308
Aus allen Erdteilen
von diesen ein Ort erobert ist, dort einen Laden und eine
Sodawasserfabrik errichten. Was die zu Markte gebrachten
Waren betrifft, so stehen Manchesterstoffe in guter Nach
frage, daneben deutsche Eisen- und Messerschmiede waren,
ferner Matten, Schuhe, Irdenwaren, Leder von einheimischer
Arbeit. Für die Weiber findet man bunte Tücher, Pantoffeln,
Riechfläschchen (aus Frankreich), Räucherwerk, Süfsigkeiten
und Bernsteinperlen. Aus dem Lande kommen Körnerfrüchte,
Pfeffer, Gewürze, Zucker, schwarzes Salz aus den Salzlagern
der Wüste und Flaschen voll 'Sembutter. Der Marktfrieden
wird völlig aufrecht erhalten unter dieser bunten, aus allen
Ecken zusammengeströmten Menschenmasse , unter der man
nicht wenig ehemalige mahdistische Krieger an deren Uniform
erkennt. Unter den Wüstenstämmen sind die Kababisch,
Hassanie und Dschaalin am stärksten vertreten, die alle mit
Schild, Lanze und Schwert bewaffnet erscheinen.
— Dr. Piassetski, der in den Jahren 1874/75 als Arzt
eine Mission nach China begleitete und seine „Reise“ (St. Peters
burg 1880, mit Karte und zahlreichen Illustrationen) heraus
gegeben hatte, stellte aus seinen, auf dem Wege aufgenom
menen Landschafts- und Städtebildern ein Panorama zu
sammen, das ihm in St. Petersburg Anerkennung seitens des
gebildeten Publikums Avie auch der Kaiserlichen Akademie
der Kunst verschaffte. Kürzlich langte nun (wie die Peters
burger Zeitungen berichten) Dr. Piassetski in Krasnojarsk
an, auf dem Wege durch Sibirien, das er in einem speciell
als Künstlerwerkstatt für ihn von der Verwaltung der im
Bau begriffenen sibirischen Eisenbahn hergestellten Waggon
bereist, um ein Band-Panorama dieser neuen Weltstrafse
aufzunehmen. N. v. Seidlitz.
— C. Ochsenius berichtet über die Bildung der
Kohlenflötze (Verhandl. der Ges. deutsch. Naturf. 1896).
Neuere Beobachtungen drängen fast allen Geologen neuerer
Zeit die Überzeugung auf, dafs unsere meisten Kohlen
schichten mit ihren Begleitern aus Wasser, und zwar aus
Süfswasser, das sie zusammenschwemmte, abgesetzt, also
allochthon, d. h. wo anders als von ihrem Fundort her
stammend, sein müfsten. Eine bedeutende Stütze erhielt
diese Ansicht durch die Beobachtung, dafs in unseren Braun
kohlen stellenweise sich zarte Teile von subtropischen
Pflanzen, untermischt mit Hölzern aus kälteren Regionen,
vorfinden, so dafs man annehmen müsse, jene seien in
warmen Niederungen gewachsen und ohne langen Wasserweg
in den Kohlensee geraten und eingebettet worden zwischen
die Aste und Stämme, die von Rinnsalen auf hohen Gebirgen
angeschwommen kamen. Dagegen wurde für Autochthonie
plädiert mit Bezugnahme auf unsere Torfmoore, aus denen
unter Umständen Kohlenschichten hervorgehen könnten.
Verf. beseitigte den Einwand durch seine Beobachtung von
kleinen Kohlenflötzchen in der Lahn und giebt nun eine
Erweiterung der Erklärung unserer Kohlenbecken, angewandt
auf ein Paradigma, für welches er das Frische Haff wählt.
Die erste Phase der Kohlenbildung wird durch eine hoch
gradige Versandung der Pillauer Tiefe von der Seeseite her
eingeleitet, die zweite tritt bei mittlerem Wasserstande ein,
wo neben dem Spülgut alles Sperrgut übergellt, das die
Weichsel in die Nogat abstöfst, nämlich starkes Holzwerk,
wie Stämme, Äste, Wurzelstümpfe u. s. w. Diese sinken
unter und bilden reine Kohle, ln der dritten Phase wirft
eine Hochflut die sich gebildet habende ganze Barrikade in
den Kohlensee, Sand geht über und wird zu Sandstein,
Gerolle formieren Konglomerate als Deckschicht des Kohlen-
flötzes, die Kohlenbildung hört auf, höchstens werden einige
isolierte Stämme im Rollgut vex’graben und vielleicht beim
Nachschieben der Massen in schiefe Lagen gebracht. Reichen
die Kiesschübe nicht bis ans Ende, so kann es Vorkommen,
dafs ein Kohlenflötz durch eine Sandsteinschicht nur nahe
der Einflufsstelle geteilt erscheint; man kennt sogar deren
fingerförmige. Die Anzahl der übereinander gelagerten
Flötze, bezw. die Mächtigkeit derselben hängt nur von der
Beckentiefe, bezw. der Dauer der geschilderten Verhältnisse
ab. Im einzelnen — auf vieles kann hier nicht eingegangen
werden — sei mitgeteilt, dafs die rheinisch - westfälischen
Kohlen die Vorgänger des Rheins mit ihren Nebenflüssen
gemacht haben ; der Rhein selbst hat in paläozoischer Zeit
250 m über seinem jetzigen Niveau den rechts- und links
rheinischen Taunus überflutet.
— E. Stöber, geb. 25. August alten Stils 1862 in Tiflis,
1888/89 in Dorpat Student, dann Magister der Pharmacie,
zuletzt als Apotheker in Wladikawkas ansässig, besuchte
häufig das nahe Hochgebirge des Kaukasus. Wie es von ihm
Prof. Heim aus Zürich gelegentlich der Exkursion des Geologen-
kongresses auf dem Dewdorakgletscher am Kasbek bemerkte,
zeichnete er sich durch viel Gewandtheit, Kraft und Mut aus,
erwies aber keinerlei Schule im Alpensteigen. Letzterer Mangel
sollte dem unverdrossenen Reisenden bei der Exkursion auf
den Grofsen Ararat zum Verderben gereichen. In Gesellschaft
der Herren Oswald (Schweiz), Ebeling (Berlin), Prof. Schmidt
(Basel), Riva (Mailand), Read (Amerika), Rust (Schweiz) und
Abeliang (Tiflis) war Stöber am 17. (29.) September in Sar-
darbulag im Gebirgssattel zwischen dem Grofsen und Kleinen
Ararat angelangt, von wo seine Gefährten noch am selben
Abend, in zwei Gruppen zu vier Mann geteilt, eine derselben
von Kosaken und einem Eingeborenen begleitet, fast bis an
die Schneegrenze zum Nachtlager vorstiefsen. Ohne eigent
liche Leitung, ohne Seil, wie es scheint, selbst ohne Alpen
stock und Bergschuhe, drang die kleine Schar von Gelehrten
am 18. (30.) September weiter gegen die Spitze des Grofsen
Ararat vor, wobei der allein vorausgegangene Stöber noch
um 4 Uhr nachmittags von der zweiten Geologengruppe ge
sehen ward. Als dann am Abend des 18. (30.) und Morgen
des 19. September (1. Oktober) die Mitglieder der Expedition
sich zu sammeln begannen (so berichtet der „Kawkas“ vom
28. September [10. Oktober] über diese mehr verwegene als
geordnete Expedition auf den winterlich verschneiten Hoch-
gebirgsgipfel), vermifste man Stöber, der von Kosaken mit
gebrochenem Beine, wahrscheinlich beim Absturze, von
Gehirnerschütterung oder Herzzerreifsen bewufstlos, ohne
Leiden verschieden, endlich aufgefunden ward. Aufser zahl
reichen Freunden betrauern Frau und zwei Kinder den sym
pathischen strebsamen Mann. N. v. Seidlitz.
— Nachdem auch in der Schweiz die relativen Schwere
bestimmungen mit dem Sterneck sehen Pendel-
apparat immer mehr Ausdehnung erlangt haben, hat sich
die schweizerische geodätische Kommission entschlossen, in
Band 7 ihrer Veröffentlichungen über die Resultate derselben
zu berichten. Der Bericht ist von Dr. Messerschmitt verfafst,
der auch fast ganz allein in tadelloser Weise die sämtlichen
Beobachtungen unter den zum Teil schwierigsten Umständen
ausführte — eine Station war z. B. das Torrenthoxm — und
wird in seinen Endex-gebnissen gewifs nicht nur dexx Geodäten,
sondern auch den Geologen und Geophysiker interessieren.
Es mag deshalb hier auch nur voxx dem für die letzteren
Wichtigen hervorgehoben werden, dafs die Verteilung der
70 Stationen xioch nicht gleichmäfsig genug ist, um eine
Karte der Verteilung der Abweichungen der Schwex'kx-aft zu
konstruieren und dieselben deshalb nur auf einer beigegebenen
Tafel für die zwei Linienzüge Schaff hausen — Zürich — Gott
hard—Bellinzona — Luganersee, sowie Basel — Bodensee gra
phisch dargestellt wux-den. Die nach der auch von Sterneck
benutzten Reduktionsmethode erhaltenen Endwerte sind fast
alle negativ ausgefallen und deuten demnach übex-all auf
einen Massendefekt. Er ist in der Nähe von Basel am
kleinsten uxxd steigt im westlichen schweizer Mittellande,
dem gegenüber der westliche Jux’a nur einen geringen Unter
schied zeigt, auf etwa 400 m, im östlichen Teile der schweizer
Hochebene auf 700 bis 800 m. In den Alpen schwillt dieser
Wert bis 1600m an, das Maximum liegt jedoch nicht unter
dem höchsten Punkte, sondern etwas nach Norden vex’schoben.
Gm.
— Prof. Dr. Julius Schmidt, Direktor des Museums
der Provinz Sachsen zu Halle, stax’b daselbst am 14. Ok
tober 1897. Der verdienstvolle, weitgereiste und sehr viel
seitige Gelelxx’te war am 9. August 1823 zu Sangerhausen
geboren, bildete sich zuerst als Bautechniker aus und be
suchte das Polytechnikum in Dresden. Schmidt ging dann zum
Berg- und Hüttenfach über und kam auf Kreuz- und Quer
zügen durch Nox’d - und Mittelamerika, wo er für den be
kannten nox-damerikanischen Archäologen Squier sammelte.
Er war dann sechs Jahre in Chile und den Anden, stets
eifrig mit den Altertümern und dem Studium der Ketschua-
Indianer beschäftigt. Über Ai'gentinien und Bi’asilien kehrte
er heim und liefs sich 1864 in Dresden nieder, dann besuchte
er 1873 dexx europäischen Orient und lebte, mit archäo-
logischexx Studien beschäftigt, drei Jahre in Weimar. Es
folgte seine Untersuchung der Bau- und Kunstdenkmäler des
südlichen Teiles der Px’ovinz Sachsen und 1890 seine Er
nennung zum Direktor des Provinzialmuseums in Halle, wo
er namentlich der voi’geschichtlichen Abteilung eifrige Pflege
angedeihen liefs. Aufser zahlreichen Einzel ai-beiten, die in
Zeitschriften zerstreut sind, schrieb er 1869 „Geschichte der
Serpentinindustrie zu Zöblitz in Sachsen“ - !" Zu den Abbil
dungen von Heinrich Meye aus Copan und Qairigua (Berlin,
A. Asher u. Co., 1883) schrieb Schmidt den Text.
Verantwortl. Redakteur: Dr. R. Andree, Braunschweig, Fallersleberthor-Promenade 13. — Druck: Friedr. Vie weg u. Sohn, Braunschweig.