Karl Rhamm: Tschechische Hausgötter in Schlesien.
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wohl mehr als dreifsig, Ruinen vorhanden ist, von
denen über die Hälfte den Typus der Pyramidentempel
zeigen. Wenn dies wirklich Tempel und nicht nur
Wohnungen der reicheren Bewohner oder grofsen Kaziken
waren, so bietet Chichen-Itza ein treffendes Beispiel für
die Bedeutung der religiösen Gebräuche unter den Mayas
und einen klaren Beweis für die grofse Wichtigkeit und
Ausdehnung, die Chichen-Itza in den Tagen seiner Blüte
gehabt haben mufs.
Zu erwähnen haben wir noch die beiden im Pano
rama deutlich sichtbaren grofsen Quellen, den Cenote
Grande (K), der etwa in der Mitte von Chichen-Itza liegt,
und den sogenannten „heiligen Cenote“ , der bei L am
Horizont des Panoramas, nördlich vom Spielplatz sicht
bar ist. Der Cenote Grande lieferte in alter Zeit wahr
scheinlich die Hauptmenge des Wassers und hatte wohl
überhaupt die Entwickelung von Chichen-Itza ermöglicht.
Er ist etwa 6 m tief bis zur Wasserfläche und hat gegen
45 m Durchmesser. Offenbar ist er dadurch entstanden,
dafs die Decke eines früheren unterirdischen Wasser
laufes eingestürzt ist und die Seiten dann allmählich
bis zu senkrechten Wänden abbröckelten. Ein steiler
Fufspfad führt zu der Wasserlache hinab, die sich jetzt
unten noch vorfindet. Das Wasser ist zwar auch jetzt
noch zur Not als Trink- und Kochwasser brauchbar,
schmeckt aber doch sehr stark nach vegetabilischen
Stoffen, die von allen Seiten hineingeweht werden und
im Wasser verfaulen. Eine Bewegung ist im Wasser
nicht bemerkbar und wenn eine Verbindung mit einem
tiefer gelegenen unterirdischen Strom vorhanden ist, so
kann sie nur durch Sickerung vor sich gehen. Der
heilige Cenote ist noch gröfser und symmetrischer, wie
der eben beschriebene. Er liegt mitten im dunklen
Walde. Die Öffnung ist fast kreisrund und die Wände
sind fast senkrecht. Das Wasser sieht braun und sehr
unsauber aus.
Tschechische Hausgötter in Schlesien.
Von Karl Rhamm.
In dem ersten Hefte einer neuen tschechischen ethno
graphischen Zeitschrift 1 ) findet «ich eine merkwürdige
Nachricht über die alttschechischen Hausgötter oder
Hausgeister in Schlesien, die wir im Wortlaut mitteilen,
wiewohl wir gewisse Zweifel nicht unterdrücken können.
Diese Zweifel gründen sich schon auf den einleitenden
Absatz S. 63, in dem Vluka sich über eine ehemalige
Einrichtung des Wohnraumes ausläfst, eine angeblich
gleichfalls aus der Überlieferung geschöpfte Darstellung,
die aber in der Hauptsache nichts sein kann als Speku
lation.
„Vor Alters (za starodävna), als in den Behausungen
des Landvolkes in Schlesien noch keine Erinnerung an
Öfen von solcher Gestalt war, wie wir sie in anderer
Zeit schon fast in den schlechtesten Hütten treffen, er
setzten sie die" sogenannten „ohniska“ (ohniste, ohnisko
das gewöhnliche tschechische Wort für „Feuerstätte,
Herd“, d. Verf.). In der Mitte der beschränkten und
niedrigen Stübchen, welche dazumal alles für den Haus
halt Notwendige samt der ganzen Einrichtung beher
bergten, und eher einer Rauchkammer glichen, war ein
Platz abgegrenzt mit Namen „ohnisko“, wo der Brat-
spiefs, Dreifufs und das Küchengeschirr standen
Um die zum Kochen aufgestellten Geräte wurde das
Feuer angezündet, an welches die Scheite von der Seite
gelegt wurden. Schäumte es in den Töpfen über, so
bediente sich die Hausfrau, um sie an die Seite zu
rücken, einer Gabel mit langer Handhabe, die sie auf
eine mit zwei Seitenhölzern versehene Walze, das soge
nannte Wägelchen (vuzek), stützte. Um die Feuer
stätten wurden auch die abendlichen Zusammenkünfte
und fröhlichen Schmäuse unseres armen Volkes abge
halten. . . .“
Es wird dann noch hinzugefügt, dafs ein Rauchfang
nicht vorhanden war und der Rauch sich seinen Weg
durch kleine Fenster (d’ura „Loch“) und eine Öffnung in
der Stubendecke suchen mufste.
Von dieser genauen Beschreibung der Feuerstätte
kann nur soviel richtig sein, dafs dieselbe sich ehedem
in der Stube selbst befand, aber nicht in Gestalt eines
freistehenden Herdes, sondern eines Rauchofens, wie ein
x ) Närodopisny Sbornik Ceskoslovansky, Prag 1897, 1. Heft.
Dadci cili hospodäfici, S. 63 bis 65. Von Jos. Vluka aus
Orlova, mit Abbildung.
solcher noch dicht in der Nachbarschaft bei den mäh
rischen Walachen und ungarischen Slovaken anzutreffen
ist, wo der altslavische Ofen (pec, zunächst ,,Back“ofen)
seine ursprüngliche Beschaffenheit bewahrt und seine
Öffnung in der Stube hat im Gegensätze zu der neueren,
in Böhmen und Mähren schon seit Jahrhunderten zur
Herrschaft gelangten Einrichtung, bei der der pec mit
dem deutschen Kachelofen zu einem grofsen Ofenwerk
verschmolzen wird, dessen Mündung immer mehr, gleich
falls nach deutscher Art, nach aufsen, nach dem Flur
verlegt wird. Die Behauptung, dafs sich in der Mitte
der Stube ein Herd befunden habe, widerspricht nicht
nur dem Wesen der alten gemeinslavischen izba (urspr.
istuba), auf das hier nicht weiter eingegangen werden
kann, sondern auch dem Gebrauche der vidlice, der
„Ofengabel“, die niemals bei dem Herde zur Ver
wendung kommt. Der ohnisko, das ist der vor dem
Ofenmunde sich befindende Absatz, der unter Umständen,
wenn die Kohlen aus dem Ofen dorthin geschoben
werden, als Herd benutzt werden kann, kommt nicht
fern von der Stubenmitte zu liegen, wenn er, wie das
in den oben gedachten Gegenden der Fall ist, mit der
Mündung von der Thür abgekehrt ist. Vor 150 bis
200 Jahren (und weiter reicht in solchen Dingen keine
Überlieferung) war das Herdfeuer bei den Deutschen
Schlesiens schon längst aus dem eigentlichen Wohn-
raume verschwunden, wenn sie es überhaupt aus ihren
alten Sitzen mitgebracht hatten, und bei den Slaven der
alten Heimat ist dergleichen nirgends nachzuweisen.
Was davon hier und da zu lesen ist, beruht nirgends
auf quellenmäfsiger Untersuchung, sondern auf speku
lativer Analogie.
Der Verfasser wendet sich dann zu seinem eigent
lichen Gegenstände.
Die „Ahndein“ (dadee) oder Herrchen (hospo-
däfik) behüteten die Bewohner bei Tage und bei Nacht
auf den Bergen und in den Thälern, damit ihnen kein
Unfall bei der Arbeit und unter dem Strohdache zu-
stiefse. Auch waren sie Beschützer aller Höfe. Wenn Perun
die Irdischen seine Macht und seine Schrecken fühlen
liefs, hatten die „Ahndein“ die gröfste Sorge; sie kamen
aus ihrem Aufenthalt heraus, um die Gebäude zu beauf
sichtigen, damit sie nicht Perun mit seinem feurigen
oder kalten Donnerkeile träfe. Dadurch erklären
sich auch die Aussagen der Überlieferung des Volkes,