Dr. F. Tetzner: Haus und Hof der Litauer.
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führt allgemein in preufsisch Litauen den Namen butas
und in Samogitien trobas; in Kowno auch gywene, in
Schaulen gryczoi. Die Hausflur heilst wie das ganze
Haus jetzt allgemein namas oder butas.
Butas gebraucht Donalitius im Sinne von Gehöft
oder Stadthaus. Heute bedeutet das Wort in preufsisch
Litauen einfach Haus oder Wohnhaus, in Samogitien
Anwesen, Gehöft mit Land, wofür der Nehrunger gywe-
namoi, der Schameite auch gywenimas, gywenamas,
sagt. Troba wendet Donalitius für Wohngebäude an.
In Samogitien bezeichnet es heute, wie schon zu Szyr-
wids Zeit, die Stube, während das Wohnhaus trobas
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Fig. 5. Olsiader Gehöft (butas, namai, gywenamas, budawones).
A Wohnhaus (Preuss.: namai, stuba, trobas; Scham.: trobas; Kowno: gywene, Schaulen:
gryczvi); darin c Wohnstube (Preuss: stuba; Scham.: troba; davor i Kleinegarten
(darzelis). — B Speicher (kletis, swirna); a Getreidespeicher; b Gemach der Wirtin;
c Schlafzimmer der Mägde, Knechte; d Säulenvorbau. — C Keller (sklepas). — D Rauch
haus (namas); a Herd; b Raum für Rübenfässer etc.; c Gänse-, f Hühnerstall; dKobe;
e Arbeitsraum zum Ausbessern.— E Badestube (pirtis); F Flachstrockengestell
(zardine). — GScheune (jauja, jaujis, reja); a Tenne (klonas, kluonas); b Banse (galas);
c Dörrhaus (pirtis oder duoba mit Ofen = d); e, e l Spreuraum; f Kaffraum; g Strohraum
(darzine). — H Futterraum (darzine, darzinale). — J Stall (twartai); a Pferde;
b Kühe; c Futter; d Kleinvieh. — L Teiche. — M Brunnen. — N Obstgarten.
— 0 Querzaun mit P Fahrweg, Q Gehöftzaun. — R Birken- und
Fichtenwald. S Zaunthür.
(Mehrzahl von troba) heifst. Entwickelte sich nun das
litauische Wohnhaus der Begüterten in der Vorzeit schon
zum Gehöft, so verwandelte es sich bei der ärmeren
Bevölkerung ohne grofsen Landbesitz und bei den
Fischern am Haff zu einem, oft unschönen, Gebäude
komplex. Der armer Bauern unterschied sich, gemäfs der
verschiedenen Beschäftigung (Netzetrocknen, Dreschen),
von dem der Fischer (Fig. 4), wie die beiden Grundrisse
darthun. Die Säulenhalle tritt zuweilen, der Hausvorbau
in Samogitien sehr oft auf.
2. Das Gehöft. Lepner und andere Schriftsteller
des 17. und 18. Jahrhunderts erwähnen als Absonder
lichkeit der Litauer, dafs sie auf ihrem Gehöfte eine
Unmenge kleiner Häuser stehen haben, für fast jede
Beschäftigung eines. Dieser Zustand besteht heute nur
noch in abgeschwächtem Mafse in Preufsen, in Rufsland
aber hat er sich bei den gröfseren Besitzern erhalten.
Die ganze Hofanlage im diesseitigen Litauen hat sich
allmählich der fränkischen angeglichen, wie ich beispiels
weise in Lasdinelen, Bitehnen, Tolminkemen beobachtet
habe. Im jenseitigen Teile hingegen stehen die Ge
bäude in bunter Ordnung, doch so, dafs die Klete meist
dem Wohnhaus gegenüberliegt, der Stall und das Rauch
haus aber ziemlich weit entfernt sind, mit der Vorder
seite aber alle nach dem Mittelpunkt des Gehöftes ge
richtet sind. Rund um das Gehöft zieht sich ein
Gehöftzaun, er ist hoch und weitläufig.
Mitten durchs Gehöft geht der Hofzaun,
der die Wohnungen von den Stallungen
trennt, er ist niedrig und dicht, damit
die Tiere nicht durch können. — Man
gebrauchte für das ganze Anwesen mit
Land schon zu Zeiten des Donalitius den
Namen butas, auch gywenamas. Die Ge
samtheit der Gebäude heifst budawones.
Die Lage des Gehöftes in der Nähe eines
Baches, Teiches u. dergl. gilt als be
vorzugt. In gewissen Teilen Samogitiens
ist die Hausthür südwärts, die Wohnstube
ostwärts gerichtet, die kleine Stube also
westwärts, die Hinterthür nordwärts. Der
Gehöftzaun ist verschiedenartig hergestellt,
entweder aus eng aneinander gebundenen
hohen Fichtenstämmchen oder aus einer
meterhohen Stangenschranke, auf der
einige Meter lang Pfähle auf der einen,
dann auf der anderen Seite, 60° zur Erde
geneigt, aufgelegt sind. Häufig ist auch
die Art, dafs in Abständen von etwa 6 m
Pfähle eingesetzt sind, die durch etwa drei
Brettschwarten miteinander verbunden
sind. Besonders in Samogitien liegen die
Gebäude abseits der Fahrstrafse, deshalb
ist jedes Gehöft durch einen Fahrweg mit
der Strafse verbunden. In der Umgebung
des Gehöftes stehen kleine Waldungen von
Eichen oder Fichten oder Birken. Die
Dainos gedenken des Ritts durch das
Birkenwäldchen und des Spähens nach
dem Fichtenwäldchen, woher Besuch
kommt, sehr häufig. Obstgärten besitzt
der russische Litauer auch, pflegt sie
aber nicht wie der Deutsche; ihm ist das
Obst mehr Leckerei und Handelsartikel,
zur Nahrung dient es selten. Hingegen
hält jedes litauische Gehöft seinen Kleine
garten, vor dem Hause oder als Ab
schnitt des Obstgartens, in besonderer
Pflege. Hier gedeihen aufser Küchen
gemüsen die zahlreichen duftenden Blumen und Kräuter
der Dainos: Raute und Minze, Päonie und Rose, Majoran
und Tulpe. Litauische Gehöfte, wie in Fig. 5 in der
Alsieder Gegend, umfassen etwa 2 ha, das ganze Besitz
tum 150 ha. Ist das ganze Besitztum nur 2 ha grofs,
so ist das Gehöft wie in Fig. 4 gebaut.
A. Wohnhaus. (Pr. butas, namai, H. nama, Z.
trobas. Etwa 15 X 8 m. Als Kate: butelis, als Inst-
haus: inamiu butas.) Von den einzelnen Gebäuden
fällt uns zunächst das Wohnhaus ins Auge. Es ist
vornehmer ausgestattet als die übrigen Gebäude. Das
Baumaterial ist der leicht behauene Holzbalken. Diese
werden übereinander gesetzt, die Fugen verstopft man
mit Moos oder Lehm. Dies Baumaterial ist noch in ganz