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Volltext: Globus, 72.1897

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Aus allen Erdteilen. 
sahen ihu angstvoll an. Gleich darauf kam ein Medizinmann 
und forderte ihn in zornigem Ton auf, ihm zu folgen. Als 
er später nach der Ursache fragte, bekam er den Bescheid, 
dafs jener Stein nicht ein Stein wäre , sondern der Gott des 
Platzes, und nun schwebten sie in Furcht vor des Gottes 
Zorn und Bachgier. Für die Indianer ist nichts tot, alles 
lebt, entweder sind es Götter oder Indianer. Tiere sind z. B. 
nicht Tiere, sie sehen nur so aus, sondern sie sind Indianer, 
gerade wie die übrigen. 
Die Koraindianer gingen in ihrer Freundschaft so weit, 
dafs sie ihn gegen fanatische Mexikaner schützten und jede 
Nacht vier Leute hei ihm Wache halten liefsen. — Besonders 
lag es Lumholtz am Herzen, Menschenschädel zu sammeln; 
aber sobald er diesen Wunsch laut werden liefs, wollten sie 
ihn töten, denn die Schädel gelten als heilig. Aber eines 
Tages berichtete ein Medizinmann, er habe in der Nacht von 
demWeifsen geträumt; er komme weit her, stehe unter dem 
Schutze der Götter, und man dürfe ihm nichts abschlagen. 
So erhielt er denn die Erlaubnis, Totenschädel zu sammeln; 
ja es gingen sogar Indianer mit ihm und zeigten ihm Löcher, 
wo solche lagen. Diese Erlaubnis währte acht Tage. Da 
bekam der Medizinmann einen neuen Traum, der die Zurück 
nahme jenes Zugeständnisses forderte. Nun mufste er auf 
eigene Hand suchen, und die Sammlung, die er heimgeschickt 
hat, bezeichnet er als ungewöhnlich wertvoll. B. P. 
— Kapitän Sverdrup, der Führer von Nansens Schiff 
„Fram“, hat es aufgegeben, im laufenden Sommer den un 
erforschten Meeresraum zwischen Spitzbergen und Franz- 
Josefsland zu befahren. Dagegen wird er den Smithsund 
aufwärts gehen und an der grönländischen Nordwestküste 
Vordringen, von wo aus er im kommenden Winter Schlitten 
reisen unternehmen will, welche vorzugsweise nördlich von 
Nordamerika sich ausdehnen sollen. Der Smithsund ist die 
bekannte Strafse, in der schon viele Nordpolfahrer wie in 
einer Sackgasse sich verrannt haben; indessen ist Sverdrups 
Plan von den Professoren Mohn und Nansen gebilligt worden. 
Zur Ausführung sind 20 000 Kronen aus norwegischen Staats 
mitteln bewilligt; der nötige Best wurde auf dem Wege der 
Sammlungen aufgebracht. 
— Der niederländische Anthropolog Dr. Hermann ten 
Kate, bisher Abteilungsvorstand im Museum zu La Plata, 
hat im November 1896 eine Bereisung Paraguays unter 
nommen, wobei er vom Grafen Cli. de la Hitte begleitet 
wurde. Der Besuch galt zunächst den wenig bekannten 
Guayaqui, einem wilden Stamme im südlichen Para 
guay. Bei einer Hitze bis zu 40° G. und über geschwollene 
Ströme setzend, erreichten sie unter grofsen Mühen das Land 
dieser Indianer, welches sich zwischen Pirapó- und Villa 
Encarnación ausdehnt. Sie waren äufserst scheu und nur 
drei junge Gefangene des Stammes kamen ihnen zu Gesicht; 
doch gelang es ihnen, ein vollständiges Gerippe und eine 
reiche Sammlung ethnographischer Gegenstände zu erhalten. 
Die Guayaquis sind klein, von gedrungener Gestalt, subbrachy- 
cephal und gehen fast ganz unbekleidet. Eigentümlich sind 
ihre hohen, spitz zulaufenden Mützen von Jaguarfell oder 
Tapirhaut, die sie mit den Brustfedern des Tukan und Affen 
schwänzen schmücken. Das Eisen kennen sie noch nicht; 
dagegen benutzen sie schwere Steinbeile, Lanzen, Pfeil und 
Bogen. Sie verfertigen Körbe und rohe Irdenware. Graf de 
la Hitte war der erste, welcher diese Guayaquis schilderte. 
Sein Bericht steht im Globus, Band 67, S. 248 (bearbeitet 
von Karl v. d. Steinen). 
„Paraguay“, schreibt Dr. ten Kate an die Geographische 
Gesellschaft in Amsterdam (Zeitschrift derselben, 31. Mai 1897), 
„machte auf mich im ganzen einen ungünstigen Eindruck, 
abgesehen von den Naturschönheiten einzelner Gegenden, 
namentlich an den Ufern des Meeres von Ipacaray. Paraguay 
ist das rückständigste Land und die primitivste der sieben 
spanisch-amerikanischen Bepubliken, die ich besucht habe. 
In Paraguay ist allgemeiner Mangel an Verkehrswegen, Brücken, 
Postverbindungen, Arbeitskräften, Kapital und kundigen 
Menschen, um die Erzeugnisse und natürlichen Hülfsquellen 
des Landes zu entwickeln. Alle europäischen und australischen 
Kolonialunternehmungen sind mifsglückt. Die inländische 
Bevölkerung, bestehend aus indianischen Volksstämmen, 
Kreolen und Mestizen verschiedener Abkunft (Spanier, Portu 
giesen, Guarani, Neger), macht den Eindruck einer degene 
rierten Basse. Die Männer sind kraftlos, schlecht ernährt 
und blutleer. Der jahrelange, 1870 beendigte Krieg der drei 
Verbündeten gegen Paraguay, welcher das Land halb ent 
völkerte und seiner besten Kräfte beraubte, trägt daran 
ein grofses Teil schuld. Es ist seitdem ein ganz apathischer 
Zustand eingetreten. Dazu nehme man die endemische 
Syphilis, den Mifsbrauch von Alkohol (cana) und Tabak — 
den alle Frauen und selbst kleine Kinder rauchen — und man 
kann sich den herabgekommenen Zustand der heutigen Pai - a- 
guayer erklären. Gute, zuvei’lässige Karten des Landes giebt 
es nicht, die von Bourgade la Dardye läfst sehr zu wünschen 
übrig, ebenso wie das wenig zuveidässige Buch desselben.“ 
— Dr. Eduard Sei er nebst Gemahlin ist Ende Mai von 
seiner grofsen Beise durch Mexiko und Centralamerika zurück - 
gekehrt. Er hat, wie er uns schreibt, ein grofses Stück Land 
und die hervorragendsten Städte gesehen und eine bedeutende 
Sammlung ethnographischer und archäologischer Gegenstände 
mitgebracht. „Aber das, was ich mir als glorreichen Ab- 
schlufs der Beise dachte, habe ich doch nicht erreichen 
können. Wir konnten nicht nach Yukatan kommen, weil 
ich im Januar mitten im Lande vom Fieber gepackt, Zeit 
und Dampferanschlufs verloren hatte und überhaupt längere 
Zeit zu jeder ernstlicheren Unternehmung unfähig war. Ich 
bin jedenfalls froh, dafs ich seit meinem letzten Eitt vor zwei 
Monaten von Colima nach Quadalajara vom Fieber verschont 
geblieben hin. An Stoff zur Arbeit wird es ja auch ohne 
Yukatan in den nächsten Jahren nicht fehlen.“ 
— Nachdem die zuständigen gesetzlichen Behörden ihre 
Einwilligung jetzt gegeben haben, wird am 1. Januar 1898 
die Verschmelzung der Städte New-Yoi'k, Brooklyn, Bichmond, 
Flushing, Jamaica, Long-Island City, Newton, East- und 
West-Chester u. s. w. zu Grofs-New-York stattfinden. 
Diese Grofsstadt wird dann in fünf Bezirke: Manhattan, 
Bronx, Queens, Brooklyn und Bichmond zerlegt. An der 
Spitze steht ein auf vier Jahre gewählter Bürgermeister. Die 
neue Grofsstadt wird am 1. Januar 1898 voraussichtlich 
3100 000 Einwohner zählen. 
— Expedition zum Mt. St. Elias. Der nordamerika 
nische Bergriese an der Grenze von Alaska und Britisch- 
Nordamerika ist trotz wiederholter Forschungen noch sehr 
oberflächlich bekannt und bezüglich seiner Höhe herrschen 
widersprechende Angaben. Es ist jetzt von Philadelphia aus 
(wie Science vom 28. Mai meldet) eine genaue Aufnahme 
des Mt. Elias und eine Besteigung desselben durch die Herren 
H. Bryant, S. J. Entrikin und E. B. Latham unter 
nommen worden, welche über Seattle sich nach Alaska be 
geben haben. Von der Yakutatbai aus soll der Malaspina 
gletscher nach den Samovarbergen gekreuzt werden, dann 
Ersteigung des Agassiz- und des Newtongletschers bis zur 
Scheide zwischen Mt. Newton und Mt. St. Elias. In einer 
Höhe von etwa 4000 m will man ein Lager errichten, von 
dem aus der letztere Berg erstiegen werden soll. An die 
Ersteigung soll sich die Erforschung des noch völlig unbe 
kannten Gebietes im Westen des Mt. St. Elias bis zum Kupfer 
flusse anschliefsen, dessen Lauf folgend man die Küste wieder 
gewinnen will. 
— B. Scholer benutzt seine pflanzlichen Befunde in der 
Elster und Luppe zur Deutung der verschiedenen Verun 
reinigungsgrade des Wassers(Zeitschr.f.Fischerei 1896). 
In den am stärksten verunreinigten Flufsteilen trifft man 
gar keine höheren Phanerogamen, dafür in üppigster Ent 
wickelung die Beggiatoavegetation. Durch den Lebensprozefs 
dieser und anderer Wasserbakterien wird der Sauerstoff des 
Wassers fast gänzlich verbraucht und ist nicht mehr in ge 
nügender Menge zur Unterhaltung höheren tierischen Lebens 
vorhanden. In die erste und Hauptzone der Verunreinigung 
reichen nun die Uferpflanzen, bisweilen sogar bestandbildend, 
wie Potamogetón- und Ceratophyllum- und Lemna-Arten. 
Namentlich wo Potam. pectinatus in zerstreuten, üppigen, 
schleimfreien Basen sich einstellt, kann man von dem ersten 
Sichtbarwerden des Beinigungsprozesses sprechen. Nuphar 
luteum scheint einen noch höheren Grad von Beinheit 
anzuzeigen, und den Abschlufs des gesamten Prozesses 
der Zusammenschlufs der Wasserpflanzen zu Beständen. An 
dem Beinigungsprozefs können durch Sauerstoffproduktion 
natürlich nur diejenigen Wassergewächse teilnehmen, welche 
gegen die, durch die organischen faulenden Massen geschaf 
fenen ungünstigen Existenzbedingungen am wenigsten empfind 
lich sind. Die speciellen Listen haben namentlich für den 
Botaniker Wert, da sie vom Laienpublikum wegen der sich 
vielfach ablösenden Species schwerer verständlich sind. 
E. B. 
Verantwortl. Redakteur: Dr. R. Andree, Braunschweig, Fallersleberthor-Promenade 13. — Druck: Friedr. Vieweg u. Sohn, Braunschweig.
	        
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