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Bücherschau,
Bücher
Gregor Kupczanko: Nasza rodyna (Unser Stamm). Wien,
1897. 8°. S. 236. Selbstverlag.
Kupczanko hat sich um die Ethnographie der Ruthenen
schon manche Verdienste erworben. In der vorliegenden
Schrift bietet er aufser einer allgemeinen Betrachtung der
Slaven, ihrer Verbreitung, Sprache u. s. w. vorzüglich eine
übersichtliche Darstellung der Ruthenen in Österreich. Nach
den Wohnsitzen dieses Bevölkerungselementes gliedert er
seine Ausführungen in drei Teile : Im ersten behandelt er die
Ruthenen in der Bukowina, im zweiten in Galizien, im dritten
endlich die ruthenische Bevölkerung Nordungarns. Der Ver
fasser bietet nicht nur ethnographische Darstellungen, sondern
er behandelt auch die Geschichte der Ruthenen in den ge
nannten Gebieten, schildert deren Ausdehnung, ihre socialen
Verhältnisse u. s. w. Da die Schrift für das Volk berechnet
ist, so ergiebt es sich von selbst, dafs dieselbe sich in be
scheidenen Kreisen bewegen mufs, vieles erwähnt und erzählt,
was wissenschaftlich von geringerer Bedeutung ist, anderseits
manches nicht bringt und nicht bringen kann, was für den
Ethnographen von hohem Werte wäre. Seiner Schilderung
hat der Verfasser zahlreiche Kärtchen und Abbildungen bei
gegeben; von den letzteren sind die nach Photographieen
angefertigten sehr wertvoll. Weniger kann dies von den nach
Zeichnungen hergestellten gelten ; so wird man z. B. den
rusnakischen Bauernhof auf S. 89 als völlig mifsglückt be
zeichnen müssen ; namentlich ist das Haus zu seiner Länge
viel zu hoch gehalten, ebenso sind die Wände im Verhält
nisse zum Dach zu hoch ; die Fenster sind zu grofs u. s. w.
Man vergleiche die Abbildungen von rusnakischen Häusern,
welche der „Globus“ Bd. 71, Nr. 9 gebracht hat. Erfreulich
ist es, dafs der Verfasser in Übereinstimmung mit meinen
Ausführungen in der eben citierten Nummer dieser Zeit
schrift ebenfalls hervorhebt, dafs die ruthenischen Bewohner
des Flachlandes sich vorzüglich Rusnaken nennen. Er
betont dies insbesondere bezüglich der Bukowiner Ruthenen
(S. 69), doch gilt dies meiner vielfältigen Erfahrung nach
auch von den galizischen, was übrigens nicht anders sein
kann, weil die Bukowiner Rusnaken zumeist aus Galizien
kamen und von dort den Namen mitbrachten. Wenn in
Galizien jetzt der Name „Rusyn“ gröfsere Verbreitung
findet (S. 136), so ist er ganz offenbar auf litterarischem Wege
in die weiteren Schichten gedrungen ; volkstümlich ist auch
dort nur die Bezeichnung „Rusnak“.
Czernowitz. R. F. Kaindl.
The voyages made by the Sieur D. B. to the Islands
Dauphine or Madagascar and Bourbon orMasca-
renne in the years 1 669/70, 167 1/72. Translated
and edited by Captain Pasfield Oliver. With Facsimile
Maps and Illustrations. London, David Nutt, 1897.
Bereits im Jahre 1674 erschien in französischer Sprache
bei Claude Barbin in Paris ein Werk „Voyage à Madagas
car . . . . dessen Verfasser, Dubois, im Jahre 1669 an
Bord der St. Paul, eines Schiffes der im Jahre 1664 unter
dem Protektorat von Ludwig XIV. begründeten französisch
ostindischen Kompanie, nach Madagaskar ging, um dort am
Sitz des Vicekönigs, in Fort Dauphin, eine Anstellung anzu
nehmen. Es ist die englische Übersetzung dieses Werkes,
die Oliver veranlafst hat. Zwar sind es nicht die Beziehungen
zu Madagaskar, die Sieur Dubois’ kleines Buch — in der
französischen Originalausgabe in Duodezformat sehr selten —
in einer englischen Übersetzung jetzt herauszugeben ver
anlassen, vielmehr ist es sein Bericht über die merkwürdige
Fauna der gröfsten Maskareneninsel Réunion, die jetzt zum
gröfsten Teil ausgestorben ist, die ein Bekanntwerden des
Buches in weiteren Kreisen rechtfertigen. Dubois war von
Madagaskar, wo er sehr vom Klimafieber gelitten zu haben
scheint, nach Réunion geschafft, um seine Gesundheit wieder her
zustellen. Die Insel, welche nacheinander die Namen Sta. Appol-
linia,Mascarenhas, Mascareigne oder Mascarenne, Bourbon und
Bonaparte geführt hat und jetzt Réunion lieifst, ist bekannt
lich die gröfste und bei weitem höchste der Maskarenen, die
zu Beginn des 16. Jahrhunderts von den Portugiesen entdeckt
worden waren. Jede der Inseln hatte ihre eigene eigenartige
Fauna, die meistens aus Arten bestand, die anderswo nicht
vorkamen, als die Holländer gegen Ende des genannten
Jahrhunderts als erste in Mauritius landeten. Sie fanden
die Insel von grofsen Schildkröten und fremdartigen Vögeln
bewohnt, unter denen eine Art so widerlich aussah, dafs man
sie „W alghvogels“ nannte. Einige Jahre später besuchten
andere Holländer die Insel und nannten die Vögel D o d a -
schau.
arsen, spätere Besucher nannten sie Dronten. Bilder
dieser merkwürdigen Geschöpfe, von denen eins auch lebend
nach Holland gebracht sein soll, wurden bald in Europa be
kannt, und hier wurde der Vogel mit dem Namen Dodo
bezeichnet. Linné, zu dessen Lebzeiten der Vogel bereits
ausgestorben war, nannte ihn Didus ineptus. — Dubois
erwähnt in seinem Werk auch einen zweiten kurzflügligen
Vogel, doch scheint von demselben keine Spur in irgend
einer Sammlung erhalten zu sein. Auch über die anderen
Landvögel giebt Dubois in seinem Buch eingehenden Bericht.
Unter anderen spricht er von „Huppes ou Callendres“, wor
unter er augenscheinlich den merkwürdigen Fregilupus
meint, der 1837 zum letztenmal in Gavane (Mauritius) er
legt wurde. —
Von anderen Vögeln, die Dubois kenntlich beschreibt, sind
jetzt bereits ausgestorben: Palaeornis eques, Mascarinus du-
boisi, Fondia bruante. — Oliver giebt nun, soweit dies
möglich ist, von den ausgestorbenen Vögeln Abbildungen,
und macht in einer Einleitung belangreiche Mitteilungen über
die älteren Besucher der Maskarenen und die darüber vor
handene Litteratur. In einer dieser Einleitung vorangehenden
Bibliographie hat auch die neueste Litteratur über Madagas
kar und Réunion Platz gefunden. — Die Übersetzung der
Reisebeschreibung Dubois umfafst 106 Seiten ; durch zahl
reiche Bilder nach Photographieen neuerer Reisender hat
Oliver dieselbe illustriert.
Den Schlufs bilden eine Reihe von Anmerkungen und
Erklärungen, die wesentlich zum Verständnis des Textes bei
tragen, sowie sechs Anhänge, die Auszüge aus wissenschaft
lichen Zeitschriften über die ausgestorbenen Vögel von Réunion
enthalten.
Für diejenigen Naturforscher, die sich mit der Fauna
der Maskarenen beschäftigen wollen, wix-d Olivei-s Ausgabe
von Dubois’ Reisen ein praktisches Hülfsmittel bilden. Einen
Abdruck des rein ornithologisclien Teils des Werkes batte
übrigens schon im Jahre 1866 Milne - Edwards in den
Annales des Sciences Naturelles veranlafst.
Grabowsky.
Prof. Dr. A. Nehring: Über Herberstain und Hirs-
fogel. Beiträge zur Kenntnis ihi-es Lebens und ihrer
Werke. Mit 10 Abbild. Berlin, Ferd. Dümmler, 1897.
Schon vor zehn Jahren begann Herr Professor Nehring
sich eingehend mit der Frage über das Zusammenleben des
Urstiers mit dem Menschen zu beschäftigen und er hat diese
dann mit allem, was daran hängt, in zahlreichen Abhand
lungen weiter verfolgt und so aufgeklärt, wie es bei den vor
handenen Quellen möglich war. Die Beziehungen des Urs
zum Wisent und die Abstammung unseres Hausrindes wurden
erörtert und durch schlagende Beweise festgestellt, dafs noch
im Beginne der Neuzeit der Ur neben dem Menschen lebte.
Aber diese zoologischen Arbeiten führten den Verfasser weiter
und bei dem reichen Quellenmaterial, welches er erschlofs,
wurde er zu Nachforschungen über Sigmund v. Herber
stain geführt, den berühmten Kraiuer Edelmann, dem die
Erdkunde des beginnenden 16. Jahrhunderts zu grofsem Dank
vei’pflichtet ist. Seine zwei Reisen nach Rufsland und seine Karte
von Rufsland brachten wesentliche Bereicherungen unserer
Kenntnis des europäischen Ostens, so dafs Herberstain in der
Geschichte der Geographie einen ehrenvollen Platz eiunimmt.
Nehring bringt aus seinem reichen Stoffe eine Menge neue
Daten über Herberstain bei, lichtet dunkle Punkte in dessen
Leben auf und wendet sich dann dessen Illustrator, dem
Nürnbei’ger Hirsfogel zu, über den (der auch Karten stach)
gleichfalls neue Gesichtspunkte gewonnen werden. Das mit
vieler Liebe gearbeitete kleine Werk ist für den Kultur
geschichtsschreiber, den Geographen und Zoologen in gleichem
Mafse anziehend und wertvoll.
Dr. Christian Kittier: Über die geographische Vei-breitung
und Natur der Erdpyramiden. München, Theodor Acker
mann, 1897.
Im ersten, gröfseren Teil (S. 3 bis 41) der vorliegenden
Arbeit zählt der Verfasser die einzelnen Gebiete auf, in denen
Erdpyramiden Vorkommen, und hebt jedesmal die charak
teristischen Momente hervor, welche für das Auftreten der
selben notwendige Vorbedingung sind. In Europa sind es in
erster Linie gewisse Gegenden der Alpen und bestimmte Re
gionen der Karpaten und Pyrenäen, in der man die Er
scheinung antrifft. Sie findet sich aber auch im westlichen
Nordamerika, Südamerika und in einzelnen Teilen Afrikas}(nahe