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Full Text: Globus, 72.1897

■ 
I u.,.. 1. MiS 
Martins Forschungsreise zu den juganschen Ostjaken. 
Fig. 3. 
Ostjakengrab, von Westen 
gesehen. 
oder Amerikas zur 
Zeit der Entdeckung 
lesen. Erst der 
Schnaps machte sie 
zugängig und, einmal 
guter Laune, führten 
die Ostjaken ihre 
Tänze auf, darunter 
den Bärentanz. „Das 
Fell des Kopfes und 
der Vorderfüfse des 
Bären wurde auf den 
Boden gelegt und 
nun trat ein Mann 
heran, der eine 
grob aus Birkenrinde 
verfertigte und mit einer gewaltigen Nase versehene 
Maske anhatte. Mit lebhaften Gebärden und auf der 
Dombra (Saiteninstrument) begleitet, trug er trällernd 
eine lange Beschreibung vor, in der die Erlegung des 
Bären geschildert wird. Drei andere Männer standen 
neben den Fellstücken und nickten dem Sänger Beifall zu. 
Da der Ostjake die gröfste Ehr 
furcht vor dem Bären hat, schliefst 
der Sänger seinen Vortrag immer 
mit der Bitte um Entschuldigung, 
dafs er ihn getötet hat 2 ).“ 
Auch eine alte Schamanentrommel 
vermochte Martin hier zu erwerben, 
er lernte die Musikinstrumente 
kennen, von denen es drei Arten 
giebt (die fünfsaitige Dombra, den 
Lebed oder Schwan, bei welchem der 
Resonanzboden einem Vogelkörper 
gleicht und eine Geige), welche 
aber Frauen nicht spielen dürfen. 
Auch sah er hier das Brotbacken 
aus grobem Roggenmehl, von dem 
breite Fladen geformt wurden, 
die man auf einer Latte im Feuer 
röstete. Bei den folgenden Rus- 
kinijurten konnte er wieder eine 
Anzahl Eingeborener photogra 
phieren (Fig. 2) und messen und 
liefs er sich Zeichnungen auf Papier 
von ihnen machen, die im allge 
meinen jenen der Naturvölker entsprechen, hei denen 
aber die Renntiere gut charakterisiert sind. An den 
Kajokowijurten beobachtete Martin den Bootbau der 
Ostjaken. Er lobt namentlich ihre eleganten, leichten, 
aus einem Espenstamm gehöhlten Kähne, die von 
den Russen gern gekauft 
werden. 
Immer weiter aufwärts vor 
dringend fand Martin den 
Jugan so gefallen, dafs man 
sein Boot nur durch Treideln 
oder Trecken gegen den 
Strom an einem Seile fort 
ziehen konnte. An der Mul- 
tanowijurte wurde dann die 
Umkehr beschlossen, da fast 
alle Ostjaken weiter stromaufwärts zum Jahrmarkt nach 
Juganskoi gezogen waren und dort ethnographische Aus 
beute nicht mehr zu erwarten war. Schnell ging die 
Fig. 4. Ostjakensarg 
mit weiblicher Leiche. 
Fig. 5. Gufsform aus Kiefern 
rinde für Zinnzierat. 
Rückreise von 
statten; bei 
den schon auf 
der Herreise 
besuchten Rus- 
kinijurten sah 
Martin noch 
mals den Bä 
rentanz. Jetzt 
erlegt man die 
Bären mit Flin 
ten , aber Bo 
gen und Pfeil 
sind noch die 
liebste Waffe 
der Ostjaken. 
Der Bogen ist 
der Form nach 
ein tatarischer 
und aufser ihm 
erinnern noch 
manche Geräte 
an die ehema 
lige Tataren 
herrschaft. 
In der Nähe 
der Ugotski- 
jurte gelang es 
Martin auch, 
heimlicher 
Weise einen 
Begräbnis 
platz der 
Ostjaken zu 
untersuchen, welcher verborgen im dichten Nadelwald 
abseits vom Ufer des Jugan lag. Es waren etwa 20 
Gräber, die, nach den Beigaben zu schliefsen, nur weib 
liche Leichen enthielten. Über dem Grabe ist aus 
Kiefernstämmen ein jurtenähnliches Gebäude errichtet 
von 60 cm Höhe, 2 1 /* m Länge und l 1 /* m Breite. Das 
Dach war mit Birkenrinde gedeckt; an der Westseite 
eine kleine Thüröffnung. In dem Häuschen (Fig. 3) lag 
ein umgekehrter Schlitten und Frauenschneeschuhe. Im 
sandigen Boden fand sich dann, 60 cm tief, der mit 
Matten umwickelte Sarg aus groben Brettern. Die 
Leiche (Fig. 4), 1,47 m lang, lag ausgestreckt mit den 
Armen an der Seite. Der Kopf gegen Westen mit dem 
Gesicht nach unten, ruhte auf einem Pelz. Darüber 
mehrere Tücher, eins von Seide. Zur Seite des Kopfes 
ein Rindenkorb mit Mehl. Eingehüllt war die Leiche 
in einen Wollenrock, der reich gestickt und mit Zinn 
zieraten geschmückt war, welche die Ostjaken selbst in 
hölzernen Formen (Fig. 5) giefsen. Andere Grabbei 
gaben waren noch ein metallener Schrein, der zur Auf 
bewahrung von Kostbarkeiten dient, ein Teller aus 
Fig. 6. Heilige Ceder auf der Cederninsel. 
2 ) Diese Bärenverehrung reicht bis zu den Aino. Eine 
Abbildung ostjakiscber Tänze mit der Birkenmaske im Globus 
Band 63, S. 126 in der Abhandlung von Sengstake über die 
Ostjaken. 
Fig. 7. Baksakini-Sommerjurte aus Birkenrinde.
	        
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