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Dr. J. Früh: Morphologie von Java.
)
von Flufssystemen erwarten lassen. In der That spiegelt
sich in der Flufskarte die Vulkankarte wieder durch
die zahlreichen Radspeichensysteme. Allein auch hier
haben die Flüsse ihre Geschichte. Sie bestanden mit
der Faltung des Tertiärs, also mit der Entstehung der
Kegel und es entwickelte sich ein Wettkampf zwischen
Aufschüttung einerseits, Abtragung und Verfrachtung
anderseits. Wo die erstere überwog, machen die
Flüsse grofse, der Peripherie der Kegelbasis angepafste
Kurven. Nur die Geschichte läfst verstehen, dafs Javas
Hauptwasserscheide wesentlich westöstlich
verläuft und der Südküste genähert ist. Es
werden nämlich 1,7 Proz. des Areals nach 0, 2,1 Proz.
nach W, 32,9 Proz. nach S und 63,3 Proz. nach N ent
wässert (1. Band, S. 6). Schiffbar sind Oudioung, Sa-
dane, Taroum, Manouk, Tamoui, Seraion, Solo.
IV. Formen des Quartärs. Es nimmt ein volles
Drittel der Insel ein und bildet ausgedehnte und frucht
bare Ebenen, die vorherrschend aus vulkanischem, ver
frachtetem Material bestehen. Zu einem grofsen Teil ist
es Meeresablagerung (marine Muscheln in Brunnenboh
rungen bei Batavia in 6 m Tiefe, noch tiefer in Semarang),
zum kleineren fluviatilen Ursprungs, durch Obstruktion
von Flüssen und dergl. veranlafst. Als ehemalige Süss
wasserbecken erweisen sich die oft von grofsen Savannen
des Alang-Alang eingenommenen Flächen von Bandoung,
680 m, das gröfste Plateau der Insel, vom Tarom entwässert,
dann Garout, Soummedang, Ebene südlich Talaga, ferner
Banioumas (Thal des Seraion) und Ambarawa. Alles
Quartär ist gehoben, zum Teil, wie zwischen Batavia
und Krawang nachweisbar, auf etwa 10 m (2. Band,
S. 1024). Die Hebung dauerte auch noch in recenter
Zeit an, wie aus den 1 bis 2 m über die Flutlinie
ragenden Koralleninseln zu schliefsen ist (Karimon,
westlich Mourriah, nordwestlich Batavia, westlich Wijn-
koopsbai). Innerhalb der quartären Ebenen liegen die
Gas-, Salz-, Petroleum- und Jodbrunnen, sowie
die sogenannten „Schlammvulkane“, besonders öst
lich Semarang auf einer Strecke von etwa 80 km. Die
letzteren sind nichts anderes als kalte bis laue Quellen
mit Gas, welche aus tertiären Mergeln stammen. Die
Hügel sind 5 bis 6 bis 13 m hoch. Das Wasser ist
reich an Kochsalz. Wo ein Schlammkegel fehlt, spricht
man einfach von einem Zoutbronn (Salzbrunnen). Es
sind kreisförmige Löcher mitten in ungemein flachen,
bei trockener Witterung polyedrisch gefelderten Schlamm
ebenen (1. Band, Lichtdruck 15). In Kuwn (Semarang)
gewann man 1890 etwa 17 539 picols Salz ä 61,7 kg.
B. Die Küsten.
Die Entwickelung der Küstenformen wird durch
einen Vergleich von Madura und Java sofort klar ge
legt. Dort vorherrschend glatte Steilküsten und abge
trennte Inseln, auf Verwerfungslinien zurückführbar.
Hier ausgedehnte, glatte Flachküsten und fast keine
Inseln. Dort keine Vulkane und nur kleine Flüsse, hier
enormer Reichtum an Tuffen und grofse Ströme! Sicher
war Java ursprünglich vom Typus von Madura. Noch
sind einzelne Küstenstrecken so erhalten und da, wo
Steilküste und Meer von Flüssen nicht gestört wurden,
wie an der Südküste östlich 130°, sind widerstands
fähige miocäne Kalke und Andesite eng gebuchtet. Im
übrigen ist der Umrifs der Insel durch quartäre und
alluviale Aufschüttungen mächtig umgestaltet worden.
Das Kartenbild von Java gleicht zwei aneinander ge
reihten Keulen. Noch zur Quartärzeit sah es anders
aus. Kap St. Nikolaus wird durch einen 33 km breiten,
recenten und verlandeten Vulkan Gede gebildet. Die enorme
Vulkangruppe südlich davon mit dem 1778 m hohen
Karang ist von quartärem und alluvialem Schwemmland
umgeben, ebenso Mourriah westlich und Lasern östlich
der Stadt Rembang, die NW-Ecke der östlichen Keule,
ferner der Ringguit. Es bestanden also aufgeschüttete
Inseln. Die SW-Spitze und SO-Spitze von Java sind
verlandete tertiäre Eilande und rechts von der Solo
mündung steckt im Delta eine pliocäne Insel. Die ver
bindenden blauen Thone mit Magneteisenkörnern sind
vulkanischen Ursprunges und verfrachtete Materialien.
Die Küsten sind ausgeglichen. Durch eine Senkung von
100 m würden zahlreiche, scheinbar quai’tären Ebenen
aufgesetzte Vulkane in einen Archipel verwandelt.
Zwischen Kap St. Nikolaus und Cheribon (Tscheribon)
besteht ein 300 km langes und stellenweise 45 km
breites Schwemmland mit zahlreichen vorspringenden
Deltas des Pontong, Liwong, Tarom, Manok. Hier
dominiert die fluviatile Aufschüttung. Es ist eine pota-
mogene Flachküste. Die Ursachen sind in der hohen
Vulkangruppe südöstlich Batavia, dem NW-Monsun und
den reichen, in den Gebirgen sicher 5 m betragenden
jährlichen Niederschlägen zu suchen 9 ). Von hier bis
Semarang kleine Deltas. Der Flufsschlamm wird wesent
lich verfrachtet zur Ausbildung einer glatten Flachküste
und höchst wahrscheinlich wesentlich durch den NW-
Monsun; besteht doch westlich Semarang eine ausge
zeichnete nach Osten wachsende Nehrung. Welchen
Einflufs die Landbrisen 9 ) hierbei ausüben können, ver
mag ich nicht zu beurteilen. Vom Mourriah nach Osten
ist die Küste meistens flach mit zahlreichen Lagunen
ähnlichen Teichen, welche vielfach künstlich erhalten
werden für die Fischzucht. Die Flachküste Surabaya-
Paranan steht unter dem Einflufs grofser fluviatiler und
mariner Verfrachtungen. Durch einen ostwestlich ge
richteten, ohne Zweifel wesentlich von dem SO-Passat
bewirkten Küstenstrom wurde an der Südküste westlich
Jogjakarta (westlich Surakarta) auf mehr als 100 km
eine bis 3,5 km breite Flachküste angelegt. Die Flüsse
biegen vor ihrer Mündung nach W um! Dieselbe
Erscheinung an der Südküste von Prenanger auf eine
Strecke von 48 km. Solche Gebiete weisen auch
Dünen auf von 15 bis 20 bis 35 m Höhe (Provinz
Bantam, Preangueur, Ambounten, Banjoemas).
Schauen wir zurück! Java ist so jung wie die
jüngsten Kettengebirge. Die Insel entstand durch tiefe
Verwerfungen. Eine weitere Folge waren die Vulkane.
Diese beherrschen direkt das Relief unmittelbar bis
indirekt die Küsten des Eilandes.
9 ) Vergl. Deutsche Seewarte, Ind. Ocean, Atlas und Segel
handhuch 1891 bis 1892.