328
E. Deschampe Reise auf Cyperu.
logischen Gegenstände vorgeführt. Von den Karaiben
Livingstons z. B. war zwar die Serpiente (rugüma) da,
welche zum Auspressen der gemahlenen Kassave dient,
nicht aber ihr Reibapparat, die Spatel und andere Dinge.
Yon San Salvador waren zwar kleine Trachtenfiguren
ohne Herkunftsangabe ausgestellt, ich glaube aber, dafs
es blofse Phantasiegebilde waren, da ich in der ge
nannten Republik, die ich doch so ziemlich nach allen
Richtungen hin durchstreift habe, nirgends irgendwelche
ähnliche Trachten beobachtet habe.
Im grofsen ganzen darf man sagen, dafs die mittel
amerikanische Ausstellung ein recht übersichtliches Bild
von der Produktion, von der Tierwelt und dem Holz
reichtum der einzelnen Länder, sowie von der Höhe
ihrer Kultur gegeben hat; in Bezug auf die geistige
Kultur ist freilich hervorzuheben, dafs gar vieles von
dem vorhandenen Guten auf die Rechnung der in Mittel
amerika wohnenden Ausländer zu setzen ist, was be
sonders auffällig in Costarica hervortritt. Manche
wertvolle geographische Arbeiten sind dem Beschauer
vorgeführt worden und es wurde ein lehrreicher Einblick
in die Archäologie von Guatemala und San Salvador,
sowie in die Ethnologie Guatemalas gewährt, so dafs
auch der Geograph, Archäologe oder Ethnograph
manchen Nutzen und Anregung aus der Schaustellung
ziehen konnte, und in diesem Sinne mufs man zugestehen,
dafs die Ausstellung, die unter Überwindung zahlloser
Schwierigkeiten zustande kam und mit äufserst ungün
stigen Umständen zu ringen hatte, wirklich eine recht
anerkennenswerte Leistung war, wenn sie auch trotz
der wirklich hübschen äufseren und inneren Ausstattung
nicht dem Ideal entsprochen haben mag, das ihr Ver
anstalter, der gegenwärtige Präsident von Guatemala,
General Don José Maria Reina Barrios, sich von ihr und
ihrem Nutzen für das ganze Land vorgestellt haben
dürfte.
E. Desdi amps Reise auf Cypern.
i.
Durchliest man die neueren Werke von Forschern
über Reisen und Studien an Stätten, die eine grofse,
ruhmreiche Vergangenheit gehabt, so wird man unwill
kürlich an das ewig wahre Wort unseres Schiller er
innert, wenn er dem alten Attinghausen in seinem
„Teil“ die Worte in den Mund
legt:
„Das Alte stürzt; es ändert
sich die Zeit,
Und neues Leben blüht aus
den Ruinen.“
Leider ist dieses „neue“ Leben
aber oft nicht im Entferntesten
mit dem „alten“ zu verglei
chen und an der Stelle präch
tiger Tempel und Profan
bauten stehen heute nur
einige elende Lehm- oder
Strohhütten. Eine solche Stätte
des Erdballes, auf welche das
Gesagte Anwendung findet,
ist auch die Insel Cypern.
Vor wenigen Jahren hat ein
deutscher Forscher, Ohne-
falseh Richter, unsere Lit-
teratur mit einem Prachtwerk
bereichert, welches uns die
Ergebnisse langjähriger For
schungsarbeit dortselbst näher
brachte und auch an dieser
Stelle gebührend gewürdigt
wurde ü Infolge seines hohen
Preises dürfte das Werk aber nur in die Hände Weniger
gekommen sein; um so willkommener dürfte deshalb
unseren Lesern die nachfolgende Schilderung sein, welche
wir einem kürzlich in „Tour du Monde“ 1897, Lfg. 14
bis 16, erschienenen Reisebericht des französischen For
schers E. Deschamps auszugsweise entnahmen und
welche hauptsächlich das heutige Cypern schildert.
1 ) Ohnefalsch Richter, Kypros, die Bibel und Homer.
Berlin 1893. (Yergl. die Besprechung im „Globus“, Bd. 64,
S. 381.)
Anfang Dezember 1892 landete Deschamps in Lar-
naka an der Südostküste der Insel. Der erste Anblick
der Stadt ist der der Dürftigkeit: magerer Pflanzen
wuchs, im Hintergründe einige schlanke Palmen, in der
Ferne sanft ansteigende Hügel bilden die Staffage zu
einer langen Reihe ein- bis
zweistöckiger Häuser; etwa
200 m vom Landungsplätze
entfernt liegt ein altes, 1625
von den Türken gegründetes
Fort, welches zur Zeit als Ge
fängnis dient. Die Strafsen
sind meist eng und schmutzig,
schlecht oder gar nicht ge
pflastert und dienen zahl
reichen Hunden als Tummel
platz. Die Häuser, meistens
aus gestampfter Erde erbaut,
sind mit einem Dach aus
dichten Gipsplatten gedeckt.
Die Stadt ist in zwei wohl
unterschiedene Teile geteilt:
in das Strandviertel oder
„Skala“ und in die obere Stadt,
das eigentliche Larnaka, von
der „Skala“ ein wenig über
1 km entfernt. Die Bevölke
rung besteht hauptsächlich
aus Griechen und Türken,
welche in getrennten Stadt
vierteln wohnen; im Anfang
unseres Jahrhunderts soll Lar
naka viel bevölkerter gewesen
sein als heute, wo es nach der Zählung von 1891 nur
7600 Einwohner hat.
Etwa 100 m von der Stadt, beim Herauskommen
aus der Strafse, welche das türkische von dem griechi
schen Viertel trennt, bemerkt man ein eigentümliches
megalithisches Denkmal, welches im Lande den Namen
„Haghia Phaneromeni“ oder „Heilige Erscheinung“ führt.
Der Ort dient als Betstelle und verdient eine eingehen
dere Beschreibung. Der Monolith selbst ist ein grofser
Kalkblock von 8,05 m Länge, 4,50 m Breite und 3,50 m
Höhe an der höchsten Stelle. Im Innern sind zwei