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Karl Rhamm: Tschechische Hausgötter in Schlesien.
dafs die „Ahndein“ bei Unglücksfällen ihre Plätze in
den Wohnungen veränderten. Bemerkten die Hausleute,
dafs der Hausgott einmal seine Stelle in ihrer Anwesen
heit wechselte, so schlossen sie mit Sicherheit, dafs ihr
Besitztum von grofsem Unglück bedroht wäre. Zu
Heidenzeiten pflegte jeder von den Hausleuten beim
Aufstehen und Niederlegen zu ihnen zu beten, so oft er
seinen Hof verliefs [etwas unklar: za dob pohanskych
lehaje vstavaje kazdy z domacich se k nim modlival
opousteje svuj statek (majetek)].
Wo schliefen in den Behausungen diese Schutzgötter?
Das Volk erkannte ihnen das Recht zu auf den erhöhten
Ehrenplätzen der Wohnung: in einer Nische (cubka) 2 )
neben der Thür, von der aus sie alles überblicken
konnten, standen sie auf der Wache. In späterer Zeit
wurden sie auf das Gesims („kranc“) der Öfen gestellt.
— Diese Hausgötter waren eine k teure Reliquie, die
von Geschlecht zu Geschlecht überging. Diese Figürchen
Tschechische Ahndein (Daci) aus
wurden aus Thon oder aus Stein gefertigt — niemals
aus Holz. Über ihre Urheber findet sich jedoch in der
Überlieferung des Volkes nichts erwähnt. Sie stellten
gewöhnlich einen gebeugten Alten dar, an dem genau
2 ) Es kann nach dem Verfasser scheinen, als wenn diese
Nische besonders für diesen Zweck angebracht wäre. Das
ist aber sicherlich nicht anzunehmen: es ist ohne Zweifel
die nischenartige Vertiefung in der Wand gemeint, in der
zur Erleuchtung Kien gebrannt wurde und für die in den
tschechischen Ländern der Name krh gebräuchlich ist —
eine ehedem in den slavisch - deutschen Grenzgebieten weit
verbreitete Einrichtung. Die Verbindung des Hausgottes mit
der Feuerstätte ist ganz allgemein. Vergl. hierüber die über
den slavischen Hausgott überhaupt Machal, Näkres Slovans-
keho Bäjeslovi, Prag 1891, Kapitel VI, besonders Abschnitt 1,
Dedovö. In Rufsland wohnt der domovoj gewöhnlich hinter
oder unter dem Stubenofen; aber er wohnt nicht nur in der
Stube, sondern siedelt sich überall an, wo ein Ofen ist.
Mächal S. 90. Bei den Bojken in Galizien wohnt der Did’ko
am liebsten im Ofen oder im „krb“ (Machal S. 97 nach
dem Cas. 0. Mus. 1841. S. 64 bis 65), mit welchem Worte
hier aber jedenfalls der neuere Herd gemeint wird.
die Art der Tracht dieses oder jenes Stammes zu unter
scheiden war. In der Gegend, von der die Rede ist,
stofsen eine Reibe slavischer Stämme zusammen :
Tschechen, Polen, Walachen, Goralen etc.: auch hierin
zeigt sich das Typische unseres Verhältnisses (nase
sveraznost). In späterer Zeit, als man anfing, neu-
modische Öfen zu bauen, wurden diese wertvollen Denk
mäler durch unverständige Hand vernichtet. Noch vor
50 Jahren fand sich ein solches Figürchen in irgend
einer alten Hütte der Beskiden, in der ehedem die Nach
kommen von Geächteten eingethan waren. Die Kenntnis
von diesen Schutzgöttern hat sich auch unter dem wala-
chischen Volk in Teschen erhalten, was aus der
dort annoch bei den älteren Leuten gebrauchten Redens
art hervorgeht: „Das ist ein alter Dod!“ [alt wie ein
Grofsvater (ded) uralt].
„Auf der ethnographischen Ausstellung (in Prag 1895)
waren in dem walachischen Hofe zwei ähnliche Figuren
Orlov in Österreichisch-Schlesien.
auf dem Ofen aufgestellt, die nachher in den Besitz des
ethnographischen Museums übergegangen sind (siehe
obenstehende Abbildung). Sie sind aus grauem Thon
angefertigt und nach der Überlieferung besorgt von
B. Valovy aus Orlová“ (poridil, je die podáni, kann nur
heifsen: „Sie sind nach den aus der Überlieferung ge
schöpften Angaben des J. V. angefertigt“).
Eine Ergänzung zuVorstehendem findet sich in dem
„Führer durch das ethnographische cechoslavische Mu
seum“ (Prag 1896, von Herrn L. Niederle, deutsche
Übersetzung, S. 21), gleichfalls nach einer Mitteilung
des Herrn Vluko, die aber ausstattenderweise in unseren
Text nicht übernommen ist. Danach wurden die „Sta
tuetten“ auf dem Ofen aufgestellt. „Wenn aber der
Wirt das Haus verläfst, stellt er die Statuette auf den
Tisch, damit sie das Haus behüte.“
Wir können diese Abbildungen nicht
ohne Vorbehalt wiedergeben, denn es ist
wohl zu beachten, dafs die bezüglichen Fi
guren nicht echt und alt sind, sondern frisch