Skip to main content
Page Banner

Full Text: Globus, 72.1897

16 
Einführung der Zucht zahmer Rennthiere unter den Eingeborenen Alaskas. 
stück abgebildet, und Fig. 2 giebt einen schematischen Quer 
schnitt der Schlucht, in welcher hei x ein Molar von H. ante- 
lopinum und mehrere zugeschlagene^ Feuersteine gefunden 
wurden, a stellt die Zone des Pliocän dar, in der Reste von 
Mastodon latidens und Hippopotamus irravadicus Vorkommen, 
b stellt das vorhin besprochene pliocäne, eisenhaltige Kon 
glomerat, und c die zum Miocän gerechnete Yenang young- 
Schicht dar. — An der Fundstelle trat das Konglomerat in 
nord-südlicher Richtung 18 bis 24 m und in entgegengesetzter 
Richtung 6 bis 9 m in einer Dicke von 3,5 bis 4,5 m zu Tage; 
Fig. 2. Durchschnitt durch die Schlucht, in welcher bei x 
der Backenzahn eines Hippotherium antelopinum und zu 
gehauene Feuersteinstücke gefunden wurden. 
a Pliocän mit Mastodon latidens und Hippopotamus irravadicus. — 
b Pliocän, Zone des Hippotherium antelopinum und Acerotherium 
perimense. — c Miocän. 
offenbar war nur ein sehr geringer Teil durch Erosion weg 
gewaschen. Das Konglomerat war weder sehr hart, noch 
sehr weich; es bestand in der Hauptsache aus einer Menge 
unregelmäfsiger Knollen von Eisenhydroxyd, die locker mit 
einander verbunden waren. Zunächst fand Noetling dort 
einen Molar von H. antelopinum, von dem nur die Kaufläche 
und eine Seite sichtbar war. Er hatte Mühe, den Zahn mit 
dem Messer aus dem Konglomerat heraus zu arbeiten. Bei 
dieser Arbeit bemerkte er einige zierlich aussehende Feuer 
steinstücke, die ihm umsomehr auffielen, als Quarzsteine hier 
ganz fehlten. Der abgebildete Feuerstein (Fig. 1 und la) 
war der gröfste und lag unmittelbar neben dem Molar so 
eingebettet, dafs zwei Drittel seiner Länge noch im Kon 
glomerat steckten, während ein Drittel hervorragte. Auch 
die übrigen Stücke, die Noetling fand, steckten noch im Kon 
glomerat, im Gegensatz zu einer zweiten Fundstelle bei 
Minlintoung, wo dieselben bereits aus dem Konglomerat her- 
ausgewittert waren. — Dies gab Herrn Oldham, dem Noetling 
hei einem Besuch die Stelle zeigte, zu der falschen Angabe 
Veranlassung, dafs sich die Geräte nicht nur auf den Stellen 
finden, wo die follitreichen eisenhaltigen Konglomerate liegen, 
sondern sich überall auf der Oberfläche finden, einem Mifs- 
verständnisse, das Noetling hei dieser Gelegenheit aufklärte. 
Etwa eine Viertelmeile nördlich von der Stelle, wo die Feuer 
steine gefunden wurden und etwa 4,5 bis 6 m oberhalb der 
Zone von H. antelopinum fand Noetling in einem dünnen Kon 
glomeratstreifen, der zum Teil in dem darüber liegenden 
Sandstein ein gelagert war, einen grofsen Knochen, dessen 
& * 
Fig. 3. Durchschnitt mit dem angeschliffenen Knochen. 
S Sandstein. — c Konglomerat. b Knochen. 
Gelenkenden in bemerkenswerter Weise abgeschliffen waren. 
Er sah genau so aus, als ob er an beiden Enden mit Gewalt 
auf einem harten Steine abgeschliffen war. An einer Seite 
zeigte der Condylus mehrere Schliffflächen. Sonst war der 
Knochen gut erhalten. Aus der schematischen Fig. 3 sind 
die Lagerungsverhältnisse ersichtlich. S bedeutet Sandstein, 
c Konglomerat und b den Knochen, der mit der Unterseite 
auf dem unterliegenden Sandstein auflag; die punktierten 
Linien in der Figur zeigen die abgeschliffenen Stellen an. 
Diese Schliffflächen können nun nur auf zweifache Weise 
entstanden sein, einmal durch Gletscherthätigkeit oder durch 
Zuthun des Menschen. Da aber die erstere Annahme zu un 
wahrscheinlich ist, bleibt nur die zweite übrig. — Es unter 
stützt dieser Fund in günstiger Weise die Annahme, dafs 
auch die Feuersteine vom Menschen bearbeitet sind, weil 
ihre Form sich sonst sehr schwer erklären liefse. 
Einführung der Zucht zahmer Renntiere unter den 
Eingeborenen Alaskas. 
Da seit der Einführung der Feuerwaffen die einst zahl 
reichen Herden wilder Renntiere (Caribous) in Alaska fast 
ausgerottet sind, die Eskimos Alaskas aber die Zucht zahmer 
Renntiere nicht kennen, und Walfische und Walrosse, die 
ihnen früher einen grofsen Teil ihrer Nahrung lieferten, von 
den Walfängern von den Küsten verdrängt sind, so gehen 
die Eskimos Alaskas mit Sicherheit ihrem Untergange ent 
gegen. 
Um dieses zu verhindern, hat man auf Anregung des 
Generalagenten für das Erziehungswesen in Alaska, Herrn 
Sheldon Jackson, und zwar zuerst aus Privatmitteln, den 
Versuch gemacht, zahme Renntiere von Sibirien nach Alaska 
einzuführen und die Eskimos Alaskas mit der Zucht der 
Tiere vertraut zu machen. 
Trotz anfänglich grofser Schwierigkeiten — nicht zum 
mindesten dadurch verursacht, die Tiere von den sibirischen 
Eskimos zu kaufen — wurden im Jahre 1891 zunächst ver 
suchsweise 16 Renntiere zum Preise von lO 1 /^ Dollar pro 
Stück erworben und nach einer dreiwöchentlichen Reise von 
über 1000 Seemeilen in bestem Zustande auf der Amaknak- 
insel im Hafen von Unalaska gelandet. Dieselben über 
winterten erst vorzüglich und vermehrten sich um zwei 
Stück. Im Jahre 1892 wurden bereits 175 Renntiere zu 
5 Dollar das Stück angekauft und bei Port Clarence, dem 
nächsten guten Hafen an der Küste von Alaska, die erste 
Renntierzuchtstation eingerichtet. Vorher war das Vorkommen 
von Renntiermoos in hinreichender Menge in der Umgehung 
von Port Clarence festgestellt worden. Es wurde ein wohl 
eingerichtetes Haus für die beiden amerikanischen Leiter und 
gute Hütten für die vier sibirischen Eskimos (Tschuktschen) 
erbaut, die man als erfahrene Hirten für die Herde ange 
worben hatte. Diesen wurden einige junge Alaska-Eskimos 
beigegeben, damit sie die Behandlung und Zucht der Renn 
tiere erlernen sollten. Jeder von ihnen soll, wenn er die 
nötigen Kenntnisse darin erlangt hat, einige Renntiere zur 
Zucht erhalten, und so hofft man allmählich die Zucht der 
Renntiere zu einem Allgemeingut der Eskimos von Alaska 
zu machen und sie so vor dem Untergang zu bewahren. 
Jackson berechnet, dafs das arktische und subarktische Alaska, 
das so grofs ist wie England, Schottland, Frankreich und 
Deutschland zusammen, gut 100 000 Eskimos ernähren könnte, 
wenn erst das zahme Renntier überall verbreitet wäre, 
während jetzt kaum 20 000 ein kärgliches Leben führen. — 
Die Angelegenheit ist also in der That von grofser Wichtig 
keit für jene Gegenden, die ihres rauhen Klimas wegen für 
die Ansiedelung von Weifsen wenig verlockend sind. Durch 
den Übergang von einem Jägervolk zu einem Hirtenvolk 
würden die Eskimos von Alaska auch der Civilisation um 
einen Schritt näher gebracht werden. — Die Transportfrage 
würde in jenen Gebieten der Lösung zugeführt, denn der 
Transport mit Hundeschlitten hat, da für die Hunde auch 
immer Futter mitgeführt werden mufs, sehr grofse Nachteile. 
Also auch die weifsen Händler und vor allem die Missionare 
würden grofsen Vorteil daraus ziehen, wenn der Verkehr 
durch Renntierschlitten bewerkstelligt werden könnte; ein 
Renntier legt mit Leichtigkeit 100 engl. Meilen am Tag 
zurück und als Lasttier trägt es mindestens drei Centner. 
Aufserdem würde auch der Handel mit geräuchertem Renn 
tierfleisch und Renntierzungen, sowie gegerbten und unge- 
gerhten Häuten eine Quelle der Einnahme für die Eskimos 
werden. — Einen kleinen Versuch mit der Zucht asiatischer 
Renntiere hat die Alaska Commercial Company bereits im 
Jahre 1890 gemacht. Sie führte 14 Paar Renntiere von 
der Halbinsel Kamtschatka nach der Beringsinsel über, wo 
die Heerde sich in den nächsten zehn Jahren auf 180 Stück 
vermehrt hatte. 
Die sibirischen Eskimohirten bewährten sich auf der 
„Teller Reindeer Training School“ schlecht und mufsten des 
halb entlassen werden. An ihrer Stelle gelang es nach vielen 
Schwierigkeiten und mit grofsen Kosten sechs Renntierlappen 
aus Kautokeino in Finmarken anzuwerben, die mit vier Frauen 
und vier Kindern am 10. April 1894 die Heimat verliefsen 
und am 29. Juli glücklich in Port Clarence anlangten. Fünf 
zehn Gehülfen von den Eingeborenen Alaskas wurden ihnen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.