Dr. F. Carlsen: Benin in Guinea und seine rätselhaften Bronzen
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neur von Lagos, Carter, entdeckte in demselben ein
Gebirge mit 2500 m hoben Gipfeln 1 ) und Kapitän
Gailwey gelangte endlich in die Stadt Benin und zu
deren König
(1893). Seine
Berichte sind
um so wert
voller , als sie
uns diesen blu
tigen Herrscher
noch ungebro
chen in seiner
ganzen Barba
reizeigen. Gall-
wey gelangte
über Gwato
nach Benin; es
war dieses
damals der ein
zige Weg, über
den Fremde Zu
tritt zur Stadt
erhielten. Zwei
Tage lang war
der mifstraui-
sche König
aufserhalb der
Stadt, bis seine mächtigen Fetischpriester ihm verkün
digten, die Anwesenheit weifser Männer sei ohne Gefahr
für ihn. Nun erst fand die Audienz statt, bei welcher es
sich um den Abschlufs eines Vertrages handelte. Den
König selbst bekam Gallwey dabei nicht zu Gesicht, so sehr
war derselbe in Gewänder und Schmuck eingehüllt; nur die
*) Proceedings 1892, p. 321, 457.
Nase und die Fingerspitzen waren zu erkennen und da
auf diese sich die zahlreichen Fliegen setzten, so war
ein Sklave fortwährend damit beschäftigt, diese fortzu
wedeln. Der König verlangte alsdann, dafs der Weifse
einem Menschenopfer beiwohnen solle, was dieser natürlich
ablehnte. Überall aber fanden die Engländer bei ihren
Spaziergängen in und vor der Stadt menschliche Leichen,
Schädelstücke und namentlich viele Gekreuzigte, die
an besonderen Gerüsten hingen. Es gelang Gallwey eine
Photographie von einem solchen Kreuzbaum aufzu-
J nehmen, an welchem ein weiblicher Leichnam hing, ein
Opfer der Fetischpriester für die Regengöttin (Fig. 1 ).
„Benin, schrieb auch einer der englischen Kriegskorre
spondenten, welche den Zug gegen die Stadt mitmachten,
ist in der That eine Blutstadt, jeder Häuserblock hat
seine tiefe Grube voller Leichen und Sterbender; überall
fand man die Menschenopfer umherliegen und überall
begegnete man den roten Blutspuren ; an einer Strafse
allein zählte ich mehr als 60 geopferte Menschen. Die
Stadt besteht aus einer Anzahl sehr geräumiger Gehöfte
blöcke von länglicher Form (Fig. 2), die, von Mauern
aus einem rötlichen Erdschlamm erbaut, 9 Zoll dick
und sehr fest sind. An der Spitze dieser Blöcke lag
gewöhnlich ein bedeckter erhöhter Raum. Hier wurden
die scheufslichen Fetischceremonieen abgehalten, denn
an die Mauer gelehnt, standen die grotesk aussehenden
Fetischfiguren aus geschnitztem Elfenbein oder Bronze.
Im Mittelpunkte des überdeckten Raumes war eine Öff
nung, aus welcher Blut herausströmte. Man darf bei
der Beschreibung der Stadt die hohen Kreuzigungs
bäume nicht vergessen, die an der Strafse und den
Mauern der Gehöfteblöcke sich erheben und an denen
noch Gekreuzigte hingen. Mitten in der Stadt fanden
wir tiefe Gruben voll hingeschlachteter Körper und aus
einer tönte noch ein Stöhnen hervor. Wir zogen die
aus Benin.
Fig. 6. Europäischer Krieger des 16. Jahrhunderts.
Bronzeplatte aus Benin.
Fig. 7. Bronzeplatte aus Benin mit Darstellung eines
Europäers.
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