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Full Text: Globus, 72.1897

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Gottlob Adolf Krause: Beiträge zum Märchenschatz der Afrikaner. 
Das Ganz- oder Halbdunkel hat etwas Schauerliches. 
Der heifse brennende Ofen mit seinem Rauch erinnert 
an die Hölle (pekla), mit der man volksetymologisch den 
Pikoll zusammenzubringen sucht. In den Eckbalken 
der Pirtis wohnt der Weins, hier kann man ihn citieren, 
am Ofen kann man ihn ans Feuer drücken. Die Klein 
häuser haben die Pirte gleich im Hause (Fig. 4). Kein 
Mädchen wagt sich des Nachts in das Dörrhaus. Häufig 
findet sich vor dem Scheunenthor der Wagenschuppen 
(pelaga). 
H. Futterraum (darzine, darzinale). In preufsisch 
Litauen sind Scheune und Futterraum vereint und bieten 
die Tenne. In russisch Litauen ist der Futterraum 
kleiner (darzinale ist Diminutivum) und dient zur Auf 
bewahrung von Klee, Heu, Stroh. 
J. Stall (twartai). Ein einzelner kleiner Stall heifst 
jetzt noch twartas, welchen Ausdruck Donalitius im Sinne 
einer einfachen Umzäunung oder Hürde, eines Flecht 
werkes für Kleinvieh gebraucht. In Samogitien bezeichnet 
twartai die Gesamtheit der Stallungen, wie trobas die 
der Gemächer. Der Grundrifs gleicht der einer afrika 
nischen Tembe, deren Hofraum hier der Düngerraum 
(laidaras) bildet. Die eine Seite beherbergt die Pferde, 
die andere die Kühe, die dritte Kleinvieh, das in D nicht 
untergebracht ward, die vierte Seite enthält Futter und 
Wirtschaftsgegenstände. 
Beiträge zum Märclieiischatz der Afrikaner. 
In Afrika ges ammelt und aus afrikanischen Sprachen übersetzt 
von Gottlob Adolf Krause. 
II. 
II. Vier Märchen der Haussawa. 
1. Das Märchen von Auta, dem Nesthäkchen. 
Das ist das Märchen von einem Manne und einer 
Frau, welche zwei Kinder hatten, einen Jungen und 
ein Mädchen. Das Mädchen hiefs Tafari 14 ), der Knabe 
Auta 15 * ). 
Sie lebten lange zusammen, bis der Vater eines Tages 
von einer tödlichen Krankheit befallen wurde. Da rief 
er seine Frau zu sich. 
„Wenn ich tot sein werde“, sagte er zu ihr, „so 
bringe diesen Knaben nicht zum Weinen, denn siehe, 
ich habe grofse Reichtümer.“ 
Der Vater starb. Man lebte wieder lange bei 
sammen, bis auch die Mutter von einer tödlichen Krank 
heit ergriffen wurde. 
„Wenn ich tot sein werde“, sagte sie zur Tochter, 
„so bringe diesen Knaben nicht zum Weinen.“ Darauf 
starb sie. 
Einige Zeit danach machte der Knabe „ihing“ 1G ). 
„Was giebt es, Auta?“ fragte sie ihn. 
„Ich will alle Rinder meines Vaters schlachten“,ant 
wortete er. 
„Was willst du mit ihnen machen?“ 
„Ich will ihr Fleisch den Leuten geben.“ 
„Und wir? Weifst du denn nicht, dafs wir dann 
keine Milch zum Trinken und kein Fleisch zum Essen 
haben werden?“ 
„Und du, weifst du denn nicht, was Mutter und 
Vater sagten, als sie im Sterben lagen? Sie sagten, du 
solltest mich nicht zum Weinen bringen.“ 
„Es ist gut. Schlachte nur.“ 
Er schlachtete nun alle Rinder und verteilte ihr 
Fleisch. Einige Tage später wollte er wieder zu weinen 
anfangen. Auf ihre Frage, was er wünsche, sagte er 
ihr dasselbe inbetreff der Kamele und dann schlachtete 
er alle Kamele seines Vaters. Wieder fing er an zu 
weinen und verbrannte die Geldspeicher 17 ). 
Es dauerte nicht lange und er machte wieder „ihing“. 
„Was giebt es“, fragte sie. 
„Ich will die Getreidespeicher verbrennen.“ 
„Was werden wir dann essen?“ 
14 ) Das ist „die erste“. 
l0 ) Das ist „der letzte“. 
lü ) Nachahmung des Lautes, den Kinder ausstofsen, wenn 
sie zu weinen anfangen wollen. 
17 ) Kaurimuscheln. 
„Weifst du denn nicht, was Mutter und Vater vor 
ihrem Tode sagten ? Sie sagten, du solltest mich nicht 
zum Weinen veranlassen.“ 
„Fs ist gut“, sagte sie. 
Als es Nacht geworden war, öffnete sie einen Speicher, 
nahm ausgedroschenes Getreide weg und verbarg 
es in einem hohlen Affenbrotbaume. Am nächsten 
Morgen verbrannte er das übrige vollständig. 
Wenn er in der nächsten Zeit ausgegangen war, um 
spazieren zu gehen, ging sie, nahm ein wenig Getreide 
und machte daraus das Essen zurecht, das sie ihm vor 
setzte, wenn er nach Hause kam. Das dauerte eine 
Weile, dann fiel es ihm auf und er fragte sie eines 
Tages: 
„Woher erhältst du denn das Getreide?“ sagte er. 
„Ich mahle für die Leute und als Lohn geben sie 
mir eine Handvoll Mehl. Daraus mache ich das Essen.“ 
„Ich habe aber in diesem Hause keine Spur vom 
Mahlen gesehen.“ 
„Wenn du ausgegangen bist, gehe ich zu den anderen 
und mahle dort.“ 
„So ist es“, erwiderte er. 
Als es Nacht geworden war, nahm er Asche und 
band sie in ihr Tuch (Kleid) und machte dann eine 
kleine Öffnung in dasselbe. In derselben Nacht noch 
ging sie aus, um Getreide zu holen, da sie fürchtete, er 
würde am nächsten Morgen nicht ausgehen wollen. 
Während sie ging, rieselte die Asche aus dem Tuche 
heraus bis hin zum hohlen Affenbrotbaume. 
Am nächsten Morgen folgte er der Aschenspur bis 
zum hohlen Affenbrotbaume. Hier sah er das Getreide 
und kehrte zurück zu ihr und wollte anfangen zu 
weinen. 
„Was denn“? fragte sie. 
„Ich will das Getreide im hohlen Affenbrotbaume 
verbrennen.“ 
„Weifst du denn nicht, dafs wir dann sterben müssen?“ 
„Und weifst du denn nicht, dafs Mutter und Vater 
zu dir gesagt haben, du solltest mich nicht zum Weinen 
bringen?“ 
„Es ist gut. Verbrenne es!“ 
So verbrannte er es. Darauf sagte sie, dafs sie nicht 
mehr in dieser Stadt bleiben könnten. Sie brachen auf 
und gingen nach einer anderen Stadt und stiegen in 
einem Hause ab. Die Leute des Hauses waren auf das 
Feld gegangen und Tafari folgte ihnen dahin, um ihnen 
zu helfen, damit sie ihr Lohn gäben. Zu Auta sagte
	        
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