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Bücherschau.
leitung voraus, in welcher in grofsen Zügen die Besiedelung
des Landes von der ältesten Zeit bis zum Mittelalter ge
schildert wird. Für die Dorfanlage und den Hausbau bleiben
nur die Bayern und, wie der 'Verfasser ausführt, die Franken
mafsgebend. Ersteres selbstverständlich, letzteres wird für
einen grofsen Teil des Kronlandes „von Dachler zum ersten-
male, wenn wir nicht irren, eingehend betont. Beide Typen
entsprechen den in den betreffenden Landesteilen Bayerns
noch heute herrschenden; der bayerische Typus findet sich
fast nur im Einzelgehöfte, der fränkische im geschlossenen
Dorf; der erstere mehr im Süden, nach dem Gebirge zu, der
fränkische links der Donau und von Wien aus nach Süden
und nach Ungarn hin. Unterabteilungen sind bei beiden
Typen vorhanden.
Die Schrift ist reich an einzelnen volkstümlichen Bemer
kungen. Dachler betont das häufige Vorkommen ausge
schnitzter Pferdeköpfe in der Form von „Rofsschädeln“ an
den Windbrettern des Dachfirstes. Er sieht darin einen Rest
des Heidentums, der altgermanischen Neidstangen, bei denen
Rofsschädel unheilabwehrend aufgesteckt wurden. Nicht mit
Unrecht. In so ausgedehntem, systematisch erscheinendem
Vorkommen wie in Niedersachsen erscheint aber das Pferde
haupt in Niederösterreich nicht. Abbildungen der einfach,
meist ohne architektonische Verzierungen gehaltenen Häuser
wären sehr erwünscht gewesen. R. A.
Dr. Augustin Krämer: Über den Bau der Korallen
riffe und die Planktonverteilung an den samoa-
nischen Küsten nebst vergleichenden Bemer
kungen und einem Anhang: über den Palolowurm
von Dr. A. Collin. Kiel und Leipzig, Lipsius und
Tischer, 1897.
In dem vorliegenden Werke sind die Beobachtungen ver
arbeitet, die der Verf. 1893 bis 1895 als Stabsarzt an Bord
deutscher Kriegsschiffe im Gebiete der Südsee, insbesondere
während eines zusammen volle zwölf Monate dauernden
Aufenthaltes in den samoanischen Gewässern anstellen konnte.
Durch eine Anzahl von Planktonfängen in den Korallenriffen
der samoanischen Inseln angeregt, deren Ergebnisse mit den
zur Zeit herrschenden Ansichten über die Verteilung der
tierischen Nahrung in den Riffen nicht stimmte, hat er sich
dem Studium der samoanischen Korallenriffe selbst zugewandt
und mit grofsem Fleifs eine Reihe Thatsachen zusammen
getragen, die auch demjenigen, der nicht überall mit den
Ansichten des Verfassers — insbesondere den auf die geolo-
logischen Teile bezüglichen, wie dies bei dem Referenten der
Fall war — überein stimmt, das Buch zu einem des Studiums
werten und interessanten machen. Nach einer Einleitung
über die Entdeckungsgeschichte und_ Litteratur Samoas und
einem etwas sehr kurz gehaltenen Überblick über die Riff-
bautheorieen, der den Verfasser als scharfen Gegner der
Darwinschen Theorie schon hervortreten läfst, werden wir
mit der Topographie, Oceanographie, Meteorologie und Geo
logie der Inseln bekannt gemacht. Es sei daraus entnommen,
dafs die vier (oder mit Einrechnung des Rose Atolls fünf)
Hauptinseln, die nahezu in einer Linie liegen, vulkanischen
Ursprungs sind und fast nur aus Plagioklasbasalten bestehen,
neben denen als zweites Gestein an den Küsten die Korallen-
biidungen auftreten. In dem östlichen Teile der Gruppe sind
die vulkanischen Gesteine verwitterter, als in dem westlichen,
weshalb letzterem ein geringeres Alter (oder besser ein
späteres Erlöschen der vulkanischen Tliätigkeit) zugeschrieben
wird. Aber auch sonst unterscheiden sich die beiden Teile,
deren Trennungslinie mitten durch Upolu geht, durch ihre
orographischen Eigentümlichkeiten, sowie durch die Erschei
nung, dafs, abgesehen von dem Rose Atoll, das Vorkommen
der Korallen hauptsächlich auf den westlichen Teil beschränkt
ist. Gerade dieser Teil soll aber nach des Verfassers Ansicht
in neuerer Zeit eine Hebung erfahren haben, was mit der
Darwinschen Theorie in schroffem Widerspruch stehen würde.
Auf die Beweise für diese Hebung, sowie die nach des Refe
renten Ansicht zum Teil nicht gerade besonders günstig ge
wählten Analoga aus anderen Teilen der Südsee sei hier nur
verwiesen. Die folgenden Kapitel beschäftigen sich dann mit
den samoanischen Korallenriffen im besonderen und bilden
wohl den Kern des ganzen Buches. Vor allen Dingen wird
hier kurz skizziert, was unter den Benennungen für die ver
schiedenen Riffarten, von denen Verfasser als Typen die
Korallenbänke, Saumriffe, Strandriffe, Barriereriffe und Atolle
definiert, in dem vorliegenden Buch verstanden werden soll,
und daran schliefst sich die Beschreibung der örtlichen Ver
teilung der Riffe auf der Inselgruppe, insbesondere auf Upolu,
die zum Teil in der anregenden Form eines Spazierganges
geschildert ist, bei dem nicht nur auf die Riffe allein, sondern
auch auf den Charakter des übrigen Landes das Augenmerk
gerichtet wird. Als Ergebnis zeigt sich dabei, dafs eine
gröfsere Entwickelung der Riffe immer mit einer Verflachung
der Küste Hand in Hand geht, und da, wo Steilküste, be
sonders an den vorspringenden Küstenbergen, auftritt, sich
nur kleinere schmale Saumriffe zu halten vermögen oder die
Riffe ganz fehlen. Das gröfste Riff von Upolu, das 25 See
meilen lange und 2 Seemeilen breite Strandriff von Aana,
findet sich deshalb auch an der flachen Nordküste. In einem
weiteren Abschnitt wird die Entstehung eines derartigen
Standriffs genauer geschildert und dabei die Wichtigkeit des
Fufses für das Weiterwachstum des Riffs betont, desjenigen
Teils, der mit lebenden Korallenstöcken besetzt, von der
Luvkante des Riffs ganz allmählich seewärts abfällt, und so
der auf das Riff zustehenden Brandung ermöglicht, sich tot
zulaufen. Dies ist nach des Verfassers Ansicht und Beobach
tungen unbedingt nötig, da die Brandung nicht, wie man
seither glaubte, das Korallenwachstum begünstigt, sondern
dasselbe hindert und zerstört. Dafür sprechen eine Masse
Beobachtungen auch von anderen Forschern, die beweisen,
dafs die Luvkante eines Riffs nicht steil abbricht, sondern
ganz flach gegen die See abfällt, wo der Fufs allmählich in
einen sandigen Abhang, den Talus, ausläuft. Die Ausdehnung
und das Wachstum des Fufses sind demnach sehr wesentlich
durch die Brandung bestimmt und infolgedessen kann das
Riff auch nur dort steil und überhängend werden, wo keine
Brandung vorhanden ist, also an der Leekante, besonders in
Lagunenkanälen, wie die neueren Lotungen in Apiahafen und
an anderen Orten beweisen , die zum Teil auf beigegebenen
Kärtchen dargestellt sind. Auch in anderer Hinsicht noch
unterscheiden sich Luv- und Leekante, so besonders durch
die atollförmige Lagunenbildung und die löcherige Beschaffen
heit der letzteren, die auf der Durchklüftung des Riffs und
der Abwesenheit der Brandung beruht, die an der Luvkante
Anspülung und Cementierung und dadurch Verfestigung des
ganzen Riffs bewirkt. Von dem Fufse aufwärts über die
Riffkante gelangen wir auf die Plattform, die die erste An
lage der Riffinseln darstellt und durch die Lagune hinter
der Leeseite, die manchmal nur eine Vertiefung in der Nähe
des Strandes ist, den sogen. Strand- oder Bootskanal (der Ab
fuhrkanal für das Riffwasser und dadurch freigehalten), über
immer feineren Korallensand zum Sandstrand. Aus diesen
Teilen setzt sich auch jede andere Riffform zusammen. Auch
über die Bedingungen des Riffwachstums werden Mitteilungen
gemacht, die nach den einzelnen Faktoren desselben, Tiefen-
grenze, Wirkung von Brandung, Meeresströmungen, Luft,
Farbe und Durchsichtigkeit des Oceanwassers etc. geordnet
sind. Besonders interessant daraus schienen die schon oben
erwähnten Beobachtungen über die hindernde und geradezu
schädliche Einwirkung von Brandung und starken Strömungen
auf das Wachstum der Korallen. Auch hat sich bei der Be
arbeitung der Planktonfänge einerseits gezeigt, dafs die äqua
torialen Teile der Oceane überhaupt viel ärmer an Plankton
sind, als die gemäfsigten, anderseits, dafs die Strömungen
relativ planktonarm sind, und sich viel mehr Plankton an
der Leeseite und in den Lagunen, wie an der Luvseite und
in den Strömungen findet. Von den übrigen auf das Wachs
tum ein wirkenden Faktoren sei noch erwähnt, dafs Süfs wasser
keinen merklichen Einflufs ausübte, wenn es nicht verunreinigt
war, und dafs dem Heliotropismus der Korallen eine wesent
liche Einwirkung auf ihre Tiefengrenze zukommt, die in
Samoa bei ungefähr 15 m zu setzen ist. Auf Grund dieser
seiner Beobachtungen hat der Verfasser eine neue Auffassung der
Entstehung der Atolle gewonnen, die darin gipfelt, dafs sub
marine Vulkane das Material zum Aufbau des Untergrundes
lieferten, das durch die Thätigkeit der Meeresströmungen und
der Gezeiten geordnet wurde. Damit wurde pelagisches
Material vermischt und so der Untergrund für die Atolle
(und anderen Riffe) geschaffen, die demnach nicht auf sin
kendem, sondern auf stationärem Untergrund sich aufbauen.
Die Strömungen, welche den Untergrund wesentlich mit auf
bauen halfen, sind dann auch für die Form des Atolls, ob
offen, ob geschlossen, verantwortlich zu machen. Eine noch
malige kurze Zusammenfassung der gewonnenen Schlüsse be
schliefst diese Hauptabschnitte des Werkes, an die sich eine
Besprechung der samoanischen Rifffauna, besonders in Bezug
auf die Wichtigkeit derselben für die eingeborenen Samoaner
anschliefst, und den Schlufs des von Herrn Krämer geschrie
benen Teils machen dann seine Resultate in der Plankton
forschung im pacifischen Ocean. Es möge gestattet sein,
noch darauf hinzuweisen, dafs hierin ein nach des Referenten
Ansicht recht zweckmäfsig zusammengestellter Apparat für
die Planktonforschung angegeben ist, mit dem der Verfasser
arbeitete. Die Resultate sind denn ja auch nicht ausgeblieben,
wie die Bemerkungen weiter oben schon zeigten. Als Anhang
ist beigegeben eine kleine Abhandlung von Dr. Collin über
den efsbaren Palolowurm, wohl eine der merkwürdigsten Er
scheinungen der Rifffauna der Südsee, der in seinem Auftreten