Dr. A. Vollmer: Der Ausgang der Calvertschen Forschungsreise im Innern Australiens 1896/97. 113
Matte aus Tule und Cederrindenbast der Digger.
der Rauch nimmt sie nicht mehr mit sich. Die In
dianer haben Bogen, Pfeile, Häute, alles mögliche zu
schleppen (ins Jenseits). Dazu braucht man viel Mühe
und Zeit und wir wollen den Rückweg nicht mehr machen.“
Darum begrub man nun die Leichen.
Für das Begräbnis wurde der Leichnam, wenn er
noch biegsam war, in folgender "Weise zugericbtet. Die
Kniee wurden ihm an die Brust herangezogen und der
Kopf auf dieselben nieder gedrückt. Dann band man
den ganzen Körper mit Lederstreifen zu einer möglichst
kleinen Kugel zusammen und hüllte ihn in Häute, dann
begrub man ihn mit dem Gesichte nach oben in einem
runden Loche. Mitgegeben wurden dem Verstorbenen
seine Waffen und Geräte und als die Indianer Pferde
kennen gelernt, erschofs man diese auf dem Grabe ihres
Herrn. Jetzt begraben die Digger ihre Leichen, wie es
die Weifsen thun. Ein eigentlicher Grabhügel wird nicht
errichtet, doch wirft man einige Steine auf das Grab.
Es gab verschiedene Trauergebräuche
unter den Diggern, unter denen diejenigen
der Witwen oder der Mutter, die ein Kind
verlor, die eigentümlichsten sind. Die
Trauernde sengte sich das Haar vom Kopfe
ab und vermischte die Asche mit Kohle
und Pech. Diese Mischung strich sie auf
Kinn, Wangen und Stirn, wo sie wochen
lang sitzen blieb. Trauergeheul fand zur
Zeit, als noch die Verbrennung der Leichen
üblich war, allgemein statt. Früh vor
Sonnenaufgang heulten die Trauernden
gegen das aufgehende Tagesgestirn und
kehrten bei den ersten Strahlen desselben
ruhig heim ; kurz vor Untergang der Sonne
heulten sie diese an, bis sie unterging.
Der Stamm der Maidu oder Digger steht nahe vor
seinem Aussterben. Die jüngei’en haben sich mit anderen
Indianerstämmen und Rassen vermischt und nehmen
deren Sitten und Gebräuche an. Im Sacramentothale
leben heute noch etwa 150 Digger und von diesen ist
nur der zehnte Teil reinblütig.
Etwas besser für die Indianer lagen die Dinge in
Plumas-County, einem bergigen Distrikte, in den noch
wenig Weifse vorgedrungen sind und wo der Digger
mehr seiner alten Lebensweise nachgehen kann. Hier
haben sie sich auch in den letzten Jahren sogar etwas
vermehrt, wohl eine Folge dessen, dafs sie ein gesun
deres oder regelmäßigeres Leben führen, da sie ordent
liche Kleider, gute Häuser und genügende Nahrung
besitzen. An Unterricht fehlt es nicht. Leicht lernen
sie lesen, schreiben und zeichnen. Auch scheinen sie
das Christentum gut anzunehmen. (Auszug aus Science
Monthly, Dezember 1896.)
Der Ausgang der Calvertschen Forschungsreise im Innern
Australiens 1896/97.
Von Dr. A. Vollmer.
Im vorigen Jahre rüstete A. F. Calvert in Perth eine
Expedition unter Führung von L. A. Wells aus. Sie bestand
aus 5 Europäern, unter denen der Vetter des Führers, Charles
Wells, ein erfahrener Buschmann, und ein junger Geologe,
Georg L. Johns, waren, verschiedenen Schwarzen und Afghanen
zur Pflege der 18 Kamele; sie hatte die Aufgabe, die drei
Routen von J. Forrest (1874), Warburton (1873/74), Giles
(1875/76) in nordöstlicher Richtung von Süden nach Norden
zu durchkreuzen. Mitte November 1896 kam Wells mit der
Hälfte der Expedition in der Gegend des Fitzroyflusses an.
Unterwegs hatte man sich getrennt, da Charles Wells und
Johns mit einem Schwarzen und drei Kamelen einen west
lichen Abstecher unternahm und sich bei Joanna Springs
mit den anderen wieder treffen wollte. Da beide Parteien
aber Joanna Springs nicht erreichten, Wells wegen der furcht
baren Hitze und des grofsen Wassermangels schleunigst vor
wärts eilen mufste, so trafen sie nicht wieder zusammen, und
als er nun ohne seine Freunde am Fitzroyflusse herauskam,
war es seine wichtigste Aufgabe, den Zurückgebliebenen zu
Hülfe zu eilen und sie aufzusuchen. (Siehe Globus, Bd. 71,
S. 176.) Nachdem verschiedene Versuche im Anfänge dieses
Jahres fehlschlugen, wurden endlich im Mai die Leichen der
beiden Zurückgebliebenen in der endlosen Wüste aufgefunden,
worüber einige Telegramme Näheres mitteilten.
Im Mai telegraphierte Herr L. A. Wells aus Derby in
Westaustralien: Die Gesellschaft befindet sich wohl, und
das Aufsuchen war teilweise erfolgreich, aber ungenügend.
Wir verliefsen am 30. März die Gregoi’ystation mit dem
Naturforscher Keartland, Trainor,Bejah und zwei Eingeborenen,
Wandy und Dick, ferner einem Eingeborenen Peter, der einen
früher telegraphierten Bericht nach Gregory brachte. Wir
reisten den Nerima Creek aufwärts nach Mt. Ai'thur und
weiter 50 Meilen in südöstlicher Richtung. Peter fand hier
einige Eingeborene, die die Wahrheit des früheren Berichtes
leugneten und nur von Wells früheren Zügen durch ihr Land
wissen wollten. Ich bewog mit Peters Hülfe zwei derselben,
mit zu kommen zum nächsten Kammarastamme. Sie fürchteten
ihr Land zu verlassen, doch versprach ich ihnen je ein Beil,
wenn sie mir einen Kammaraschwarzen verschafften, und
zugleich jeden Kammaraschwarzen zu fesseln oder zu schiefsen,
den wir fänden, da ich nur die weifsen Männer finden
wollte.
Wir fragten andere Eingeborene, die wir trafen, die aber
offenbar nichts von den Weifsen wufsten. Am 18. April mufste
ich die Kamele an einer Quelle ruhen lassen und vier Ein
geborene kamen an. Ich sah, dafs einer von ihnen ein
Kleidungsstück um den Leib trug, das ich als zu meines
Vetters Hose gehörig erkannte, nahm es und einer von ihnen
sagte: „Todt, Weifser“, und wies dabei nach Südwesten. Ich
fragte sie, ob einer tot sei und sie verbesserten mich, indem
sie sagten „zwei tot“, wiederholten das oft und wiesen nach
Südwesten. Auch versuchten sie zu erklären, dafs nur
Knochen da seien, nichts von den Leibern übrig sei. Keart
land gab ihnen ein Tuch für das Zeug, keiner konnte ein
Wort Englisch. Abends wollten zwei Kammaraleute mich
zu den Toten führen, ich gab daher den beiden anderen ein
Beil und ein Messer und schickte, wie sonst, alle aus dem
Lager, mit der Aufforderung, morgens wieder zu kommen.
Am 11. April fand ich, dafs alle nachts weggelaufen waren
und hörte nichts mehr von ihnen, so dafs ich argwöhnisch
wurde, sie fürchteten sich, mir die Stelle zu zeigen. Am 12.
April zog ich in der gewiesenen Richtung 17 Meilen weit,
am 13. noch 9 Meilen weiter, indem ich über meine Wegspur
vom Oktober kam, ohne weiteres zu bemerken. —
Dann änderte ich meinen Kurs in südöstl. Richtung und
traf nach 8 Meilen eine frische Eingeborenenspur. Vier bis