verpestet und die Einwohner vom Fieber decimirt . Zur Zeit des Hochwassers ergoß sich von Norden und Süden , von Serchio und Arno her gleichzeitig die Fluth iu den See und bildete dort ein wahres Binnen - meer . Man dämmte nun den Serchio und Arno ein , und geschickt angelegte Schleusen dienten dazu bald den Gewäs - fern des Bientina - Sees Absluß zu gewähren , bald denen jener beiden Flüsse den Zutritt zu verwehren . Aber die kleinen Bäche , die von den Pisaner Bergen Herabkommen , und die starken Winterregen , welche keinen Absluß mehr fanden , nachdem die Schleusen geschlossen waren , setzten nichtsdestoweniger einen Theil des Landes unter Wasser : 10 000 Hektaren fruchtbaren Bodens waren alljährlich mehrere Monate lang überschwemmt . Da entwarfen tos - kanische Ingenieure , Meister in der Wasserbaukunst , den Plan , dem Bientina - See Abfluß zu verschaffen , indem sie einen Tunnel unter dem Arno hindurch führten und ein ehe - maliges Strombett herrichteten , daß es den Ueberflnß des Sees direkt ins Meer leitete . Damit war der „ flüssige Fdnd " besiegt ; ohne mehr schaden zu können , wälzten sich Globus XXXVIII . Nr . 4 .
il e Umgebung .
Belle , französischen Konsuls in Florenz . ) m nach Photographien . )
nun die gelben Wogen des Arno zwischen hohen Dämmen hin , in einem Niveau , welches höher liegt , als das des Bien - tina - Sees . Toskana kann auf die Namen seiner großen Ingenieure , eines Fossombroni und Zendrini , welche ihm in nilblutigem Kampfe Provinzen gewannen , fast stolzer sein , als auf die seiner berühmtesten Kriegshelden .
Jenes so eroberte Thal hat den Beinamen „ der Garten Toskanas " erhalten ; „ Obstgarten " oder „ Baumgarten " wäre richtiger . Wohin man blickt , Gehänge von Weinreben , Bäche von - hohen Pappeln oder blühenden Hecken eingefaßt , weiße oder Hellroth angestrichene Häuser mit langen Bogen - gängen und ganze Dörfer im Grün verstreut , alte Kastelle und Kirchtürme auf den bewaldeten Hügeln und im Hinter - gründe von blauem Nebel umhüllten Felsenkännne der Apenninen , die acht Monate im Jahre mit Schnee bedeckt sind . Man meint , die Bewohner dieser entzückenden Land - schast müßten glücklich sein ; aber die Thatsachen entsprechen dem Anscheine nicht . Denn die Landleute hier sind nur Halbbauern oder Pachtmeier , d . h . sie bewirthschaftxn das Laud^ eines andern , der die Hälfte des Ertrages erhält , und die Pachtung ( il podere ) ist meist so klein , daß der Mann darauf kaum seine Nahrung findet , so unendliche Mühe und Sorgfalt er auch aus die Bewirthschaftuug des Bodens ver - wendet . Deshalb wandern viele nach auswärts und suchen sich lohnendere Arbeit ; zu zehn oder fünfzehn thnn sie sich zusammen , und wählen sich einen Anführer , dem es obliegt , gute Arbeit ausfindig zu machen , den Lohn einzuziehen und
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