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Full Text: Globus, 72.1897

Karl Rhamm: Tschechische Hausgötter in Schlesien. 
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wohl mehr als dreifsig, Ruinen vorhanden ist, von 
denen über die Hälfte den Typus der Pyramidentempel 
zeigen. Wenn dies wirklich Tempel und nicht nur 
Wohnungen der reicheren Bewohner oder grofsen Kaziken 
waren, so bietet Chichen-Itza ein treffendes Beispiel für 
die Bedeutung der religiösen Gebräuche unter den Mayas 
und einen klaren Beweis für die grofse Wichtigkeit und 
Ausdehnung, die Chichen-Itza in den Tagen seiner Blüte 
gehabt haben mufs. 
Zu erwähnen haben wir noch die beiden im Pano 
rama deutlich sichtbaren grofsen Quellen, den Cenote 
Grande (K), der etwa in der Mitte von Chichen-Itza liegt, 
und den sogenannten „heiligen Cenote“ , der bei L am 
Horizont des Panoramas, nördlich vom Spielplatz sicht 
bar ist. Der Cenote Grande lieferte in alter Zeit wahr 
scheinlich die Hauptmenge des Wassers und hatte wohl 
überhaupt die Entwickelung von Chichen-Itza ermöglicht. 
Er ist etwa 6 m tief bis zur Wasserfläche und hat gegen 
45 m Durchmesser. Offenbar ist er dadurch entstanden, 
dafs die Decke eines früheren unterirdischen Wasser 
laufes eingestürzt ist und die Seiten dann allmählich 
bis zu senkrechten Wänden abbröckelten. Ein steiler 
Fufspfad führt zu der Wasserlache hinab, die sich jetzt 
unten noch vorfindet. Das Wasser ist zwar auch jetzt 
noch zur Not als Trink- und Kochwasser brauchbar, 
schmeckt aber doch sehr stark nach vegetabilischen 
Stoffen, die von allen Seiten hineingeweht werden und 
im Wasser verfaulen. Eine Bewegung ist im Wasser 
nicht bemerkbar und wenn eine Verbindung mit einem 
tiefer gelegenen unterirdischen Strom vorhanden ist, so 
kann sie nur durch Sickerung vor sich gehen. Der 
heilige Cenote ist noch gröfser und symmetrischer, wie 
der eben beschriebene. Er liegt mitten im dunklen 
Walde. Die Öffnung ist fast kreisrund und die Wände 
sind fast senkrecht. Das Wasser sieht braun und sehr 
unsauber aus. 
Tschechische Hausgötter in Schlesien. 
Von Karl Rhamm. 
In dem ersten Hefte einer neuen tschechischen ethno 
graphischen Zeitschrift 1 ) findet «ich eine merkwürdige 
Nachricht über die alttschechischen Hausgötter oder 
Hausgeister in Schlesien, die wir im Wortlaut mitteilen, 
wiewohl wir gewisse Zweifel nicht unterdrücken können. 
Diese Zweifel gründen sich schon auf den einleitenden 
Absatz S. 63, in dem Vluka sich über eine ehemalige 
Einrichtung des Wohnraumes ausläfst, eine angeblich 
gleichfalls aus der Überlieferung geschöpfte Darstellung, 
die aber in der Hauptsache nichts sein kann als Speku 
lation. 
„Vor Alters (za starodävna), als in den Behausungen 
des Landvolkes in Schlesien noch keine Erinnerung an 
Öfen von solcher Gestalt war, wie wir sie in anderer 
Zeit schon fast in den schlechtesten Hütten treffen, er 
setzten sie die" sogenannten „ohniska“ (ohniste, ohnisko 
das gewöhnliche tschechische Wort für „Feuerstätte, 
Herd“, d. Verf.). In der Mitte der beschränkten und 
niedrigen Stübchen, welche dazumal alles für den Haus 
halt Notwendige samt der ganzen Einrichtung beher 
bergten, und eher einer Rauchkammer glichen, war ein 
Platz abgegrenzt mit Namen „ohnisko“, wo der Brat- 
spiefs, Dreifufs und das Küchengeschirr standen 
Um die zum Kochen aufgestellten Geräte wurde das 
Feuer angezündet, an welches die Scheite von der Seite 
gelegt wurden. Schäumte es in den Töpfen über, so 
bediente sich die Hausfrau, um sie an die Seite zu 
rücken, einer Gabel mit langer Handhabe, die sie auf 
eine mit zwei Seitenhölzern versehene Walze, das soge 
nannte Wägelchen (vuzek), stützte. Um die Feuer 
stätten wurden auch die abendlichen Zusammenkünfte 
und fröhlichen Schmäuse unseres armen Volkes abge 
halten. . . .“ 
Es wird dann noch hinzugefügt, dafs ein Rauchfang 
nicht vorhanden war und der Rauch sich seinen Weg 
durch kleine Fenster (d’ura „Loch“) und eine Öffnung in 
der Stubendecke suchen mufste. 
Von dieser genauen Beschreibung der Feuerstätte 
kann nur soviel richtig sein, dafs dieselbe sich ehedem 
in der Stube selbst befand, aber nicht in Gestalt eines 
freistehenden Herdes, sondern eines Rauchofens, wie ein 
x ) Närodopisny Sbornik Ceskoslovansky, Prag 1897, 1. Heft. 
Dadci cili hospodäfici, S. 63 bis 65. Von Jos. Vluka aus 
Orlova, mit Abbildung. 
solcher noch dicht in der Nachbarschaft bei den mäh 
rischen Walachen und ungarischen Slovaken anzutreffen 
ist, wo der altslavische Ofen (pec, zunächst ,,Back“ofen) 
seine ursprüngliche Beschaffenheit bewahrt und seine 
Öffnung in der Stube hat im Gegensätze zu der neueren, 
in Böhmen und Mähren schon seit Jahrhunderten zur 
Herrschaft gelangten Einrichtung, bei der der pec mit 
dem deutschen Kachelofen zu einem grofsen Ofenwerk 
verschmolzen wird, dessen Mündung immer mehr, gleich 
falls nach deutscher Art, nach aufsen, nach dem Flur 
verlegt wird. Die Behauptung, dafs sich in der Mitte 
der Stube ein Herd befunden habe, widerspricht nicht 
nur dem Wesen der alten gemeinslavischen izba (urspr. 
istuba), auf das hier nicht weiter eingegangen werden 
kann, sondern auch dem Gebrauche der vidlice, der 
„Ofengabel“, die niemals bei dem Herde zur Ver 
wendung kommt. Der ohnisko, das ist der vor dem 
Ofenmunde sich befindende Absatz, der unter Umständen, 
wenn die Kohlen aus dem Ofen dorthin geschoben 
werden, als Herd benutzt werden kann, kommt nicht 
fern von der Stubenmitte zu liegen, wenn er, wie das 
in den oben gedachten Gegenden der Fall ist, mit der 
Mündung von der Thür abgekehrt ist. Vor 150 bis 
200 Jahren (und weiter reicht in solchen Dingen keine 
Überlieferung) war das Herdfeuer bei den Deutschen 
Schlesiens schon längst aus dem eigentlichen Wohn- 
raume verschwunden, wenn sie es überhaupt aus ihren 
alten Sitzen mitgebracht hatten, und bei den Slaven der 
alten Heimat ist dergleichen nirgends nachzuweisen. 
Was davon hier und da zu lesen ist, beruht nirgends 
auf quellenmäfsiger Untersuchung, sondern auf speku 
lativer Analogie. 
Der Verfasser wendet sich dann zu seinem eigent 
lichen Gegenstände. 
Die „Ahndein“ (dadee) oder Herrchen (hospo- 
däfik) behüteten die Bewohner bei Tage und bei Nacht 
auf den Bergen und in den Thälern, damit ihnen kein 
Unfall bei der Arbeit und unter dem Strohdache zu- 
stiefse. Auch waren sie Beschützer aller Höfe. Wenn Perun 
die Irdischen seine Macht und seine Schrecken fühlen 
liefs, hatten die „Ahndein“ die gröfste Sorge; sie kamen 
aus ihrem Aufenthalt heraus, um die Gebäude zu beauf 
sichtigen, damit sie nicht Perun mit seinem feurigen 
oder kalten Donnerkeile träfe. Dadurch erklären 
sich auch die Aussagen der Überlieferung des Volkes,
	        
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